Der Redakteur | 17.09.2024 Ist der Biber auch in Thüringen heimisch?
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17. September 2024, 21:04 Uhr
Rund 400 Jahre Abwesenheit sind Geschichte. Der Landschaftsgestalter unter den Nagetieren ist wieder da und hat mit dem naturnahen Rückbau unserer Flüsse begonnen. Und wir sollten ihn dabei unterstützen. Er ist nicht umsonst streng geschützt.
Der Biber fällt Bäume! Das kann doch nicht gut sein? - Das ist es auch nicht immer, aber Biber-Experte Marcus Orlamünder (NABU), räumt zunächst mit dem Vorurteil auf, dass der Baum nur zum banalen Baumaterial wird. Der Biber will vielmehr an die dünnen Zweige ran, denn die sind seine Winternahrung. Grünzeug ist ja nicht mehr viel da. Dass er sich im Winter nicht schlafen legt, hat etwas mit seinem Lebenswandel zu tun. Er muss nämlich ständig aufpassen, dass ihm seine Höhle nicht absäuft.
Wassertier oder Landtier?
Der Biber lebt zwischen den Welten. Er kann bis zu 20 Minuten tauchen. Er baut unter Wasser und darüber. Er gräbt, schwimmt und flechtet, aber klettern kann er nicht. Baumstämme bis zu einem Meter Durchmesser kann er mit seinen Zähnen durchnagen. Deswegen müssen manchmal auch gestandene Eichen, mit Drahtgeflecht und speziellen Anstrichen vor ihm geschützt werden. Dass er überhaupt so aktiv ist, liegt daran, dass der Eingang zu seinem Bau unter Wasser liegt. Der Sinn dahinter: Seine Feinde müssten da schon durchtauchen, um reinzukommen. Nun hat er bei relativ flachen Gewässern und kleinen Bächen das Problem, dass der Wasserspiegel zu gering ist. Achtzig Zentimeter bis einen Meter Wasserhöhe braucht er. Fällt der Wasserstand darunter, würde seine Haustür offenstehen und das gilt es zu vermeiden. Deshalb dreht er das ganz große Rad und baut einfach einen Staudamm.
Biberwissen: Wie baue ich einen Staudamm?
Wer schon einmal versucht hat, ein kleines Bächlein anzustauen, dürfte nicht sonderlich erfolgreich gewesen zu sein. Der Biber hat zwar keine Ahnung von Physik, nutzt sie aber besser als wir. Los geht es mit kleinen Stöckchen, die er in den Bachgrund steckt. Mit Hilfe von Steinen wird das Ganze befestigt. Alles, was noch so angeschwemmt wird, sammelt sich schon mal an den Rechen. Er ist sogar in der Lage, hier mit Zweigen ein Flechtwerk herzustellen. Dann wird Schlamm dagegen geschoben und wenn die Höhe nicht ausreicht, kommt eben die nächste Schicht darauf. In der Schweiz hat man drei Meter hohe Biberdämme gemessen. Auch hundert Meter Länge sind kein Thema. Und wenn am Ende ein Teich entsteht, wird das seitliche Ablaufen des Wassers ebenfalls mit einem kleinen Damm verhindert. So entstehen Lebensräume für Insekten und Wassertiere, die es so nicht gegeben hätte.
Bibelmeisel und Stahlzähne
Mit seinen "Händen", die unseren ähneln, kann er recht geschickt graben und arbeiten. Er hat auch noch Schwimmhäute an den Hinterbeinen und auffallend große Nagezähne. Rasiermesserscharf können diese sein. Mit bis zu 120 kg/cm² kann er diese auch sehr kräftig zum Einsatz bringen und wenn sie sich dabei abnutzen, ist es nicht weiter schlimm. Sie wachsen ein Leben lang nach. Vorne haben die Biberzähne Eiseneinlagerungen, hinten aber nicht. Im Ergebnis nutzen sie sich dadurch unterschiedlich ab, wodurch eine Meißelform entsteht. Diese Meißel schärft er mit den unteren Zähnen selbst nach. Und damit ist das Wunder der Natur immer noch nicht abschließend beschrieben. Der Biber ist in der Lage, auch unter Wasser zu arbeiten, ohne, dass ihm alles in den Rachen läuft.
Er kann die Wangen zusammenziehen und den Mund verschließen beim Nagen unter Wasser, um keine Späne oder Wasser in den Rachen zu bekommen.
Wie soll der Biber nun nützlich sein?
Wir haben ein Problem mit den Wetterextremen. Entweder ist es zu trocken oder es kommt viel zu viel Wasser die Bäche runter. Mit seinen Bauten staut der Biber kleine Bäche an, bis hin zu den besagten Biberteichen. Dadurch steigt der Grundwasserspiegel in der Umgebung, was der Landwirtschaft sehr entgegen kommt. Auf der anderen Seite können Biber-Dämme Hochwasserwellen abbremsen und dafür sorgen, dass kleine Flüsse in die Breite gehen, wenn zu viel Wasser im System ist. Das heißt: Es kommt weniger Wasser in den großen Flüssen an. Mit diesem Wissen und vernünftigen Bibermanagement entstehen erst gar keine Konflikte. Denn 90 Prozent der Biberaktivitäten finden im 10-Meter-Uferbereich statt. Der Flussradweg, der ein paar Meter weiter entfernt verläuft, ist nicht gefährdet, unterhöhlt zu werden.
Wenn dieser Uferbereich naturnah extensiv bewirtschaftet werden würde, hätten wir fast keinen Konflikt mit dem Biber.
Nun ist der Biber aber eben 400 Jahre lang nicht bei uns gewesen und wir sind schon fertig mit der Landschaftsgestaltung. Deshalb gibt es Situationen wie aktuell am Leinakanal bei Gotha, wo wir eingreifen müssen und dem Biber auch mal einen Platzverweis erteilen. Nämlich dann, wenn er Bäume und Deiche gefährdet. In den verblieben natürlichen Wasserläufen, die wir ja auch wieder schaffen wollen, kann der Biber aber keinen Schaden anrichten und auch für uns und unser Wassermanagement eine echte Hilfe sein.
MDR (thk)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 17. September 2024 | 16:40 Uhr
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