Das Schild der Europäischen Union und ein Schild der Republik Kroatien markieren in Neum (Bosnien) die Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien.
Kroatien hat 6.700 Grenzpolizisten, die illegale Migration an den Grenzen unterbinden sollen. Bildrechte: picture alliance / Rolf Haid

EU-Außengrenze Anhaltende Kritik wegen Menschenrechtsverstößen an Kroatiens Grenzen

06. Januar 2024, 05:00 Uhr

Kroatien soll an den EU-Außengrenzen illegale Grenzübertritte verhindern und dabei die Menschenrechte von Geflüchteten wahren. Doch dafür wird das Land von Menschenrechtlern immer wieder kritisiert. Und es gibt noch ein anderes Problem: Kroatien hat keine öffentliche Migrationspolitik.

Das EU-Mitglied Kroatien ist bereits zu Beginn des vorigen Jahres dem Schengen-Raum beigetreten. Damit fielen zum Beispiel für Urlauber die Grenzkontrollen zum nördlichen EU-Nachbarn Slowenien weg. Da aber seitdem immer mehr Geflüchtete und Migranten ohne die nötigen Papiere nach Slowenien kamen, führte Kroatiens Nachbar im Oktober 2023 die Grenzkontrollen wieder ein.

Selbst kurz danach noch betonte der kroatische Regierungschef Andrej Plenković am Rande eines EU-Gipfels, dass Kroatien gut aufgestellt sei beim Schutz der EU-Außengrenze. Zu hören so auf dem offiziellen Youtube-Kanal der Regierung: "Kroatien ist im Vergleich zu vielen anderen Ländern ein Land, das 6.700 Grenzpolizisten hat. Es hat praktisch mehr als alle Länder in Südosteuropa zusammen. Die Grenzpolizei ist gut ausgebildet, funktioniert gut und ist technisch äußerst gut ausgerüstet. Auf diese Weise schützen wir unsere Grenze."

Kritik für Umgang mit Geflüchteten an der Grenze

Was der kroatische Premier nicht sagt: Besonders entlang der etwa 1.000 Kilometer langen Grenze zu Bosnien ist das Terrain oft unwegsam – ein Problem beim Kontrollieren der Grenze.

Und nicht nur das: Kroatiens Umgang mit Geflüchteten und Migranten ohne nötige Einreisepapiere löst seit geraumer Zeit Kritik aus. Unter anderem die EU-Bürgerbeauftragte wirft kroatischen Beamten vor, an der Grenze gegen Menschenrechte zu verstoßen.

Auch Sara Kekuš vom kroatischen Zentrum für Friedensforschung bemängelt das Grenzmanagement. Viele Geflüchtete und Migranten, mit denen sie in Bosnien gesprochen habe, seien brutal über die kroatisch-bosnische Grenze zurückgedrängt worden: "Die meisten von ihnen berichten, dass sie erniedrigend behandelt werden. Bei unserem Besuch im Grenzgebiet haben wir erfahren, dass Menschen nicht nur verprügelt zurückkehren, sondern auch nur in Unterwäsche und oft völlig durchnässt, da die Polizei sie durch den Grenzfluss zurück auf das Territorium von Bosnien-Herzegowina treibt."

Kroatiens Migrationspolitik nicht vorhanden

Die kroatische Regierung dagegen weist die Vorwürfe immer wieder zurück. Kekuš von der kroatischen Menschenrechtsorganisation sieht darüber hinaus noch ein Problem: "Seit 2015 hat die Republik Kroatien keine klare, öffentlich einsehbare und veröffentlichte Migrationspolitik. Das wäre der erste Schritt, eine Strategie zu haben, an die wir uns halten – die natürlich einerseits im Einklang mit der Migrationspolitik der EU stehen müsste, aber in der wir auch an die Interessen Kroatiens denken müssen."

Kekuš spielt darauf an, dass in Kroatien immer mehr Arbeitskräfte fehlen. Momentan hole man deshalb Menschen aus Drittländern nach Kroatien und das auf recht kostspieligem Wege über Arbeitsvermittlungen. Eine echte Migrationspolitik dagegen müsse mehr leisten, als Menschen davon abzuhalten, über die Grenze zu kommen. Ein Ansatz könnte laut Kekuš sein, auch nicht asylberechtigten Menschen eine Perspektive in Kroatien zu eröffnen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. Januar 2024 | 06:23 Uhr

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