Tür am Landgericht Meiningen
Eingangstür am Landgericht Meiningen. Bildrechte: imago images/ari

Justiz Schleuserprozess gegen Chinesin: Staatsanwaltschaft will mehrere Anklagepunkte fallenlassen

21. April 2023, 20:37 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Gera will in einem Prozess gegen eine Geschäftsfrau aus China mehrere Anklagepunkte fallenlassen. Sie steht wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Einschleusens vor dem Landgericht Meiningen. Mit Scheinfirmen soll sie Landsleute geholfen haben eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu bekommen.

Im Prozess gegen eine Geschäftsfrau aus China wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern will die Staatsanwaltschaft eine Reihe von Anklagepunkten fallenlassen. Das kündigte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft am Freitag in dem Verfahren vor dem Landgericht Meiningen an. Sie will damit einer Empfehlung des Gerichts folgen, 13 der 26 angeklagten Fälle nicht weiter zu verhandeln. Das Gericht hatte zuvor darauf hingewiesen, dass es in den genannten Fällen keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein strafbares Handeln der Angeklagten sieht.

Frau seit Jahren in Deutschland

Die für Ermittlungen gegen organisierte Kriminalität zuständige Staatsanwaltschaft Gera wirft der 58-jährigen, seit Jahren in Deutschland lebenden Frau vor, Landsleuten beim Erschleichen von Aufenthaltserlaubnissen geholfen zu haben. Dafür soll sie in Bad Liebenstein Scheinfirmen für ihre Klienten gegründet haben, damit diese ein Visum zur Aufnahme einer geschäftlichen Tätigkeit beantragen könnten. Die Angeklagte weist diesen Vorwurf zurück.

Sie hatte im Jahr 2015 eine seit Jahren leerstehende Kurklinik in Bad Liebenstein erworben und dort mit Sanierungsarbeiten begonnen. Ihre Absicht sei es gewesen, interessierten Chinesen bei der Firmengründung in Deutschland zu helfen und ihre Büroräume in der ehemaligen Klinik zu vermieten.

Ihr Geschäftsmodell sei die Beratung und Unterstützung von ansiedlungswilligen Landsleuten gewesen, hatte die Angeklagte über ihre Anwältinnen bei einem früheren Verhandlungstag erklärt.

13 Fälle laut Richter nicht aufrechthaltbar

In dem Verfahren werden insgesamt 26 Fälle verhandelt. Der Vorsitzende Richter verwies am Freitag darauf, dass die Anklage in 13 dieser Fälle "mit Sicherheit nicht aufrechterhalten" werden könne. In diesen Fällen hätten die chinesischen Firmeninhaber entweder tatsächlich eine geschäftliche Tätigkeit aufgenommen oder eine entsprechende Absicht glaubhaft machen können. In anderen Fällen seien wiederum gar keine Visaanträge gestellt worden.

Zuvor hatte das Gericht am Freitag den Bürgermeister von Bad Liebenstein, Michael Brodführer (CDU) als Zeugen befragt. Dieser erklärte, die Stadt habe ein Interesse an der Wiederbelebung des seit 2002 leerstehenden Klinikgebäudes gehabt.

Die Angeklagte habe ihre Pläne im Stadtrat wie auch bei Einwohnerversammlungen erläutert. In der Stadt sei dies nach seinem Eindruck positiv aufgenommen worden, weil die Frau dazu beigetragen habe, das Klinikgebäude zu retten. Das Projekt sei auch vom Land Thüringen, insbesondere von der Landesentwicklungsgesellschaft LEG unterstützt worden.

Bürgermeister schreibt Einladungen an Chinesen

Brodführer betonte, er habe als Bürgermeister stets "verwaltungsrechtlich korrekt" gehandelt. Er habe auf Bitten der Angeklagten Einladungen an Chinesen geschrieben, damit diese nach Bad Liebenstein kommen und ihre Pläne vorstellen könnten. In zehn Fällen habe er auch erklärt, die jeweils geplanten wirtschaftlichen Aktivitäten wären im regionalen Interesse.

Brodführer sagte, die Ausländerbehörde des Landkreises habe die Kommune um Stellungnahmen gebeten, obwohl dies in den ausländerrechtlichen Verfahren für eine Aufenthaltserlaubnis nicht vorgeschrieben sei. Sein Engagement habe er als Beitrag zur Wirtschaftsförderung verstanden. Er habe auch keine Zweifel an den ernsthaften Absichten der Anklagten und ihrer Klienten zur wirtschaftlichen Betätigung in Thüringen gehabt.

Wegen der Einladungen an Chinesen zu Besuchen in Bad Liebenstein war gegen Brodführer sowie gegen den stellvertretenden Landrat des Wartburgkreises, Udo Schilling (CDU) von der Staatsanwaltschaft Gera Anklage wegen Beihilfe zur gewerblichen Einschleusung erhoben worden. Diese Verfahren wurden im Oktober 2022 gegen Zahlung von Geldauflagen nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung eingestellt.

Das Verfahren gegen die Geschäftsfrau wird am 5. Mai fortgesetzt.

MDR (dr/jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 21. April 2023 | 21:00 Uhr

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