Finanzen Wie steht es um den Schuldenabbau im ewig klammen Suhl?
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04. Januar 2024, 16:34 Uhr
Seit Jahren kann Suhl keinen ausgeglichenen Haushalt vorweisen. Doch so langsam kämpft sich die Stadt aus den Schulden. Wie sieht der Kassensturz zu Beginn des neuen Jahres aus und was bedeutet er für die Einwohner?
Das Bild, das der Suhler Finanzdezernent Erik Reigl mitgebracht hat, ist ein kleiner Hingucker. Es zeigt auf der linken Seite hohe Balken, die nach rechts immer weiter schrumpfen, bis sie nur noch kurze Stummel sind. Das Diagramm stellt Suhls Schuldenabbau innerhalb der vergangenen fünfzehn Jahre dar.
Hinter der Grafik stecken jahrelange Anstrengungen: "Und viele auch schmerzhafte Diskussionen", sagt Erik Reigl, der seit 1988 in der Verwaltung beschäftigt ist.
Mit über 70 Millionen Euro Schulden gestartet
Suhl ist seit 2008 in der sogenannten Haushaltssicherung. Damals klaffte in der Stadtkasse ein Loch von über 50 Millionen Euro. 2009 stiegen die Schulden dann sogar auf über 70 Millionen, weil die Stadt Verbindlichkeiten der städtischen Wohnungsgesellschaft übernehmen musste.
Mit Beginn des Jahres 2024 beträgt das Minus noch rund 5,7 Millionen Euro. Um an diesen Punkt zu kommen, musste die Verwaltung kontinuierlich sparen - und die politisch Verantwortlichen mussten Vorhaben priorisieren.
Woher kamen die ganzen Schulden?
Der Grund für die finanzielle Schieflage von Suhl ist laut Reigl in den historischen und demografischen Veränderungen zu finden. Die Bevölkerungszahl in Suhl ist seit der Wende rückläufig. Heute hat die Stadt noch knapp 35.000 Einwohner. Gleichzeitig besitzt sie immer noch eine Infrastruktur, die auf fast 60.000 Menschen ausgelegt ist. Diese zu unterhalten kostet entsprechend viel Geld, das im Widerspruch zu den gesunkenen Einnahmen steht.
Die Verwaltung arbeitet derzeit an einem umfassenden Entwicklungskonzept, wie die Stadt auf die neuen Bedarfe angepasst werden kann. Dazu gehört auch der Umbau von Suhl-Nord.
Bevölkerungsentwicklung in Suhl
Das Landesamt für Statistik hat Anfang Januar eine neue Berechnung zur Bevölkerungsentwicklung in Thüringen vorgelegt. Demnach wird die Zahl der Einwohner bis 2042 um 180.000 auf 1,9 Millionen sinken. Den stärksten Bevölkerungsschwund muss dabei die Stadt Suhl verkraften: Die Einwohnerzahl geht den Berechnungen zufolge von derzeit 36.000 auf rund 26.000 zurück.
Die Stadt beklagt aber auch eine zu geringe Finanzausstattung durch das Land. Das Argument lautet: Suhl unterhalte aus eigener Kasse Einrichtungen, die eigentlich der ganzen Region dienen. Finanzdezernent Reigl nennt hier das Waffenmuseum, das Schießsportzentrum, den Tierpark und das Congress Centrum Suhl - kurz CCS. Das CCS sei für Suhl das, was für Meiningen das Staatstheater ist: "Aber während das Theater gefördert wird, bekommen wir keine Unterstützung", so Reigl.
Finanzdezernent Reigl: "Aus DDR-Zeiten aufgedrängte Aufgaben"
Er spricht von "aus DDR-Zeiten aufgedrängten Aufgaben", die zwar sinnvoll seien, aber vom Land bezuschusst werden müssten. Weil die Stadt Suhl die Situation als ungerecht empfindet, hat sie Klage gegen die aus ihrer Sicht zu geringe Bedarfszuweisung durch das Land beim Verwaltungsgericht eingereicht. Das Verfahren läuft noch.
