Schockanruf ausgebremst Taxifahrer bewahrt Rentnerin vor Trickbetrügern

13. März 2023, 12:54 Uhr

Einem aufmerksamen Taxifahrer ist es zu verdanken, dass eine Seniorin im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt nicht auf einen Schockanruf hereingefallen ist und 18.000 Euro verloren hat. "Kripo live" hat am Sonntag über den Fall berichtet und will damit erneut vor der Betrugsmasche warnen, mit der es die Kriminellen vor allem auf ältere Menschen abgesehen haben.

Vermeintliche Verkehrspolizisten erklären, Sohn sei in tödlichen Unfall verwickelt

Trickbetrüger haben mit der Schockanruf-Masche versucht, einen fünfstelligen Betrag von einer 71-Jährigen aus Ammelstädt zu ergaunern. Vermeintliche Verkehrspolizisten hatten sie telefonisch darüber informiert, dass ihr Sohn einen Verkehrsunfall mit Todesfolge verursacht habe. "Nun sei er wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und müsste für 18 Jahre ins Gefängnis – es sei denn, ich überweise 18.000 Euro oder ich gebe ihnen mein Gold oder wertvollen Schmuck", erinnert sich die Seniorin an das Gespräch. Unter Schock wollte sie das Geld besorgen und zahlen, wie "Kripo live" am Sonntag über den Vorfall vom 20. Januar berichtete. Die Frau will andere warnen, aber anonym bleiben.

Taxifahrer bemerkt schlechte Verfassung des betagten Fahrgastes

Die 71-Jährige rief ein Taxi, um zur in Rudolstadt gelegenen Bank zu fahren und die geforderte Summe abzuheben. Am Steuer saß Michael Urban, der die alte Dame bereits als Fahrgast kannte. "Das ist eine Stammkundin von uns, sie fährt regelmäßig mit uns", sagt er. Sonst würde sie Fahrten allerdings immer mit etwas Vorlauf ankündigen, die Tour zur Bank habe sie spontan bestellt.

Völlig aufgelöst habe sie sich in das Taxi gesetzt. "Sie war schon unter Tränen eingestiegen", sagt Michael Urban. Der aufmerksame Taxifahrer fragte sie daraufhin, was sie bedrücke. Im Auto berichtete die 71-Jährige dem Taxifahrer von dem Anruf der vermeintlichen Verkehrspolizisten und deren Geldforderungen.

71-Jährige ruft Sohn an, Betrug entlarvt

Bei Michael Urban schrillten die Alarmglocken, zum Thema Schockanruf habe es kürzlich einen Bericht verfolgt: "Ich hatte das schon im Radio vorher gehört, dass Betrüger unterwegs sind". Er überzeugte die Seniorin, nicht zur Bank zu fahren und die 18.000 Euro abzuheben – sondern direkt mit ihrem Sohn zu sprechen. So stellte sich schnell heraus, dass das beherzte Eingreifen von Michael Urban sie davor bewahrt hat, Kriminellen ihr Erspartes zu übergeben.

Masche: Opfer im psychischen Ausnahmezustand – auch Experte betroffen

Ein Schockanruf ist ein abgewandelter Enkeltrick. Ihre potenziellen Opfer suchen sich die Täter über Telefonverzeichnisse – bevorzugt werden Personen mit "alt" klingenden Vornamen. Am Telefon geben sich die Betrüger als Tochter, Sohn, Polizist, Staatsanwalt oder Richter aus. Sie versetzen ihre Opfer durch eine für sie dramatische Nachricht in einen psychischen Ausnahmezustand. Die Botschaft: Angehörige bräuchten dringend Hilfe, so könnten schlimme Folgen abgewendet werden. Kleine Fehler zu Personennamen oder Ortsangaben fallen in den erfunden Geschichten durch den emotionalen Druck dann auch nicht mehr so schnell auf.

Auch der bekannte Kriminologe Christian Pfeiffer ist Opfer eines Schockanrufes geworden. Bei ihm war es die Tochter, die angeblich ein Kind angefahren habe, welches gestorben sei. Gegen eine Kaution könne sie aus der Haft entlassen werden. "Man ist überwältigt von dieser Angst", erklärte er im Interview mit MDR AKTUELL. "Ich bin erfahrener Kriminologe. Es hat aber nichts genutzt. Meine Vernunft, mein fachliches Wissen, hat sich ausgeschaltet." Sein Glück: Nachdem die Verbindung zu den vermeintlichen Verkehrspolizisten abgebrochen war, rief er direkt bei der Polizei an. Dort wusste man von nichts. Da bemerkte der ehemalige Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, dass er Betrügern fast auf den Leim gegangen war.

Tipps der Polizei: Was mache ich bei einem Schockanruf?

  • Beenden Sie unverzüglich das Gespräch.
  • Kontaktieren Sie Angehörige oder die Polizei.
  • Reale Polizeibeamte stellen keine Geldforderungen.
  • Übergeben/Überweisen Sie kein Geld.
  • Machen Sie keine Angaben zu Bankdaten.
  • Geben Sie keine persönlichen Informationen preis.

(Quelle: Landespolizeiinspektion Saalfeld)

Die zumeist bandenmäßig organisierten Täter zu ermitteln, ist schwierig. Die Telefonate erfolgen in der Regel aus Callcentern aus dem Ausland. Für Überweisungen eingerichtete Konten werden unter falschen Namen eröffnet und schnell wieder geschlossen. Vor Ort greifbar sind lediglich die Geldabholer, wenn sie erwischt werden. Wenn die Angerufenen bereit sind zu zahlen, werden diese in den Zielgebieten losgeschickt. Das erklärt auch, warum diese Betrugsmasche lokal in Wellen auftritt.

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Kripo live | 12. März 2023 | 19:50 Uhr

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