Windräder im Gegenlicht.
Ein Windpark im thüringschen Bad Langensalza – um den Vorgaben der Bundesregierung gerecht zu werden, braucht es noch viel mehr davon im Freistaat. Bildrechte: IMAGO / Jacob Schröter

Energiewende in Thüringen Kommunen sollen Geld aus Windkraft erhalten – ein Interessenkonflikt?

05. Juni 2024, 06:43 Uhr

Um den Ausbau der Windenergie in Thüringen zu fördern, will die Landesregierung Kommunen direkt an den Gewinnen aus der Windkraft beteiligen. MDR-AKTUELL-Hörer Markus Krex hat dazu folgende Frage: "Wird da nicht der Bock zum Gärtner gemacht, wenn die Kommune sowohl für die Genehmigung von Windrädern zuständig ist und gleichzeitig von den Einnahmen profitiert, wie ernst wird sie dann die Sorgen der direkten Anwohner nehmen?"

Jan Bräuer
Bildrechte: MDR/Jan Bräuer

Thüringen steckt beim Ausbau der Windkraft in einer Zwickmühle. Einerseits sind da die Ausbau-Vorgaben des Bundes. Bis Ende 2032 soll auf 2,2 Prozent der Landesfläche Wind in Energie umgewandelt werden. Ertrag: mindestens 5.000 Megawatt.

Beteiligung an Gewinnen aus Windkrafträdern für mehr Akzeptanz

Andererseits ist der Ist-Zustand weit weg von den Plänen. Ist – das sind 870 Anlagen mit 1.700 Megawatt auf einer Fläche von 0,4 Prozent. Um die Berliner Vorgaben zu erreichen, müssten Windkraftanlagen im Wald errichtet werden, denn Wald wächst in Thüringen auf einem Drittel der Landesfläche. Nur war das bislang verboten. Mittlerweile ist der Aufbau mit Einschränkungen möglich, falls die Menschen in unmittelbarer Nähe nichts dagegen haben. Was zu einem weiteren Problem führt – denn etwa zwei Drittel der Thüringer betrachten Windkraftanlagen mit einer gehörigen Portion Skepsis.

Diesen Wert abbauen – dabei helfen soll das Windkraftbeteiligungsgesetz, hofft Umweltminister Bernhard Stengele (Grüne): "Es ist ganz klar: Bei jeder Art von Industrieanlage, und das ist eine Windkraftanlage eben auch, ist wichtig, dass Wertschöpfung vor Ort bleibt. Dann ist die Akzeptanz hoch, wenn die Windkraftanlage den Kindergarten finanziert oder das Schwimmbad finanziert, also beiträgt zum kommunalen Geschehen, wird die Akzeptanz mit Sicherheit höher sein. Das zeigen die Erfahrungen in den anderen Bundesländern."

Der Minister nennt ein Beispiel: Eine Kommune, in deren Umfeld 30 Windkraft-Anlagen Strom erzeugen, könnte dadurch bis zu eine Million Euro zusätzlich pro Jahr einnehmen. Wobei Kommunen nur an neuen Anlagen beteiligt werden sollen.

Genehmigung nicht Aufgabe der Kommunen

Was Bernhard Stengele nicht teilt, ist die Sorge unseres Hörers Markus Krex, Städte und Gemeinden könnten angesichts dieser in Aussicht gestellten Zusatzeinnahmen einen Wildwuchs von Windrädern auf eigenem Boden genehmigen und so den Bock zum Gärtner machen. "Die Kommunen genehmigen keine Windkraftanlagen. Die regionale Planungsgemeinschaft weißt die Flächen aus und genehmigen tut es dann die untere Naturschutzbehörde. Insofern ist da kein Bock, es sind nur Gärtner unterwegs", sagt der Minister.

In den Planungsgemeinschaften – vier gibt es in Thüringen – sitzen Bürgermeister und Landräte. Sie weisen Vorranggebiete aus, die geeignet erscheinen für den Bau von Windrädern. Eine Maßgabe: Anlagen bis einschließlich 150 Meter Gesamthöhe müssen mindestens 750 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt sein, über 150 Meter muss es ein Kilometer sein. Für den Wald gilt: Windräder nur bei Ausgleichs-Pflanzungen und nicht auf landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Gesetz steht noch auf der Kippe

Hinzu kommt: Das Windkraftbeteiligungsgesetz hat den Thüringer Landtag bislang nicht passiert. Auf der Tagesordnung der Sitzungswoche, die heute beginnt, steht es unter Punkt 55. Allerdings haben Linke, SPD und Grüne keine Mehrheit im Parlament, brauchen vier Stimmen der Opposition. Und das könnte schwierig werden. Die AfD lehnt ab, während die Liberalen Windkraft skeptisch sehen.

FDP-Chef Thomas Kemmerich würde lieber erst einmal in Speichertechnik investieren: "Wir können diesen Flatterstrom nicht ausreichend nutzen, deshalb macht ein weiterer Ausbau von Windkraft und Photovoltaik nur dann Sinn, wenn sie ortsnah und zeitnah auch verbraucht werden kann. Deshalb halte ich das Windkraftbeteiligungsgesetz tatsächlich für ein Kaufen von Zustimmung für ein Fortsetzen einer an dieser Stelle unsinnigen Energiewende."

Bliebe noch die CDU als Mehrheitsbeschaffer. Dort allerdings ringt man derzeit hinter verschlossenen Türen um eine einheitliche Meinung. Nach draußen gedrungen ist bislang nur der vage Hinweis: Die Tendenz geht Richtung Ablehnung. Damit würde das Windkraftbeteiligungsgesetz in Thüringen bereits vor dem Aus stehen, denn ist es bis August nicht beschlossen, greift mit dem Ende der Legislatur das Prinzip der Diskontinuität und Gesetzesentwürfe wandern in den Papierkorb.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 05. Juni 2024 | 06:22 Uhr

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