"Champions des Friedens" Friedensnobelpreis an osteuropäische Menschenrechtsaktivisten verliehen

10. Dezember 2022, 22:12 Uhr

In Oslo ist am Samstag der Friedensnobelpreis offiziell übergeben worden. Den Preis bekamen in diesem Jahr zwei Menschenrechtsorganisationen aus der Ukraine und aus Russland sowie der Menschenrechtsanwalt Bjaljazki aus Belarus. Dieser befindet sich momentan in Haft und wurde bei der Zeremonie von seiner Frau vertreten.

Der belarussische Menschenrechtsaktivist Ales Bjaljazki, die russische Menschenrechtsorganisation Memorial und das ukrainische Zentrum für bürgerliche Freiheiten sind am Samstagmittag in Oslo mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Berit Reiss-Andersen, Vorsitzende des Nobelkomitees, sprach bei den Preisträgern von "Champions des Friedens".

Matwijtschuk: Kein Frieden in der Ukraine durch Niederlegen der Waffen

Die Vorsitzende des ukrainischen Zentrums für bürgerliche Freiheiten, Olexandra Matwijtschuk, und der Chef der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Jan Ratschinski, nahmen die Auszeichnungen persönlich entgegen.

Matwijtschuk betonte: "Frieden, Fortschritt und Menschenrechte sind untrennbar miteinander verbunden." Ein Staat, der Journalisten töte, Aktivisten einsperre und friedliche Demonstrationen auflöse, sei eine Bedrohung für den Frieden in der ganzen Welt. "Die Menschen in der Ukraine wollen Frieden mehr als alles andere auf der Welt." Frieden könne aber nicht erreicht werden, indem ein angegriffenes Land seine Waffen niederlegt. "Das wäre nicht Frieden, sondern Besatzung."

Der Russe Jan Ratschinski erklärte, der Nobelpreis habe große symbolische Bedeutung für Memorial. Er unterstreiche, "dass staatliche Grenzen die Zivilgesellschaft nicht trennen können und sollten". Mit Blick auf den russischen Einmarsch in die Ukraine fragte Ratschinski aber auch, ob Memorial den Preis wirklich verdiene. Seine Organisation habe eine Menge versucht und mehr als ein bisschen erreicht: "Aber hat unsere Arbeit die Katastrophe vom 24. Februar verhindert?" Die norwegische Kronprinzessin Mette-Marit war während seiner Rede in Oslo den Tränen nahe.

Ehefrau von Bjaljazki: "Ganz Belarus" sitzt im Gefängnis

Der inhaftierte Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki aus Belarus wurde von seiner Frau Natalja Pintschuk vertreten. "In meinem Heimatland sitzt ganz Belarus in einem Gefängnis", sagte Pintschuk im Namen ihres Mannes. Abertausende Belarussen würden unterdrückt und zu Unrecht eingesperrt, Hunderttausende zudem in die Flucht getrieben, nur weil sie in einem demokratischen Staat leben wollten. Die Auszeichnung gebe allen Belarussen die Hoffnung, auf die Solidarität der demokratischen Welt zählen zu können. Man erkenne, "wie wichtig und riskant es ist, die Mission von Menschenrechtsverteidigern zu erfüllen, besonders in der tragischen Zeit der russischen Aggression gegen die Ukraine".

Die drei Gewinner waren bereits Anfang Oktober vom norwegischen Nobelkommittee bekannt gegeben worden. Die Jury würdigte mit der Auszeichnung ihre langjährige Arbeit, Machthabende zu kritisieren und wesentliche Bürgerrechte zu verteidigen. Sie hätten sich außerordentlich darum bemüht, Kriegsverbrechen, Verstöße gegen Menschenrechte und Missbrauch von Macht zu dokumentieren, hieß es.

Weitere Verleihungen in Stockholm

Später am Nachmittag verleiht der schwedische König Carl XVI. Gustaf in Stockholm die Nobelpreise für Literatur, Medizin, Chemie, Physik und Wirtschaft. Den Medizin-Nobelpreis nahm der schwedische Evolutionsforscher Svante Pääbo entgegen, der in Leipzig am Max-Planck-Institut forscht.

Die Nobelpreise gehen auf den Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Sie werden traditionell an dessen Todestag, dem 10. Dezember, überreicht – der Friedensnobelpreis als einziger in Oslo, alle anderen in Stockholm. Pro Kategorie ist die Auszeichnung in diesem Jahr mit einem Preisgeld von zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 920.000 Euro) verbunden.

dpa(amu,fef)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Dezember 2022 | 06:30 Uhr

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