Parlamentswahl am 29. Februar Slowakei: Nach Journalisten-Mord Rechtsruck bei Wahl erwartet
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29. Februar 2020, 20:51 Uhr
Die Ermordung des Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová vor zwei Jahren wirft ihre Schatten auf die anstehende Wahl in der Slowakei am 29. Februar. Die Verstrickung der Politik mit den Drahtziehern des Mordes gilt als ein Hauptthema im Wahlkampf. Die regierenden Sozialdemokraten von Smer-Ministerpräsident Peter Pellegrini schwächeln in Umfragen. Er gilt als Marionette seines umstrittenen Vorgängers Robert Fico. ARD-Korrespondent Danko Handrick erwartet einen Rechtsruck.
In der Slowakei sind die Menschen am Samstag aufgerufen, über eine neue Volksvertretung abzustimmen. Eine wichtige Richtungswahl, denn seit der Ermordung des Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová vor zwei Jahren kommt das Land nicht zur Ruhe. Immer wieder sind die Menschen auf die Straße gegangen, um "eine anständige Slowakei" zu fordern. Auch ARD-Korrespondent Danko Handrick sieht die Verstrickung der Regierung mit den Auftraggebern des Mordes als wichtigstes Thema im Wahlkampf.
Die entscheidende Frage, die sich die Wähler stellen, ist: Wer kann das Land aus der Korruption führen?
Sozialdemokraten fehlt der Koalitioanspartner
Laut Umfragen dürfte die Regierungskoalition ihre Mehrheit verlieren. Ein Regierungswechsel gilt als wahrscheinlich. Zwar werden die regierenden Sozialdemokraten von Smer-Ministerpräsident Peter Pellegrini vermutlich stärkste Kraft, doch fehlt ihnen wahrscheinlich ein Koalitionspartner. Das liberale Lager ist gespalten, blieben noch die Rechtspopulisten von O'LaNO – oder gar die rechtsextreme "Volkspartei – Unsere Slowakei" (L'SNS). Letztgenannte werden vermutlich zweit- und drittstärkste Kraft im Parlament.
Damit wird die Suche nach einem Mehrheitsbeschaffer für die Smer schwierig. Auch der Ruf von Pellegrini ist dabei nicht zuträglich. Er gilt vielen als Marionette seines Vorgängers Robert Fico, der als Gründer und Chef der Smer immer noch die Fäden zieht.
Liberale Kräfte zerstritten
Auch relativ neue Parteien stehen zur Wahl. Dazu zählt etwa die erst 2017 gegründete Partei "Fortschrittliche Slowakei" von Präsidentin Zuzana Čaputová. "Die liberalen Kräfte sind allerdings derart zerstritten, dass sie sich gegenseitig Konkurrenz machen", erklärt Handrick. Da könne es leicht passieren, dass einige den Einzug ins Parlament nicht schaffen, weil sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
Rechtsruck erwartet
ARD-Korrespondent Handrick sieht es als unwahrscheinlich an, dass die demokratische Opposition eine eigene Mehrheit erreicht. Selbst wenn, käme dabei nur eine instabile Regierung zustande. Er erwartet einen Rechtsruck: "Einerseits werden wohl die Mitte-Rechts-Parteien zulegen, etwa die konservativen Populisten von O'LaNO. Die sind ein möglicher Koalitionspartner für die Liberalen. Ob es für eine Regierungsmehrheit reicht, ist aber sehr fraglich."
Andererseits werden wohl auch die Neonazis, Ultranationalisten, Rassisten und Antidemokraten von der 'Volkspartei – Unsere Slowakei' dazugewinnen.
Rechtsextreme als Mehrheitsbeschaffer?
Handrick hält es für denkbar, dass die Sozialdemokraten eine Koalition mit den Rechtsextremen erwägen, sollte dies der einzige Weg zum Machterhalt sein. Dann könnte deren Parteichef, Marian Kotleba, zum Zünglein in der Waage werden. Er hat in den letzten anderthalb Jahrzehnten einen erstaunlichen Aufstieg geschafft, vom uniformierten Extremisten-Agitator hin zur Hoffnung der aufgebrachten Bürgerinnen und Bürger. Und das, ohne seine extremistischen Haltungen im Geringsten abzuschwächen. Im Wahlkampf versuchte Kotleba, mit einem sozial angereicherten Nationalismus zu punkten.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 28. Februar 2020 | 17:45 Uhr