Einbruchstelle nahe des Ufers Nach tödlichem Unglück von Geschwisterpaar: Polizei beendet Ermittlungen
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03. Februar 2023, 06:21 Uhr
Eine 22-jährige Frau und ihr 13-jähriger Bruder waren Ende Januar tot in einem Stausee bei Westhausen in Südthüringen gefunden worden. Die Ermittlungen der Polizei sind nun abgeschlossen.
Ein Geschwisterpaar ist Ende Januar auf einem nur leicht überfrorenen Stausee in Südthüringen offensichtlich eingebrochen und ums Leben gekommen. Die 22-Jährige und ihr 13 Jahre alter Bruder wurden tot von Tauchern aus dem Wasser geborgen. Die Polizei hat nun ihre Untersuchungen dazu beendet und geht von einem Unglück aus.
Polizeisprecherin Vivien Glagau sagte, der Wasserspeicher bei Westhausen im Kreis Hildburghausen sei nur mit einer dünnen Eisschicht bedeckt gewesen. Es habe eine Einbruchstelle gegeben. "Sie lag nur unweit vom Ufer entfernt."
Nach Angaben der Polizei war die Eisschicht auf dem See nahe des 600-Einwohner-Dorfes Westhausen nur etwa zwei bis drei Zentimeter dick. Das sei zu wenig, um die Last von zwei Menschen zu tragen. Wann und wieso die beiden auf den See liefen, ist offen. "Ob sie Eis schlittern wollten - wir wissen es nicht", sagte Glagau.
Ob sie Eis schlittern wollten - wir wissen es nicht.
Eltern suchen zunächst noch selbst nach Kindern
Nach Schilderung der Polizei waren die beiden am Freitag mit dem Auto unterwegs gewesen. Demnach waren sie gegen 16 Uhr zum letzten Mal gesehen worden. Als die junge Frau und ihr Bruder nicht ans Telefon gingen, machten sich die besorgten Eltern zunächst selbst auf die Suche nach ihren Kindern. Kurz vor Mitternacht alarmierten sie dann die Polizei: Am Stausee hatten sie das Auto ihrer Tochter entdeckt.
Polizei geht von Unglücksfall aus
Daraufhin suchten Polizei, Feuerwehr und Wasserwacht mit einem Großaufgebot nach den Geschwistern. Auch ein Polizeihund war im Einsatz. Nach bangen Nachtstunden bargen Taucher schließlich am Samstagmorgen gegen 8:30 Uhr die Frau und den Jungen aus dem kalten Wasser - beide leblos.
Nach ihren Ermittlungen geht die Polizei von einem Unglücksfall aus. Es gebe keine Anzeichen für ein Fremdverschulden, sagte ein Polizeisprecherin. Die Kripo Suhl hatte die Ermittlungen zum Unglück Anfang Februar abgeschlossen.
Für die Retter war das kein leichter Einsatz in dem sehr kalten See: Die Einsatzkräfte hätten auch Schwierigkeiten gehabt, ins Wasser zu kommen. Sie seien auf der Eisdecke eingebrochen sind und mussten sich dann wieder durchbrechen mussten, hieß es von der Wasserwacht Coburg gegenüber dem Onlineportal Thüringen24.de. Der Einsatzleiter der Wasserwacht warnte eindringlich davor, Eis bei Temperaturen um null Grad zu betreten.
Die Eltern konnten zunächst noch nicht ausführlich befragt werden. Sie wurden von einem Kriseninterventionsteam betreut. Die Familie kommt nach Polizeiangaben aus dem Kreis Hildburghausen.
Unglücke auf zugefrorenen Gewässern
- Auf zugefrorenen Gewässern ereignen sich trotz Warnungen vor dem Betreten immer wieder Unglücksfälle.
- So starb etwa im Winter 2021 ein achtjähriger Junge, nachdem er auf einem zugefrorenen See in Hessen eingebrochen war.
- In Niedersachsen kam ebenfalls 2021 ein Rentner bei dem Versuch ums Leben, seinen Hund vom Eis zu holen.
Schwarzes Eis gefährlicher als weißes Eis
Eis ist nicht gleich Eis. Darauf macht auch ein internationales Forscherteam aufmerksam, das mit zunehmend instabilen Eisflächen auf Seen im Zuge des Klimawandels rechnet. Dabei geht es um sogenanntes weißes Eis - im Gegensatz zu dem in der Regel tragfähigeren schwarzen Eis. Dieses instabile Eis entsteht zum Beispiel, wenn die Wasseroberfläche wiederholt gefriert, antaut und wieder gefriert. Für die Studie unter Leitung der schwedischen Universität Uppsala wurden im Winter 2020/21 wiederholt Proben von Eisschichten von 31 Seen in 10 Ländern auf der Nordhalbkugel genommen und analysiert.
Wärmere Winter erhöhen Gefahr
Das häufigere Vorkommen von weißem Eis hängt laut der Studie damit zusammen, dass die Temperaturen mittlerweile im Winter öfter tagsüber über null Grad steigen und Kälteperioden nicht mehr so lange dauern wie früher. Die Erkenntnisse sollten Anlass geben, die Regeln für das Betreten von Eisflächen zu überdenken, so die Forscher. Als Faustregel schlugen sie vor, die bisherigen Richtwerte für die für ein Betreten nötige Eisdicke zu verdoppeln.
Eine Warnung vor Lebensgefahr beim Betreten von Eisflächen hat die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) bereits zu Winterbeginn ausgesprochen. "Das Eis braucht Zeit, um tragfähig zu sein. Auf stehenden Gewässern sollte es mindestens 15 Zentimeter, auf Bächen und Flüssen sogar 20 Zentimeter dick sein", rät der Rettungsdienst.
MDR mw/kah/co (dpa)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 28. Januar 2023 | 10:00 Uhr