Landverweist auf Millionen-Zuschüsse
Das Land entgegnet, die Stadt Suhl habe seit 2007 Bedarfszuweisungen zur Haushaltskonsolidierung in Höhe von rund 70 Millionen Euro erhalten. Damit sei die Entschuldung und Haushaltskonsolidierung maßgeblich unterstützt worden. Bei der Bemessung seien auch die höheren Ausgaben bei freiwilligen Leistungen berücksichtigt worden.
Zudem werden nach Angaben des Innenministeriums für Inneres und Kommunales die überörtlichen Funktionen der Stadt Suhl auch bei der Bemessung der Schlüsselzuweisungen einkalkuliert. So seien beispielsweise die Einwohner bei der Berechnung im Jahr 2023 mit rund 138 Prozent gewichtet. In Gemeinden unter 3.000 Einwohner werden die Einwohner dagegen nur mit 100 Prozent gewichtet.
Außerdem berücksichtigt der Freistaat nach eigenen Angaben bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen auch die besonderen demographischen Effekte. Bei Kommunen, deren Einwohnerzahlen sinken, setze er statt der aktuellen Einwohnerzahl den einen höheren Fünf-Jahres-Durchschnittswert der Einwohnerzahl an.
Finanzplan sagt Schuldenfreiheit in zwei Jahren voraus
Laut aktuellem Finanzplan soll das Minus in der Suhler Stadtkasse mit dem Jahreswechsel 2025/2026 nur noch 240.000 Euro betragen. Damit rücken das Ende der Haushaltskonsolidierung und die Perspektive auf wieder mehr finanzielle Freiheiten und Gestaltungsspielraum für die Stadt näher.
Denn von klammen Kommunen wie Suhl fordert das Gesetz, zunächst ihren Pflichtaufgaben nachzukommen. Dazu gehört zum Beispiel, gewisse Infrastruktur vorzuhalten, wie Schulen, Kindergärten oder Straßen. Nur was danach übrig bleibt, darf für sogenannte freiwillige Leistungen genutzt werden.
Wenn die Schuldentilgung wegfällt, setzt das im Suhler Haushalt laut dem Finanzdezernenten außerdem etwa 1,9 Millionen Euro jährlich frei. Geld, das dann ebenfalls für selbst gewählte Investitionen genutzt werden kann.
Einige Teuerungen kommen auch in diesem Jahr
Die Sparmaßnahmen während der Haushaltskonsolidierung bekommen die Menschen in Suhl natürlich direkt und indirekt zu spüren.
Mit dem Jahr 2024 steigt etwa der Hebesatz für die Grundsteuer. Auch die Hundesteuer wird angehoben. Weitere Rädchen, an denen die Stadt drehen kann, um Mehreinnahmen zu erzielen, betreffen unter anderem die Bereiche Waffenmuseum, Tierpark, Musikschule. Hier sei die Verwaltung dazu angehalten, regelmäßig zu prüfen, ob die Einnahmen angemessen sind. Wobei es nicht darum gehe, die tatsächlichen Kosten zu decken, so Reigl. "Das passiert bei Weitem nicht. Aber ein gewisser Kostendeckungsgrad muss erreicht werden."
Gleichzeitig auch Investitionen möglich
Gleichzeitig ist dem Finanzdezernenten wichtig zu sagen, dass durchaus auch investiert wird in der Stadt: "Suhl muss sich da nicht verstecken." Laut Reigl soll die Summe aller Investitionen zwischen 2023 bis 2026 etwa 51 Millionen Euro betragen.
Große Posten sind der Umbau und die Sanierung des Förderzentrums mit knapp 13 Millionen Euro, die Sanierung des Ottilienbads für knapp acht Millionen Euro und der Neubau am Sportpark in der Aue. Große Summen fließen außerdem in die Straßen und den Breitbandausbau. Diese Liste möchte der Finanzdezernent vor allem denen vorhalten, "die immer nur darüber reden, was alles nicht passiert".
MDR (ost)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 04. Januar 2024 | 18:40 Uhr
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