Kreis Hildburghausen Zweite Chance: Wie erfolgreich der Gib-und-Nimm-Kiosk in Streufdorf ist
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06. Januar 2025, 08:28 Uhr
Wer in Streufdorf Brauchbares übrig hat, kann es anderen zur Verfügung stellen. Und wer etwas braucht, kann es sich dort einfach nehmen. Seit dem Sommer gibt es in dem Dorf im Kreis Hildburghausen einen Gib-und-Nimm-Kiosk - mit erstaunlichem Erfolg.
"Mit einer Mikrowelle hat alles angefangen", erinnert sich Dorfkümmerer Daniel Petschar. Petschar stammt aus Nürnberg und ist der Liebe wegen ins Dorf gekommen. Über Langeweile kann der Familienvater eigentlich nicht klagen. Zu Jahresbeginn hat er auch noch einen neuen Job angetreten.
Ich wollte einfach nicht, dass unserer Gemeinde 7.500 Euro Fördergeld im Jahr durch die Lappen gehen.
Trotzdem ist Petschar mit Leib und Seele Dorfkümmerer. "Ich wollte einfach nicht, dass unserer Gemeinde 7.500 Euro Fördergeld im Jahr durch die Lappen gehen", sagt er. Monatelang habe niemand auf die Ausschreibung reagiert. "Dann habe ich mir halt einen Ruck gegeben."
Hilfe beim Bau der Hütte gab's aus dem Dorf
Auf die Idee für das Tauschhüttchen hat ihn seine Frau gebracht. Sie hatte in der Zeitung einen Bericht über solch eine Hütte in Norddeutschland gelesen und ihrem Mann begeistert davon erzählt. Was im Norden geht, funktioniert auch in Streufdorf, war Petschar überzeugt.
An einem besonders heißen Samstag im Sommer ist es gewesen, als Daniel Petschar und ein freiwilliger Helfer aus dem Dorf den Kiosk aufgebaut haben. Das Holz dafür hatte zuvor der Baumarkt in Hildburghausen spendiert. Das Grundstück direkt an der Landmetzgerei stellt die Agrar-GmbH kostenfrei zur Verfügung. Beim Dach half ein Dachdecker aus der Nähe.
Wenig später zog die Mikrowelle ein und fand recht schnell einen neuen Besitzer. "Ich habe die Mikrowelle vorher natürlich genau geprüft, ob sie auch funktioniert. Ich will nicht, dass hier irgendwelcher Schrott landet." Jeden Tag schaut Petschar in der Hütte vorbei. Besonders gut gehen Spielzeug und Kindersachen.
Mitbringen, was man nicht mehr braucht
Sogar Spiele für Spielkonsolen habe schon mal jemand abgegeben. Aber auch Fahrräder, Motorsägen, Flachbildschirme, Teichpumpen und sogar original verpackte Schränke und Tische seien schon abgegeben worden. Wer etwas gebrauchen kann, darf es sich einfach nehmen. Auch ohne etwas geben zu müssen. "Du kannst was bringen, was du nicht mehr brauchst, du kannst dir aber auch einfach was nehmen, wenn du etwas brauchst. Wie du möchtest", erklärt der Dorfkümmerer das Prinzip.
Verboten allerdings ist, dass die Sachen später irgendwo anders verkauft werden. "Da wäre ich echt sauer - Geld soll damit nicht verdient werden." Ein paar Tassen waren die erste Beute von Sindy Volkmar. "Die habe ich mir mitgenommen und mit meinen Kindern Vogelhäuschen draus gebastelt", berichtet sie stolz.
"Ich finde das voll klasse, was Daniel hier auf die Beine gestellt hat." Auch in Sachen Nachhaltigkeit. "Ich denke mal, es kennt jeder von sich selbst. Man hat so viele Sachen zu Hause, teilweise originalverpackt, nie genutzt, irgendwann mal gekauft. Kinderfahrräder, die noch voll funktionsfähig sind. Aber man verkauft sie nicht, die stehen in der Garage. Und hier im Kiosk bekommen die ein zweites Leben."
Die Tür zum Hüttchen steht immer offen
Als ob sie bestellt worden wäre, kommt Manuela Morgenstern mit zwei großen Papiertüten vorbei. Darin jede Menge Spielzeug für Kleinkinder. Ein Holzpuzzle und ein Kinderbuch fallen mir ins Auge. "Meine Enkel sind rausgewachsen und zum Wegwerfen ist mir das einfach zu schade. Ich fände es schön, wenn die Sachen in gute Hände kämen", so Morgenstern. Ich greife zu und sichere mir Puzzle und Bilderbuch.
"Meine Enkeltochter ist gerade genau in dem Alter", sage ich ein wenig peinlich berührt. "Aber genau so ist es doch gedacht", wirft Petschar ein, "wer es gebrauchen kann, solle es haben." Auch Manuela Morgenstern lächelt. Ich entspanne mich wieder. Der Gib-und-Nimm-Kiosk macht irgendwie allen Freude. Seine Tür ist rund um die Uhr geöffnet. Damit kein Unsinn getrieben oder Müll abgeladen wird, überwacht vorsichtshalber eine Videokamera den Eingang.
MDR (bee/thk)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Nachmittag | 05. Januar 2025 | 15:15 Uhr
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