Mittwoch, 01.05.2024: Erfüllende Arbeit
1. Mai, ein neuer Monat. Wen freut es nicht, wenn wieder frisches Geld auf dem Konto angekommen ist. In den zwölf Wochen dieses Jahres sind eine Reihe neuer Tarifabschlüsse zu Stande gekommen, wenn auch nach zum Teil sehr langen Streikphasen. Heute ist der Tag der Arbeit.
Es soll Zeit sein, die Erfolge der Arbeiterbewegung gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu würdigen. Es geht um die Wertschätzung der Arbeit, und um ein Bewusstsein für den gerechten Ausgleich von wirtschaftlichem Erfolg der Unternehmen einerseits, und den berechtigten Lebensinteressen der Arbeitnehmer andererseits, ohne die der Laden eben nicht läuft.
Schon die Bibel weiß zu sagen, dass man einem dreschenden Ochsen nicht das Maul verbindet. Wer für Wertschöpfung sorgt, soll auch ausreichend essen.
Dass wir nicht im Schlaraffenland leben, weiß die Bibel auch. Schon die Prototypen der Menschheit Adam und Eva bekommen gesagt, dass sie im Schweiße ihres Angesichts das Leben zu bestreiten haben. Insofern ist das Ringen um wirtschaftliche Gerechtigkeit nie ein Zuckerschlecken.
In einer sich verändernden Arbeitswelt wird nicht nur um das Geld gestritten; auch um Freizeit. Dabei ist die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich kein großes Thema mehr. Die 4-Tage-Woche kommt auf den Tisch.
Eine Schattenseite hat dieses Ringen: War es zu Beginn der Arbeiterbewegung wichtig, um maximal acht Stunden Arbeit zu kämpfen, damit acht Stunden Freizeit, und acht Stunden Schlaf möglich waren, so wird im Ringen um die 4-Tage-Woche aus meiner Sicht die Kluft zwischen Arbeit und Freizeit noch tiefer. Arbeitszeit wird so immer mehr als Zeit der Unfreiheit empfunden. Sie ist keine Lebenszeit, sondern Zeit der Knechtschaft. Leben beginnt für viele gedanklich erst nach Feierabend.
Die Bibel malt ein anderes Bild von Arbeit. Im kommenden Reich Gottes fliegen einem die gebratenen Tauben auch nicht in den Mund. Es ist kein arbeitsfreier Ort; lediglich ein Land, wo die, die säen, auch ernten werden. Die, die bewirtschaften, selbst den Gewinn daraus nutzen. Er fließt nicht ab, irgendwohin.
Er wird nicht von Besatzern verprasst. Jeder hat seinen Lebensraum und spürt die eigene Selbstwirksamkeit. Das ist ein wesentlicher Aspekt der Arbeit: Wenn sie nicht in geknechtete Plackerei ausartet, sondern die Erfahrung schenkt, ich kann mit Kopf und Herz und Hand die Welt gestalten, mir und anderen Gutes tun. Die Erde ist freundlich und gibt mir zurück, was ich investiere. Es ist ein Stück Himmel auf Erden, wenn Arbeit erfüllende Lebenszeit sein darf.