Schabbat Schalom | MDR KULTUR | 24.11.2023 Wochenabschnitts WaJeze: Den Austausch suchen
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22. September 2023, 12:00 Uhr
Vielleicht wollen wir einen neuen Weg einschlagen - weil wir in unserem Inneren fühlen, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Dennoch sollten wir mit den Menschen um uns, die diese Entscheidung betrifft, darüber sprechen, meint Kantor Elija Schwarz in seiner Auslegung des Wochenabschnitts WaJeze.
Ja'akow flüchtet vor seinem Bruder Ejsaw von Be'er Schewa nach Charan. Nachts träumt er von einer Leiter, die bis in den Himmel reicht und auf der Engel des Ewigen herauf- und herabsteigen. In Charan trifft Ja'akow am Brunnen Rachel, die Tochter seines Onkels Lawan, und verliebt sich in sie.
Er dient Lawan sieben Jahre, um Rachel heiraten zu dürfen. Allerdings bekommt er zuerst die ältere Schwester Le'a angetraut, bevor er nach weiteren sieben Jahren des Dienstes die von ihm bevorzugte Rachel heiraten kann. Le'a schenkt ihm vier Söhne: Re'uwen, Schim'on, Lewi und Jehuda.
Mit Bilha, Rachels Magd, zeugt Ja'akow Dan und Naftali und mit Silpa, Le'as Magd, Gad und Ascher. Le'a bekommt weitere Kinder, die Söhne Jissachar und Sewulun, und die Tochter Dina. Endlich erhört der Allmächtige die Gebete und Rachel gebiert den Sohn Josef.
Ja'akow bittet Lawan, ihn wieder in seine Heimat ziehen zu lassen. Angesichts der Weigerung Lawans und auch, um seiner Familie bessere Lebensbedingungen zu verschaffen, entschließt er sich, weitere sechs Jahre zu dienen. Nach schlußendlich zwanzig Jahren zieht Ja'akow in Abwesenheit Lawans heimwärts.
Lawan verfolgt ihn, verzichtet aber, vom Ewigen verwarnt, auf Vergeltung und sie scheiden in Frieden.
In dieser Parascha zeigt uns die Tora ein Menschenbild, welches davon ausgeht, es geradezu bejaht, dass der Mensch das Potenzial hat zu wachsen und zu reifen - auch über die vermeintlichen Grenzen seines Charakters hinaus.
Das sehen wir exemplarisch am Werdegang Ja'akows, der jung sein Elternhaus verlassen muss und an dessen Charakter der Text manchen Zweifel sät. Die Erzählung des Wochenabschnitts umspannt viele Jahre, und an deren Ende steht der gereifte, erprobte und verantwortungsbewusste Patriarch der schwersten Prüfung seines Lebens gegenüber.
Er wird auf seinen Bruder Ejsaw und dessen Heer treffen und sich damit seiner Vergangenheit stellen müssen. Er wird eines nachts am Fluß Jabok mit Gott und sich selbst ringen und obsiegen, ein Gotteskämpfer – Jissra'el.
Jakob ist der eigentliche Stamm
Nach ihm sind wir benannt und so möchte ich Rabbiner S. R. Hirsch zitieren: "Wenn Abraham die Wurzel des jüdischen Volkes ist, Jitzchak die Fortsetzung zum Stamm, so ist Jakob der eigentliche Stamm selbst ... Ist ja Jakob derjenige, der dem künftigen Volk Namen und Geschick vererben soll. Wir heißen nicht Abrahams Volk, sondern: Jisrael!"
Und so fällt es uns am leichtesten, das Leben, Handeln und Wirken Ja'akows betrachtend, uns an ihm zu orientieren. Wir sehen, dass der Wandel von Ja'akow zu Jissra'el nicht über Nacht geschah, sondern dass er in seine Funktion als unser Stammvater hineinwuchs und seine Aufgabe und seinen Platz im Leben erkennend, auch den Wert anderer Menschen erkannte.
Ein schönes Beispiel wertschätzender innerfamiliärer Kommunikation lesen wir ab 31,3. "Da sprach Gott zu Ja'akow: Kehre zu dem Land deiner Väter und zu deinem Geburtsort zurück, und ich werde mit dir sein. Da schickte Ja'akow und rief Rachel und Lea aufs Feld zu seinen Schafen, und sprach zu ihnen: Ich sehe eures Vaters Angesicht, er ist mir nicht mehr so wie gestern und vorgestern, und nur der Gott meines Vaters ist mir beigestanden.
Ihr doch wisset es, dass ich mit meiner ganzen Kraft eurem Vater gedient. Euer Vater aber hat mich mit Versprechungen getäuscht, hat meinen Lohn zehnmal gewechselt und nur Gott hat ihn mich nicht schädigen lassen.
Da antworteten Rachel und Lea und sprachen zu ihm: Haben wir noch Anteil und Erbe im Haus unseres Vater? Sind wir ihm nicht wie Fremde geachtet, da er uns verkauft und sogar unser Geld selbst verzehrt hat? Vielmehr gehört der ganze Reichtum, den Gott von unserem Vater abgesondert hat, uns und unseren Kindern! Und nun, alles, was dir Gott gesagt hat, tue!“
Ja'akow spricht also mit seinen Frauen darüber, dass ihr neuer Aufenthaltsort besser als der bisherige sein wird.
Auch wenn ihr glaubt, eine Bas Kol, eine Stimme vom Himmel oder tief aus eurem Innern zu vernehmen, die euch auffordert, einen neuen Weg zu gehen, – sprecht mit denen darüber, die dieser Weg betreffen wird; seien es eure Partner, die Kinder oder auch Kollegen.
Schabbat Schalom
Zur Person: Elija Schwarz Elija Schwarz (*1969) arbeitet als Kantor für die Jüdische Gemeinde zu Dresden. Außerdem ist er als Kantor und Religionslehrer für den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen tätig und auch für das Jüdische Seniorenheim Hannover zuständig. Zuvor war er fünf Jahre lang Kantor der Etz-Chaim-Synagoge in Hannover. Darüber hinaus betreut er seit fast zwei Jahrzehnten die Jüdische Gemeinde Elmshorn in Schleswig-Holstein. Wenn er nicht dienstlich unterwegs ist, lebt Elija Schwarz in Bitterfeld.
Schabbat Schalom bei MDR KULTUR
Die Sendung bezieht sich auf die jüdische Tradition, die fünf Bücher Moses im Gottesdienst der Synagoge innerhalb eines Jahres einmal vollständig vorzulesen. Dabei wird die Thora in Wochenabschnitte unterteilt. Zugleich ist es häufige Praxis, die jeweiligen Wochenabschnitte auszulegen.
Bei MDR KULTUR geben die Autorinnen und Autoren alltagstaugliche Antworten auf allgemeine Lebensfragen, mit denen sie auch zur persönlichen Auseinandersetzung anregen. Zugleich ist "Schabbat Schalom" eine Einführung in die jüdische Religion, Kultur und Geschichte.
"Schabbat Schalom" ist immer freitags um 15:45 Uhr bei MDR KULTUR zu hören sowie online abrufbar bei mdr.de/religion.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR | 24. November 2023 | 15:45 Uhr