Eine junge Frau hält einen Heft zum Umgang mit FGM (female genital mutilation) bei der Vorstellung der Dunkelzifferstatistik 2019 zur "Weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland" der Menschenrechtsorganisation "Terre des Femmes" in den Händen. 3 min
Audio: Ein Heft zum Umgang mit weiblicher Genitalverstümmelung der Menschenrechtsorganisation "Terre des Femmes". Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen
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In Leipzig bekommen betroffene Frauen und Mädchen Hilfe

MDR AKTUELL Do 06.02.2025 06:53Uhr 03:06 min

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Menschenrechtsverletzung Wie eine Organisation aus Leipzig gegen weibliche Genitalverstümmelung vorgeht

06. Februar 2025, 07:21 Uhr

Am 6. Februar ist der internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass weltweit mehr als 230 Millionen Frauen und Mädchen mit verstümmelten Genitalien leben. Meist im Kindesalter werden Mädchen die äußeren Geschlechtsorgane abgeschnitten – oft ohne Betäubung und unter unhygienischen Bedingungen. Auch in Mitteldeutschland leben viele Frauen mit verstümmelten Genitalien – die Organisation Saida unternimmt etwas dagegen.

Britta Veltzke
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Simone Schwarz arbeitet daran, ihre eigene Arbeit überflüssig zu machen. Aber es gelingt ihr nicht: "Die Fallanfragen wurden immer mehr", erzählt Schwarz.

Schwarz sitzt in einem Altbau im Norden von Leipzig. Saida heißt die Organisation, die sie 2010 gegründet hat. Saida schützt Mädchen vor Genitalverstümmlung im Ausland wie in Deutschland, unterstützt betroffene Frauen und vermittelt Mädchen und Frauen für rekonstruktive Eingriffe ans Leipziger St. Georg Klinikum.

Auch in Mitteldeutschland viele Frauen mit Genitalverstümmelungen

Nicht nur in den Ländern, in denen Genitalverstümmelung Tradition sei, sei der Einsatz gegen die Menschenrechtsverletzung wichtig, sondern auch: "in der Diaspora in Deutschland, wo die Communities und die gefährdeten Mädchen leben und die vielen Frauen, die mit den Folgen dieser Gewalt weiterleben müssen und sich nicht trauen, Hilfe zu holen", erklärt Schwarz.

Wut treibt Schwarz an – Wut wie über einen Fall von vier Mädchen, die in ihrem Herkunftsland verstümmelt worden sind. Schwarz erzählt: "Eine geflüchtete Familie hier in Mitteldeutschland. Wir wurden auf diesen Fall aufmerksam gemacht und sind hingefahren. Wir haben uns schon darauf eingestellt, dass wir großen Widerstand auch bei der Familie erleben werden. Der Vater, sehr konservativ, wird kaum über das Thema Genitalverstümmlung sprechen wollen." Doch das Saida-Team kann die Familie aus Somalia überzeugen, die Mädchen operieren zu lassen.

Steigende Fallzahlen

Mitgründer des Saida-Kompetenzzentrums am St. Georg in Leipzig ist der Gynäkologe Uwe Köhler. Je nach Grad der Verstümmlung seien die Eingriffe sehr umfangreich, sagt er: "Allein die Zeitdauer für so eine Operation beträgt vier bis sechs Stunden. Bei einer Grad-3-Verstümmlung fehlt das gesamte äußere Genital und das muss rekonstruiert werden und erfordert sehr viel Erfahrung von den Oparateuren."

Etwa einmal in der Woche finde ein solch komplexer Eingriff statt. Noch könne man der Nachfrage gerecht werden, allerdings seien die Zahlen nach Corona deutlich angestiegen.

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Damit eine OP gar nicht erst nötig wird, versucht die Organisation Saida, auch Fachkräfte in Kitas, Gesundheitsämtern, Arztpraxen und Kliniken zu alarmieren. Oder wenn Ärztinnen und Ärzte bei der Geburt einer Tochter beobachten, dass eine Frau von Genitalverstümmelung betroffen sei, liege der Gedanke nicht fern, dass auch die Tochter bedroht ist.

Mehr Kontrollen gefordert

Ein entscheidender Fortschritt wären aus Sicht von Simone Schwarz eine verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen für Kinder, bei denen auch der Genitalbereich kontrolliert wird sowie eine ärztliche Meldepflicht an die Jugendämter im Fall von Genitalverstümmlung: "Wir bohren hier sehr dicke Bretter."

Doch sie schöpft auch immer wieder Hoffnung. Zum Beispiel im Fall der somalischen Familie. Der Vater bereue, dass er die Verstümmlung seiner Töchter zugelassen habe: "Er hat sich sofort unsere mehrsprachigen Flyer geschnappt und ist in der Community, in dem Ort, wo er wohnt hier in Mitteldeutschland, rumgelaufen und hat diese Flyer verteilt an somalische Frauen", erzählt Schwarz. Seine eindringliche Botschaft: Geh dort hin. Da bekommst du Hilfe.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. Februar 2025 | 06:53 Uhr

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