Donnerstag, 15.08.2024: Die Tugend Gerechtigkeit

Es geht um die Wurst: Der letzte Roster liegt auf dem Grill. Fünf Männer mit Bierflaschen stehen drumherum. Appetit haben alle noch. Wer bekommt die Bratwurst? Einfach, weil einer behauptet, er hätte sie verdient? Bei der Frage grinst Ralf verlegen. Keiner von ihnen kann glaubhafter sagen, dass er es nötig hat. Bekommt sie einer, weil er besonders bescheiden ist und dann alle Mitleid haben? So macht es Torsten. Der ist zwar ehrlich ein wenig leiser, aber er hat auch gelernt, wie er damit gut durchkommt. Oder isst der die Wurst, der am eindrücklichsten jammert, dass er immer zu kurz kommt? Lachend klopfen sie Jens auf die Schulter. Oder bekommt die Wurst derjenige, der bisher am wenigsten gegessen hat? Ratlos schaut Dirk an sich herunter auf die stattliche Bauchrundung unter seinem T-Shirt. Jaja, ist alles nur Ringmuskulatur. Bleibt noch ein Argument für Mike. Er spricht es selbst aus: "Die Wurst muss natürlich ich bekommen, weil ich als einziger daran gedacht habe einzukaufen. Ohne mich hätten wir heute Abend gar nichts auf dem Grill gehabt." Ach Mike, wie peinlich ist das Freunden gegenüber.

Lüder Laskowski 3 min
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gesprochen von Lüder Laskowski

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Do 15.08.2024 05:45Uhr 02:35 min

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Gerechtigkeit ist kaum zu haben. Als antike Tugend ist sie mit dem Willen verbunden. Der christliche Glaube beschreibt sie folgerichtig als eine Aufgabe, mit der wir nie zu Ende kommen, weil wir eben nur Menschen sind. Er macht sie nicht an äußeren Regeln fest. Es ist kein vordergründiger Ausgleich danach, was einer leistet, sondern was er zum leiblichen und seelischen Überleben braucht. Der Theologe und Philosoph Paul Tillich sagt es sinngemäß so: Jeder Mensch gestaltet sein Leben und besitzt etwas bis dahin, wo allen anderen Lebewesen Freude und Erfüllung auch möglich bleiben. Das führt zum Ausgleich ohne Zwang. Ein hoher Anspruch. Den lösen wir ein, weil uns die Sehnsucht nach Gerechtigkeit von Gott direkt ins Herz geschrieben ist. Mehr noch, weil wir glauben, dass wir sie durch Christus schon in uns haben.

Sie ahnen, wer am Ende die Wurst bekam? In einem unbeobachteten Moment hat Ralfs Hund sie sich weggeschnappt.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Lüder Laskowski

Lüder Laskowski

geboren 1973 in Dresden und dort aufgewachsen I 1992 Abitur I 1992 - 1995 Ausbildung zum Steinmetz/Steinbildhauer bei den Sächsischen Sandsteinwerken Pirna I 1995/96 Zivildienst im Landesjugendpfarramt Sachsen / Behindertenarbeit I 1996 bis 2004 Studium der ev. Theologie in Leipzig und Berlin I 2004 - 2007 Geschäftsführer einer Unternehmensberatung im Kulturbereich in Dresden I 2007 - 2009 Vikariat an der Lutherkirche Radebeul I 2009 - 2019 Pfarrer Kirchgemeinde Großschirma / Freiberger Dom / Studierendenpfarrer Bergakademie Freiberg I seit 2019 Projektpfarrstelle "Kirchliche Arbeit in neuen Stadtquartieren" beim Kirchenbezirk Leipzig

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.