Montag, 02.10.2023: Freiheit und Abhängigkeit

Ich kenne beides: Dass mich als Gemeindepastor jemand nach dem Gottesdienst anspricht und sagt: "Was Du heute gesagt hast, war der Hammer. Ich konnte gar nicht weghören. Das war genau für mich." Aber auch das andere passiert: Dass mich jemand kritisiert für meine Worte. Dass es jemandem nicht passt. Wie gehe ich damit um? Mit dem einen und dem anderen? Ich könnte es rein auf der Sachebene betrachten und für mich resümieren: Heute hast Du anscheinend einen Nerv getroffen. Es ist gelungen, was Du Dir gewünscht hast. Und in dem anderen Fall habe ich - wenigstens bei dieser Person - den Nerv nicht getroffen. Oder anders: Bin ihr auf den Nerv gegangen. Aber ich spüre, so einfach auf der sachlichen Ebene kann ich das nicht hören. Es trifft mich als Person. Ich fühle mich bestätigt oder aber abgelehnt. Vielleicht sogar unabhängig davon, was der andere mir auf der personalen Ebene mitgeben wollte. Hinzu kommt, dass ich ja durchaus Anerkennung suche. Ich möchte gemocht werden. Bis zu einem gewissen Grad ist das sicher gut und richtig, aber ich kann auch abhängig davon werden. Oder mich abhängig machen. Das klingt ziemlich nach Unfreiheit. Und dann kann es passieren, dass ich lieber sage, was gern gehört wird, statt das, was zu sagen wäre.

Ich glaube: Ziemlich jeder Mensch kennt das. Außer solchen vielleicht, die sich nicht darum scheren, wie andere über sie denken. Wie muss ich mich verhalten, damit ich angenommen bin und geliebt werde? Diese Frage wird nicht immer bewusst reflektiert, aber schon Kinder beschäftigt sie. Vor allem, wenn Liebe an Bedingungen geknüpft ist. Und das kommt leider vor.

Pastor Michael Schubach 2 min
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2 min

gesprochen von Pastor Michael Schubach

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mo 02.10.2023 05:45Uhr 02:16 min

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Von Gott bin ich vorbehaltlos und bedingungslos geliebt. Das weiß ich. Im Kopf. Manchmal rutscht es auch ins Herz. Und das schenkt mir dann die Freiheit, mich nicht zu verbiegen, um Anerkennung zu bekommen. Dann kann ich in guter Weise das sagen und tun, was ich als richtig erkannt habe.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzbiografie Holger Treutmann

Holger Treutmann

1963 in Springe bei Hannover geboren | verheiratet | 2 Kinder | Studium in Bethel, Göttingen, Berlin | 1989 1. Theologisches Examen in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover | 1989-1993 Pharmareferent bei Astra-Chemicals Wedel/Hamburg | 1993-1995 Vikariat in Bröckel bei Celle | 1995 2. Theologisches Examen in der Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannover | 1995 Wechsel in die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen | 1995-1999 Pfarrer in Eibenberg-Kemtau und Chemnitz-Reichenhain | 1999-2005 Pfarrer in St.-Pauli-Kreuz-Gemeinde Chemnitz | 2006 - Januar 2016 Pfarrer der Frauenkirche in Dresden | Ehrenamtlicher Mitarbeiter der Notfallseelsorge Dresden | seit Februar 2016 Senderbeauftragter der Ev. Kirchen beim MDR und Rundfunkbeauftragter der Ev.-Lutherischen Landeskirche Sachsens

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.