Donnerstag, 09.03.2023: Aufbruch, Ausbruch
"Ich bin dann mal weg." Nach dem Pilger-Buch von Hape Kerkeling ist dieser Ausspruch zu einem geflügelten Wort geworden. Für den Entertainer war das damals eine große Auszeit vom Alltag im Showbetrieb. Schluss mit lustig, sozusagen.
Ich habe einen guten Bekannten, der sendet zuverlässig drei, vier Mal im Jahr solche Botschaften. Ganz fröhlich und unverdrossen. Ein paar Tage mehr als nur ein Wochenende, dann schickt er Bilder von einem Bahnhof oder einem Flughafen in eine WhatsApp-Gruppe. Zuletzt hat er richtig große Reisen gemacht: Argentinien und Uruguay, Island, Kanada. Man könnte neidisch werden. Oder sich empören: Schon wieder eine Flugreise! Muss das denn sein?! Oder aber: sich einfach mit freuen.
Kürzlich habe ich eine Kollegin getroffen. Sie ist eine Nachbarin des lebensfrohen Reisenden. Ob ich das sei in der WhatsApp-Gruppe, fragte sie mich. Und dann freuten wir uns gemeinsam über die letzten Bilder: aus Toronto, aus einem gemütlichen Haus in einem verschneiten Wald; Sonnenaufgang am Ontario-See. Und immer wieder Fotos aus schönen Bars und Restaurants. Regionale Spezialitäten, schön zurechtgemacht. Sehr verlockend.
"Es ist, als wäre man dabei", sagte die Kollegin. Ich empfinde das genauso. Denn der liebe Reisende nimmt seinen Freundeskreis tatsächlich mit auf seine Reisen. Jeden Tag gibt es einen Reisebericht - oder mehrere. Ein richtiges Tagebuch mit vielen interessanten Informationen.
Wenn der Reisende - Martin - wieder zuhause ist, dann begegnet er seinen virtuellen Reisebegleitern auch mal auf der Straße. Dann lädt er spontan ein zu Wein, Käse, Steak - je nachdem, welche Spezialitäten er zuletzt entdeckt und genossen hat.
Mein Blick fällt auf meinen Fastenkalender. Ich habe gezögert, bevor ich ihn diesmal gekauft habe: "Leuchten!" lautet der Appell in diesem Jahr: "Sieben Wochen ohne Verzagtheit". Das ist ja schwieriger als auf Fleisch, Schokolade, Bier und Wein zu verzichten! So dachte ich - habe den Kalender aber dann doch gekauft.
Und ich bin dem reisenden Martin doppelt dankbar: Weil er mich mitgenommen hat nach Kanada. Und weil ich so die ersten Tage der Fastenzeit immer reichlich Grund zur Freude hatte. Einkehr, Umkehr - Aufbruch: Das sind die Chancen der sieben Wochen vor Ostern.
Aber der Aufbruch kann zugleich ein Ausbruch sein. Raus aus dem Alltag. Die Welt mit anderen Augen sehen. Fenster zur Schönheit und Größe der Welt gibt es überall. Man muss dazu nicht verreisen. Manchmal reicht ein Blick in den blauen Himmel oder in den Garten. Oder schöne Bilder von Reisen in ferne Länder.