Wahlhelfer entleeren eine Wahlurne.
Endergebnis der Parlamentswahl in Polen steht fest. Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire

Parlamentswahl Endergebnis: PiS stärkste Partei in Polen - Opposition hat Mehrheit

17. Oktober 2023, 14:05 Uhr

In Polen hat die Opposition die Parlamentsweahl gewonnen. Das gab die Wahlkommission in Warschau nach Auszählung aller Stimmen bekannt. Die bisherige nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) wurde stärkste Kraft, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Nun muss Präsident Andrzej Duda den Auftrag zur Regierungsbildung erteilten.

Bei der Parlamentswahl in Polen hat nach Auszählung aller Wahlkreise die Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) 35,38 Prozent der Stimmen erhalten. Das liberalkonservative Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO) von Oppositionsführer Donald Tusk erhielt 30,7 Prozent. Der Dritte Weg, ein Bündnis der Mitte, kam auf 14,4 Prozent, die Neue Linke auf 8,61 Prozent. Das Dreierbündnis kommt zusammen auf 248 der insgesamt 460 Sitze und damit eine Mehrheit der Mandate. Die rechtsextreme Konföderation brachte es auf 7,16 Prozent und 18 Sitze.

Die Wahl stieß auf ungewöhnlich großes Interesse: Die Wahlbeteiligung lag bei 74,38 Prozent – der höchste Wert seit dem Ende des Kommunismus 1989. Bei der letzten Parlamentswahl 2019 betrug sie 61,74 Prozent.

Wie es nun weitergeht

Der frühere EU-Ratspräsident Tusk kann den Zahlen zufolge eine Regierung aus Bürgerplattform, Drittem Weg und Neuer Linke schmieden. Der 66-Jährige hat damit gute Chancen, Ministerpräsident zu werden und Amtsinhaber Mateusz Morawiecki abzulösen. Die potenziellen Partner hatten zuletzt signalisiert, mit Gesprächen beginnen zu wollen, sobald das endgültige Ergebnis vorliege. Beobachter rechnen aber mit einem monatelangen Prozess.

Präsident Duda muss Auftrag zur Regierungsbildung erteilen

In einem nächsten Schritt muss nun Präsident Andrzej Duda einem Politiker den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Es ist in Polen politische Gepflogenheit, aber kein Muss, dass diesen Auftrag ein Vertreter des stärksten politischen Lagers bekommt. Duda, selbst aus dem PiS-Lager, könnte aber zunächst der PiS als stärkster Einzelpartei den Auftrag erteilen, eine neue Regierung zu formen. Das hatte er vor der mit Spannung erwarteten Wahl angekündigt. Experten rechnen allerdings damit, dass es für die PiS kaum möglich sein wird, genügend Partner für eine Mehrheit zu finden.

Das vorgeschlagene Kabinett muss dann vom Parlament bestätigt werden. Scheitert dies, weil keine Mehrheit zustande kommt, kann das Parlament mit seiner Mehrheit eine Regierung bilden.

Machtwechsel könnte außenpolitische Folgen haben

Ein Machtwechsel in Warschau könnte entscheidende Veränderungen in der polnischen Außenpolitik bringen. Die PiS liegt im Dauerstreit mit Brüssel und verärgerte auch die deutsche Bundesregierung mit Forderungen nach Weltkriegsreparationen.

Oppositionsführer Tusk erklärte, das Wahlergebnis bedeute das "Ende der Herrschaft der PiS", die seit acht Jahren die Regierung in Warschau anführt. "Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen, wir haben sie von der Macht vertrieben."

Volksabstimmungen zu Asylkompromiss und Rentenbeginn

Am Sonntag waren knapp 30 Millionen Menschen aufgerufen, beide Kammern des Parlaments, den Sejm und den Senat, neu zu wählen. Außerdem sollten die polnischen Wähler in einem Referendum über vier Fragen abstimmen. Dabei ging es um den EU-Asylkompromiss sowie die verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen, die Privatisierung staatlicher Unternehmen, die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters und die Befestigung an der Grenze zu Belarus.

Nach Angaben der staatlichen Wahlkommission nahmen an den Referenden weniger als die erforderlichen 50 Prozent der Stimmberechtigten teil. Die Beteiligung lag bei knapp 41 Prozent. Damit ist das Ergebnis rechtlich und politisch nicht bindend.

AFP, dpa, Reuters (lmb,das)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 16. Oktober 2023 | 09:00 Uhr

Mehr Politik in Osteuropa

Mehr aus Osteuropa

Nachrichten

Soldaten der 24. Mechanisierten Brigade installieren Panzerabwehrminen und nicht explosive Hindernisse entlang der Frontlinie in der Nähe der Stadt Chasiv Yar. mit Audio
Soldaten der 24. Mechanisierten Brigade installieren Panzerabwehrminen und nicht explosive Hindernisse entlang der Frontlinie in der Nähe der Stadt Chasiv Yar. Bildrechte: picture alliance/dpa/Ukrainian 24th Mechanised Brigade via AP | Oleg Petrasiuk