Der Redakteur | 29.06.2023 Ist es legal, Internet-Bewertungen zu kaufen?
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29. Juni 2023, 19:00 Uhr
Jürgen Scholz aus Mühlhausen fragt, ob es eigentlich verboten ist, sich gute Internet-Bewertungen zu kaufen. Wie reagiert Google, wenn einem jemand etwas Böses will und deshalb schlechte Bewertungen abgibt?
Es ist nicht nur der gesunde Menschenverstand, der ein Problem damit hat, sein Image mit gekauften und falschen Kundenreaktionen aufzuhübschen. Damit verschafft man sich natürlich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Das ist rechtswidrig und unlauter sagt Rechtsanwalt Matthias Prinz, dessen Kanzlei sich mit Online-Reputationsrecht beschäftigt. Wir sind also im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb unterwegs.
Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.
Im Anhang des Gesetzes wird dann sogar sehr direkt klargestellt, was gemeint ist. Dass man nämlich gefälschte Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern weder übermitteln noch beauftragen darf und dass auch die falsche Darstellung von Bewertungen in sozialen Medien "zu Zwecken der Verkaufsförderung" unter dieses Verbot fällt.
Das interessiert aber offenbar nicht jeden. Eine langfristige Recherche des Bayrischen Rundfunks (BR) und des Schweizer Radio und Fernsehens (SFR) hat 2021 ergeben, dass es ganze Netzwerke von Google-Accounts gibt, die die falschen Bewertungen hinterlassen. Mit Sicherheit nicht aus Nächstenliebe. Auch die Verbraucherzentrale warnt davor, sich auf Bewertungen zu verlassen und beobachtet Missbrauch.
Welche Strafen drohen?
Natürlich ist das die Geschichte mit dem Kläger und dem Richter. Wobei es schon ohne Richter teuer werden kann. Wer sich nun Bewertungen kauft und diese veröffentlicht, läuft Gefahr, von Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt zu werden.
Das heißt: Man bekommt als "Warnschuss" Post von einem Mitbewerber oder dessen Anwalt, und die Gelegenheit, die Sache durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung beizulegen, was allerdings mit einer angemessenen Vertragsstrafe verbunden ist, wenn man sich nicht daran hält. Fruchtet das nicht, kann es dann tatsächlich vor Gericht gehen, Mitbewerber können Schadenersatz fordern und sogar Gewinnabschöpfungen sind möglich.
Wenn man es wegen eigener Fake-Bewerbungen mit dem "falschen" Gegner zu tun bekommt, kann das schnell ruinöse Züge annehmen. Nicht nur Konkurrenten könnten sich melden, auch die Plattformbetreiber wie Amazon haben ein Auge drauf, schreibt Anwalt Matthias Prinz auf seiner Internetseite.
So hatte beispielsweise Amazon einen Händler abgemahnt, der mit gekauften Rezensionen seine Produktbewertungen aufbessern wollte. Und das Oberlandesgericht Frankfurt hatte es untersagt, Internetuser zu einer Bewertung zu veranlassen, indem man ihnen die Teilnahme an einem Gewinnspiel versprach. (OLG Frankfurt, 20.08.2020 - 6 U 270/19; OLG Frankfurt, 16.05.2019 - 6 U 14/19)
Fake-Bewertungen sind rechtswidrig und unlauter, sodass grundsätzlich auch kein seriöser Anbieter solche Dienste zur Verfügung stellen wird.
Abgesehen von den rechtlichen Folgen: Wenn publik wird, dass eine Plattform mit falschen Bewertungen arbeitet, ist das Verbrauchervertrauen dahin.
Was darf drin stehen in Bewertungen?
Die Wahrheit. Das ist ein bisschen aus der Mode gekommen, hat aber mindestens Stil. Der Grat zwischen Meinung und unwahrer Tatsachenbehauptung ist schmal. Die Meinungsfreiheit hat nämlich Grenzen. Wer diese überschreitet, kann schnell in den strafrechtlich relevanten Bereich abrutschen. Auch ein Unternehmer ist kein Freiwild.
