Mehr als 80 Tote Terrormiliz IS reklamiert Anschlag im Iran für sich

04. Januar 2024, 18:50 Uhr

Im Iran sind bei einem Terroranschlag mehr als 80 Menschen getötet worden. Das gab der nationale Rettungsdienst am Donnerstagmorgen bekannt. Nun übernimmt die Terrormiliz IS die Verantwortung dafür. Iranischen Medienberichten zufolge explodierten in der Stadt Kerman zwei Sprengsätze. In Kerman befindet sich das Grab von General Kassem Soleimani. Er war 2020 während eines Besuchs in Bagdad durch eine US-Drohne getötet worden.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat den verheerenden Anschlag in der iranischen Stadt Kerman mit mehr als 80 Toten für sich reklamiert. Die Gruppe teilte am Donnerstag über ihre üblichen Propaganda-Kanäle mit, zwei Attentäter hätten am Mittwoch anlässlich des Todestags des iranischen Generals Ghassem Soleimani während der Trauerveranstaltungen ihre Sprengstoffgürtel gezündet.

Bei dem Anschlag sind bei zwei Explosionen mindestens 84 Menschen getötet und 284 verletzt worden. Das berichtete der nationale Rettungsdienst am Donnerstagmorgen.

Korrektur der Opferzahlen

Einen Tag nach dem verheerenden Anschlag in der Stadt Kerman hat Irans Rettungsdienst die Zahl der Todesopfer nach unten korrigiert. Staatsmedien hatten die Zahl der Todesopfer am Mittwoch zunächst mit 103 angegeben, Gesundheitsminister Bahram Eynollahi korrigierte sie am Abend dann auf 95. Rettungsdienst-Chef Miadfar begründete die Verwirrung um die Opferzahlen mit dem verheerenden Zustand, in dem sich einige Leichen nach den Explosionen befunden hätten.

Es war der tödlichste Anschlag in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik.

Weltsicherheitsrat verurteilt "feigen Terroranschlag"

Der Weltsicherheitsrat verurteilte die Attacke am Donnerstag als "feigen Terroranschlag". Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme des mächtigsten UN-Gremiums.

Auch die EU verurteilte den Bombenanschlag aufs Schärfste. Die EU bringe ihre Solidarität "mit dem iranischen Volk zum Ausdruck", hieß es in einer Erklärung des Europäischen Auswärtigen Dienstes.

Vor mehr als einem Jahr hatte der IS bereits einen Anschlag auf ein schiitisches Heiligtum in der Kulturmetropole Schiras für sich reklamiert. Damals, im Oktober 2022, kamen mehr als ein Dutzend Menschen ums Leben. Die Justiz ließ daraufhin zwei Männer mit afghanischer Staatsbürgerschaft öffentlich hinrichten, die der Iran für die Attacke verantwortlich gemacht hatte.

IS verachtet Schiiten als Abtrünnige

Der IS betrachtet die im Iran vorherrschende schiitische Bevölkerungsmehrheit als Abtrünnige des Islam und verachtet sie. Die Schia, die kleinere der beiden großen Strömungen im Islam, ist Staatsreligion der Islamischen Republik. Ein regionaler Ableger des IS ist im Nachbarland Afghanistan aktiv, wo die Gruppe Nahe Pakistan eine "Provinz" namens IS-Chorasan errichten will.

Irans Präsident Ebrahaim Raisi verurteilte den Terrorangriff und forderte eine entschiedene Reaktion. "Zweifellos werden die Täter und Befehlsgeber dieser feigen Tat bald ermittelt und (...) für ihre abscheuliche Tat bestraft werden", wurde der Regierungschef zitiert.

Irans Innenminister Ahmad Wahidi kündigte ebenfalls an, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Wahidi sagte, die meisten Menschen seien bei der zweiten Explosion ums Leben gekommen. Die genauen Hintergründe werden demnach untersucht. Auch Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei kündigte scharfe Konsequenzen für die Urheber des Anschlags an.

Soleimani als Märtyrer verehrt

Kerman ist die Heimat von Ghassem Soleimani, dem früheren Kommandeur der Auslandseinheiten der iranischen Revolutionswächter (IRGC). Die USA hatten ihn am 3. Januar 2020 im Irak bei einem Drohnenangriff getötet. Von systemtreuen Regierungsanhängern wird Soleimani als Märtyrer verehrt.

Kerman liegt in der gleichnamigen iranischen Provinz, umgeben von weiten Wüstengebieten. Auch am Mittwoch pilgerten Menschenmassen durch die Straßen der Provinzhauptstadt zu Soleimanis Grabstelle. Nur wenige Hundert Meter entfernt sollen sich die Explosionen ereignet haben. In einem live im Staatsfernsehen übertragenen Ausschnitt waren ein Knall und Schreie zu hören. In den Videos war zu sehen, wie Panik ausbrach und Menschen vom Ort der Explosionen flüchteten.

Sorge vor Eskalation des Konflikts mit Israel

Anlässlich des Todestags Soleimanis wollte der Generalsekretär der libanesischen Schiitenorganisation Hisbollah, Hassan Nasrallah, am Mittwochabend eine Rede halten. Vor dem Hintergrund der Tötung eines Anführers der islamistischen Hamas im Libanon wurde die Rede mit Spannung erwartet. Es gibt Sorgen, dass der gewaltsame Tod von Saleh al-Aruri, Vize-Leiter des Politbüros der Hamas, zu einer weiteren Eskalation des Konflikts mit Israel führen könnte.

dpa,afp,Reuters (lik,nvm)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 03. Januar 2024 | 21:30 Uhr

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