Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 29.04.-04.05.2024
Hauptinhalt
Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Pfarrer Holger Treutmann.
Sonnabend, 04.05.2024: Grüne Botschafter vom Mittelstreifen
Sie schlagen tatsächlich wieder aus. Im April wurde der Verkehr hier auf der Autobahn von der linken Spur auf die beiden rechten gedrängt. Links standen orangefarbene Fahrzeuge der Autobahnwartung. Die Hecken auf dem Mittelstreifen wurden geschnitten. Was heißt geschnitten! Sie wurden mit schärfstem Gerät im Vorbeifahren abgemäht und genau auf die Höhe der Leitplanken gekürzt. Abgerissene Fasern am Gehölz ragten in die Höhe; wie gefoltert wirkten sie. Es ist eben eine Autobahn und kein Ziergarten. Dennoch schlagen sie wieder aus, weil der Mai gekommen ist und die Bäume und Sträucher rundherum das auch tun. Wie selbstverständlich trotz der harten Prozedur, mit der man ihnen zugesetzt hat. Das berührt mich.
Verwundungen geschehen. Aus Unachtsamkeit, mit Absicht, um gefügig zu machen oder weil es einfacher ist, alle über einen Kamm zu scheren, als Bedürfnisse und Begabungen eines Einzelnen zu beachten. Häuser und Menschen werden hinweggemäht, um Besitzansprüche auf ein Land geltend zu machen. Kriege verwunden Menschen an Leib und Seele. Persönlichkeiten werden zu Opfern brutaler oder perfider Gewalt. Die Gehölze auf dem Mittelstreifen haben eine Botschaft:
Du bist mehr als ein Opfer deiner Verletzungen. Es ist ein unzerstörbarer Keim in jeden Menschen gelegt. Du hast immer die Chance, neu zu grünen und über dich hinauszuwachsen. Und nicht einmal der Tod soll deinen Willen lähmen, ewig grünen zu wollen.
Jesus hat einmal davon gesprochen, dass jeder Mensch sein Kreuz auf sich nehmen möge. "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht." (Mt. 11,29f)
Das mag für manchen wie eine Zumutung klingen. Im Grunde aber ist es ein großer Zuspruch; eine Ermutigung sich selbst mit Christus an der Seite nicht als Opfer, sondern als unverwundbares Geschöpf Gottes zu verstehen, egal was immer dich verletzt hat. Das Zutrauen zum Leben ist im Glauben stärker als die Verletzungen, die ich zu tragen habe.
Freitag, 03.05.2024: Niemals hoffentlich
Es war auf der Rückreise von der Ostsee. Am Ende des Urlaubs machten wir noch einmal Halt in Brandenburg. Ein Schlosshotel auf dem Land.
Beim Frühstück waren wir nicht allein. Soldaten der Bundeswehr hatten ebenso dort Quartier gefunden. Sie saßen da in Flecktarn und mit schweren Stiefeln, schon bereit zur Abfahrt, als ich mir den ersten Kaffee holte. Die Atmosphäre war fröhlich, fast ausgelassen. Ihre Gespräche waren alltäglich. Es ging um Familie und Urlaub. Ein paar technische Details von ihren Fahrzeugen.
Dann standen sie gemeinsam auf und machten sich auf den Weg. Der Letzte, der den Raum verließ, wünschte uns allen einen schönen, sonnigen Tag und ging, ohne dass wir unsere Wünsche für den Tag erwidern konnten.
Welche wären es denn auch gewesen? Frieden? Frohes Schaffen? Kommen Sie gut durch?
Ja, es ist Krieg um uns herum. Und eine Armee, die Bundeswehr, ist Teil eines Bündnisses, das sich rüstet, auch konkrete Kriegshandlungen abzuwehren oder durchzuführen; in Auslandseinsätzen, nicht oder noch nicht in unserem eigenen Land. Da sei der Allmächtige vor.
Nie soll es vergessen sein, dass sich in Tarn-Uniformen Menschen befinden. Leute wie du und ich mit Lebensgeschichten, Angehörigen, Sehnsüchten, Hoffnungen für das eigene Leben.
Es gibt die Seelsorge in der Bundeswehr. Kirchliche Begleitung für die Menschen in der Armee. Krieg soll um Gottes Willen nicht sein. Und doch gibt es Konflikte, die ohne Gewalt oder Gewaltandrohung nicht zu lösen sind. Immer muss nach besseren Formen gesucht werden. Krieg kann nur das letzte Mittel sein und wird keinen Frieden bringen. Den gibt es erst in den Verhandlungen danach oder noch besser davor.
Die Seelsorgerinnen und Seelsorger in der Bundeswehr sind frei in ihrer politischen Meinung. Sie schärfen das ethische Urteilsvermögen und das Gewissen der Einsatzkräfte. Sie sind für die Menschen da, nicht für den Staat. Sie beten zu Gott und bitten um Frieden und Heilung an Leib und Seele.
Domini sumus - wir gehören Gott, steht auf dem Emblem der Seelsorge in der Bundeswehr. Es ist ein kurzgefasstes Bibelzitat aus den Briefen des Paulus (Rm 14,8): Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum, ob wir leben oder sterben, sind wir des Herrn; gehören wir Gott.
Mein Wunsch für die Soldatinnen und Soldaten: Hoffentlich müsst ihr nie ausüben, worauf ihr euch vorbereitet.