Donnerstag, 06.03.2025: Wartezeit
Was machen Sie, wenn Sie warten müssen? Ich selbst verbringe viel Zeit mit Warten. Mit Warten auf den Bus. Warten auf die Bahn. Warten am Telefon. Warten auf dieses und jenes. In der Regel greife ich dann zu meinem Smartphone und verliere mich in den Sozialen Medien. So richtig viel Mehrwert bringt es mir eigentlich nicht.
Ich muss daran denken, was mir mal ein Mitglied unserer Gemeinde erzählt hat: Wenn sie an der Haltestelle wartet, dann ruft sie sich Strophe für Strophe Lieder aus unserem Gesangbuch in Erinnerung.
Ein Lied, das sie sich besonders gern in Erinnerung ruft, ist das Lied: Befiehl du deine Wege. Dieses Lied hat ganze 12 Strophen. Für sie ist das ganze mehr als nur ein Gedächtnistraining. In den Worten des Liedes findet sie immer wieder Worte, die ihr Kraft geben. Seit ein paar Monaten wandle ich jetzt auf ihren Spuren und lerne ebenfalls Lieder auswendig.
In meinem Fall sind es vor allem Lieder, die ich mit meinem Kind singen möchte. Jetzt, wo ich mehr und mehr Lieder auswendig kann, brauche ich beim Singen mit meinem Kind auch nicht mehr so oft den Zettel mit dem Text, kann stattdessen in seine Augen schauen, mit ihm gemeinsam Bewegungen und Handzeichen für die einzelnen Verse überlegen.
Lieder auswendig lernen - dafür lohnt sich jetzt für mich auch längeres Warten. Wenn ich jetzt irgendwo in der Warteschleife stecke, und mir dabei versuche den Text eines Liedes einzuprägen, dann ärgere ich mich fast, wenn die Wartezeit plötzlich schon vorbei ist.
Wer weiß, vielleicht ist es eines Tages so wie bei dem Mitglied aus meiner Gemeinde: dass auch ich im Alter an einer Bushaltestelle sitze und mir versuche, Strophe für Strophe Liedtexte in Erinnerung zu rufen - und selbst, wenn ich nicht alles erinnere, ist vielleicht doch das ein oder andere so in Erinnerung geblieben, dass es mir im richtigen Moment die Kraft gibt, die ich brauche.