Presse steht auf einer Armbinde
Trotz entsprechender Kennzeichnung werden Journalisten auf Demonstrationen nicht ausreichend beschützt. Bildrechte: IMAGO / Michael Gstettenbauer

Reporter ohne Grenzen Lage der Pressefreiheit hat sich 2023 verschlechtert

03. Mai 2024, 19:29 Uhr

Die Lage der Pressefreiheit hat sich 2023 laut Reportern ohne Grenzen weltweit verschlechtert. Es gibt immer mehr Gewalt gegenüber Journalisten, die über Wahlen berichten. Deutschlands Position im Ranking hat sich derweil leicht verbessert.

Die Lage der Pressefreiheit hat sich weltweit insbesondere im Umfeld von Wahlen weiter verschlechtert. In der jährlich veröffentlichten Rangliste, die die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) am Freitag zum Tag der Pressefreiheit veröffentlichte, wurden 36 Länder in der schlechtesten Kategorie eingestuft – so viele wie seit zehn Jahren nicht.

"Das zunehmende Ausmaß der Gewalt gegenüber Medienschaffenden, die über Wahlen berichten, ist eine erschreckende Entwicklung", erklärte RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. Diese Entwicklung sei vor allem mit Blick auf das Superwahljahr 2024 besorgniserregend. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist in diesem Jahr zur Stimmabgabe aufgerufen, unter anderem in den USA und in Indien.

Deutschland auf Platz 10

Deutschland rückte auf der Rangliste um elf Plätze nach oben auf Rang 10. Dies ist dem Bericht zufolge aber auch der Tatsache geschuldet, dass sich die Lage in vielen anderen Ländern verschlechtert habe. Die konkreten Verbesserungen hierzulande seien begrenzt gewesen. Auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) sieht in dem aktuellen Bericht der Reporter ohne Grenzen aus deutscher Sicht keinen Grund zum Aufatmen. "Der Pressefreiheit in Deutschland geht es alles andere als gut", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster.

"Zu oft werden Journalistinnen und Journalisten von den Feinden von Freiheit und Demokratie bedroht, auch bei uns", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Onlinedienst X. "Das ist nicht akzeptabel. Deshalb müssen wir uns für die Pressefreiheit einsetzen – überall", fügte er hinzu.

Sicherheit von Journalisten hierzulande verbessert

Eine konkrete Verbesserung stellte Reporter ohne Grenzen hierzulande nur in der Kategorie Sicherheit fest. Die Zahl der physischen Übergriffe auf Medienschaffende sei 2023 von 103 auf 41 zurückgegangen. Knapp die Hälfte davon hätte sich bei Kundgebungen von "Verschwörungstheoretikern oder extremen Rechten" ereignet, erklärte die Organisation.

Am häufigsten seien Übergriffe in Form von Tritten und Schlägen gewesen, auch mit Gegenständen wie Fackeln und Fahnenstangen, berichtet RSF. "Medienschaffenden wurde auch Ausrüstung entrissen, sie wurden zu Boden gerissen, mit Sand und Steinen beworfen oder mit Fäkalien beschmiert", heißt es in dem Bericht zur Lage in Deutschland. Einsatzkräfte seien oft nicht in der Lage, für die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten zu sorgen.

Medienschaffende machten sich mit Blick auf die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst 2024 Sorgen: "Sie rechnen mit einem aufgeheizten Klima und hoher Gewaltbereitschaft von rechtsextremen Gruppen", heißt es in dem Bericht.

MDR-Intendant Ralf Ludwig hob hervor: "Wenn Journalistinnen und Journalisten nicht frei arbeiten können, sondern eingeschüchtert, bedroht oder gar angegriffen werden, ist dies eine Gefahr für uns alle." Deshalb müsse die Presse- und Rundfunkfreiheit geschützt werden. "Das gilt sowohl weltweit, als auch bis zum Lokaljournalismus unmittelbar vor der eigenen Haustür."

Preis an alle palästinensischen Journalisten

Weltweit lagen wie in den Jahren zuvor die skandinavischen Länder beim Schutz der Pressefreiheit vorn. Norwegen kam zum achten Mal in Folge auf Platz eins, gefolgt von Dänemark und Schweden. Am unteren Ende der Tabelle stehen Afghanistan, Syrien und Eritrea. In Afghanistan seien erst in der vergangenen Woche drei Radiojournalisten festgenommen worden, weil sie Musik gespielt und Zuhörerinnen angerufen hätten. 

In Syrien sitzen nach RSF-Angaben Dutzende Medienschaffende in Foltergefängnissen. Ranglisten-Schlusslicht Eritrea sei eine "Informationswüste", in der der freie Informationsfluss "mit großer Härte und Brutalität" unterbunden werde.

Anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit verlieh die UN-Kulturorganisation Unesco einen Preis an alle palästinensischen Journalisten verliehen, die über den Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen berichten. Der Preis würdige "den Mut von Journalisten, die sich schwierigen und gefährlichen Umständen stellen", sagte Unesco-Generalsekretärin Audrey Azoulay.

Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) wurden seit Ausbruch des Krieges vor fast sieben Monaten mindestens 97 Journalisten und Medienmitarbeiter getötet, unter ihnen 92 Palästinenser.

AFP/dpa(jst)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. Mai 2024 | 11:00 Uhr

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