Eng wird es zum Beispiel, wenn in Bewertungen Unternehmer oder dessen Mitarbeiter beleidigt werden (§ 185 StGB). Auch hat das Strafgesetzbuch noch üble Nachrede (§ 186 StGB) oder der Verleumdung (§ 187 StGB) im Angebot. Wer aus einer nachweisbaren geschäftlichen Beziehung heraus agiert, ist übrigens auch zu identifizieren und greifbar.
Nun sind natürlich Bewertungstools nicht nur als Platz für die ultimative Lobhudelei gedacht, also negative Aspekte sollten auch zur Sprache kommen und können einem Unternehmen auch helfen, den Service zu verbessern. Anwalt Matthias Prinz rät Unternehmen auch dringend, mit berechtigten Kritiken souverän umzugehen. Wenn also die Sauberkeit eines Hotelzimmers nicht den Erwartungen entsprach oder ein Patient länger als erträglich im Wartezimmer gesessen hat, dann kann die richtige Reaktion unter der Bewertung vieles von den fehlenden Sternen wieder wettmachen.
Der interessierte (Neu-)Kunde sollte aus der Reaktion entnehmen können, dass das nicht dem Anspruch des Hauses entsprach und wie man künftig solche Dinge vermeiden will. Oder man legt dar, welche offenbar vergeblichen Schritte man unternommen hat, um den Kunden zufrieden zu stellen. Matthias Prinz empfiehlt ohnehin immer, das Gespräch mit dem Kunden zu suchen.
Wenn der Verbraucher das merkt, bekommt man viele negative Bewertungen gut eingefangen, ohne sich mit dem Kunden zu streiten.
Wie bringe ich Google dazu, bösartig-falsche Bewertungen zu löschen?
Es passiert immer wieder, dass Firmen oder Menschen mit Hilfe von Bewertungen geschadet werden soll. Die Anonymität des Internets führt natürlich auch dazu, dass man den Übeltäter nicht immer identifizieren kann. So fühlen sich meinungsstarke Menschen berufen, Firmen, die nicht ihrem Weltbild entsprechen, mit negativen Bewertungen zu überschütten. Entsprechende Aufrufe gibt es in sozialen Netzwerken. Hier hilft es tatsächlich nur, den jeweiligen Betreiber der Seite aufzufordern, die Bewertungen zu entfernen. Angesichts weltweit agierender Großkonzerne vom Format Google ist das mitunter nicht einfach.
Zwar gibt es Seiten, auf denen man das Löschen beantragen kann, nur sollte man sehr genau nachweisen können, warum die Löschung erfolgen soll. Google weißt zum Beispiel darauf hin, dass man nicht als Schlichter auftreten wird und keine Bewertungen gemeldet werden können, die einem nicht gefallen, aber sachlich korrekt sind.
Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Unternehmen und Kunden bezieht Google im Konflikt selbst keine Stellung.
Rechtsanwalt Michael Prinz verweist auf die Rechtslage, dass - sollte der Sachverhalt wirklich nachweisbar sein - der Seitenbetreiber als sogenannter "Störer" nicht besser ist als der Täter. Rechtlich dauert der "Störungszustand" an, obwohl der Betreiber in Kenntnis gesetzt wurde, dass hier rechtlich etwas im Argen liegt.
Das sehen auch Gerichte so und auch die Großen haben eine Zustelladresse in der EU - bei Google ist diese in Irland. Oft liegen die Sachverhalte aber im Grenzbereich zwischen Meinungsäußerung und unwahren Tatsachenbehauptungen. Hier ist es dann wichtig, rechtssicher und für den Betreiber nachvollziehbar darzulegen, warum diese Bewertung rechtswidrig ist und gelöscht gehört.
Was ich von Mandanten höre ist, dass das nicht so gut läuft, wenn sie es selbst machen.
Das bedeutet: Wenn einem das wirklich wichtig ist und auch ein entsprechender Schaden entsteht durch die rechtswidrigen Bewertungen, ist der Weg zu einem Anwalt sicherlich nicht die schlechteste Idee. Dessen Sprache verstehen Google & Co. offenbar besser als ein gefühlsbetontes Bittschreiben eines Betroffenen.
MDR (dvs)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 29. Juni 2023 | 16:40 Uhr