Mögliche russische Kriegsverbrechen Ukraine: Hinweise auf Folter in Cherson
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17. November 2022, 14:04 Uhr
Die ukrainische Regierung berichtet von Hinweisen auf russische Kriegsverbrechen in der befreiten Region Cherson. Nach Angaben des Innenministers wurden Leichen mit Folterspuren entdeckt. Es ist nicht das erste Mal, dass die Ukraine Russland Kriegsverbrechen vorwirft. Es gibt aber auch Berichte über Folter auf ukrainischer Seite.
Die Berichterstattung aus der Ukraine ist schwierig, da wegen der Kämpfe nur wenige unabhängige Medienvertreter im Land sind. Informationen kommen vor allem von der ukrainischen Regierung und dem Verteidigungsministerium aus Russland, die allerdings kaum unabhängig überprüft werden können.
- Ukrainischer Innenminister: Leichen mit Folterspuren in Cherson gefunden
- Staatsanwaltschaft sammelt Zeugenaussagen
- UN-Menschenrechtsexperten: Folter auf beiden Seiten
Rund eine Woche nach dem Abzug der russischen Truppen aus der südukrainischen Region Cherson haben Ermittler nach Angaben der Regierung dort 63 Leichen mit Folterspuren entdeckt.
Die Untersuchungen seien aber erst am Anfang, sagte der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj. Die Strafverfolgungsbehörden hätten 436 Fälle von Kriegsverbrechen während der russischen Besatzung aufgedeckt. Elf Haftorte seien gefunden worden, darunter vier, in denen gefoltert worden sei.
"Die Ermittler sind dabei, diese zu untersuchen und jeden Fall von Folter festzuhalten. Auch die Leichen der Getöteten werden exhumiert", sagte Monastyrskyj. "Bislang sind in der Region Cherson 63 Leichen gefunden worden. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Suche gerade erst begonnen hat und noch viele weitere Folterkammern und Grabstätten entdeckt werden." Unabhängige Bestätigungen gab es zunächst nicht.
Staatsanwaltschaft sammelt Zeugenaussagen
Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft von Cherson sagte der "New York Times", dass Zeugenaussagen zu 800 Verhaftungen durch russische Truppen in der Region gesammelt worden seien. Die häufigsten Misshandlungen seien Elektroschocks, Schläge mit Plastik- oder Gummiknüppeln und das Abklemmen des Atemschlauchs einer Gasmaske, die Gefangenen über den Kopf gezogen worden sei.
Die Ukraine und internationale Ermittler werfen Russland Kriegsverbrechen in besetzten Gebieten vor. Russland bestreitet, dass seine Truppen Zivilisten ins Visier nehmen und Gräueltaten begangen haben. In anderen Gebieten, die zuvor von russischen Truppen besetzt waren, wurden Massengräber gefunden, darunter auch einige mit Leichen von Zivilisten, die Anzeichen von Folter aufwiesen.
UN-Menschenrechtsexperten: Folter auf beiden Seiten
Im russischen Krieg gegen die Ukraine sind Kriegsgefangene nach Erkenntnissen von UN-Menschenrechtsexperten aber auf russischer und auf ukrainischer Seite misshandelt und gefoltert worden. Das hatte die Leiterin der UN-Menschenrechtsdelegation in der Ukraine, Matilda Bogner, am Dienstag mitgeteilt.
Bogner gab Berichte der Gefangenen wieder, die die Misshandlungen und Folter detailliert schilderten. "Das Verbot von Folter und Misshandlung ist absolut, selbst - oder besser besonders - in Zeiten bewaffneter Konflikte", sagte Bogner. Ein ukrainischer Gefangener, der von mit Russland verbündeten Konfliktparteien festgehalten wurde, habe berichtet, er sei mit Elektroschocks an Nase und Genitalien gefoltert worden. Auf der anderen Seite habe es glaubhafte Berichte über die Tötung von Menschen gegeben, die zu der Zeit nicht in Kampfhandlungen waren, ebenso wie Misshandlungen bei der Gefangennahme und dem Transport.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bemüht sich seit Monaten um ungehinderten Zugang zu den Menschen im Kriegsgebiet. Das IKRK soll über die Einhaltung Genfer Konventionen wachen, die unter anderem die humane Behandlung von Kriegsgefangenen vorschreiben. Bogner sagte, nur die ukrainische Seite habe den Expertinnen und Experten Zugang zu gefangenen Soldaten gewährt.
dpa(iho)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 17. November 2022 | 12:00 Uhr
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