Der Redakteur | 20.12.2023 Der Weihnachtsmann auf einem Verkehrsschild - wo liegen die Grenzen der Kreativität?

20. Dezember 2023, 18:13 Uhr

In Rudolstadt haben ungewöhnliche Straßenschilder Aufsehen erregt: Ein Gefahrzeichen, das keine Kröte zeigt oder ein schlichtes "!", sondern den Weihnachtsmann - verbunden mit einem Weihnachtsgruß. Das wirft Fragen auf. Vor allem diese: Ist das überhaupt erlaubt?

Die Bildtafel der Verkehrszeichen in der Bundesrepublik Deutschland, gültig seit 2017, kennt keinen Weihnachtsmann in einem roten Dreieck. Es gibt Rindviecher, Kröten und schiefe Ebenen, wo andere Länder niedliche Teddybären oder fröhlich hüpfende Kängurus abbilden dürfen. Einzig der Hirsch hat etwas Elegantes, der Rest ist typisch deutsch.

Auch das Urteil des Oberlandesgerichts in Stuttgart, das 2001 eine Grenze zog zwischen zulässigen und nicht zulässigen Abweichungen von der Bildtafel. In dem fraglichen Fall ging es um ein 30er-Schild, das noch die alte Bezeichnung "30 km" im roten Kreis trug. Abgesehen davon, dass das schon immer Unsinn war, weil dort physikalisch korrekt 30 km/h hätte stehen müssen, ist das Zeichen nicht mehr gültig und von daher nicht wirksam. Kein echtes Schild, keine echte Strafe, die Verhandlung ist geschlossen.

Ein nach der StVO nicht vorgesehenes Vorschriftszeichen erlaubt keine Ahndung als Ordnungswidrigkeit wegen einer Zuwiderhandlung nach §§ 41 Abs. 2 Nr. 7, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO.

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss vom 14. Februar 2001 - 5 Ss 348/2000

War es gar kein Verkehrsschild?

Zu unserem Weihnachtsmannschild hat das Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr auf Anfrage mitgeteilt, dass amtliche Verkehrsschilder gemäß Paragraph 39 der Straßenverkehrsordnung (StVO) den Verkehr regeln sollen und damit die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten. Entsprechend werde ihre Aufstellung im Regelfall durch die zuständige Verkehrsbehörde angeordnet. Die weihnachtlichen Schilder seien auch keine "echten", sondern Sonderschilder, die die Menschen erfreuen sollen.

Bei den weihnachtlichen Sonderschildern handelt es sich nicht um eine Beschilderung im Sinne der Straßenverkehrsordnung, sondern um ein einmaliges Dankeschön, welches die Menschen in der Region zur Weihnachtszeit erfreuen soll.

Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr Schriftliche Stellungnahme

Auch sei die Verkehrsbehörde involviert gewesen, um sicherzustellen, dass durch die Aufstellung keine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer entsteht. Also alles gut zur Weihnachtszeit.

Tempo-30-Schild
So - und nur so - darf ein Tempo-30-Schild in Deutschland aussehen. Bildrechte: picture alliance/dpa/Frank Rumpenhorst

Die Krux mit dem "km"

Sein 30-km-Schild-Urteil hat das Oberlandesgericht Stuttgart damit begründet, dass dieses "30 km"-Schild seit 1988 kein "kein amtliches Vorschriftszeichen" mehr sei und die großzügige Übergangsfrist bis 1998 auch schon abgelaufen war. Denn es sei allgemein anerkannt, "dass für Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, durch die allein die Straßenverkehrsbehörden den Verkehr regeln und lenken dürfen (Paragraph 45 Abs. 4 StVO) der so genannte Ausschließlichkeitsgrundsatz gilt, nach dem nur die in Paragraphen 40 f. der StVO vorgesehenen oder bildlich dargestellten - samt der vom Bundesminister für Verkehr im Rahmen seiner Ermächtigung besonders zugelassenen Ergänzungen - Zeichen verwendet werden dürfen". Durchatmen, Punkt.

Auch seien "Fantasiezeichen" unzulässig, aber nicht "Verkehrszeichen, die nur unwesentlich von den amtlichen abweichen". Bedeutet: Im Zweifel muss es ein Gericht entscheiden, ob die Kuh im roten Dreieck noch ein Euter bekommen darf oder der Reiter einen Hut.

Die Sache mit den Ampelmännchen

Nicht ganz so streng scheinen die Maßstäbe bei unseren Lichtzeichenanlagen zu sein. Sie können auch Wechsellichtzeichen sagen, Lichtsignalanlage oder schlicht Ampel, wenn Sie damit keine negativen Empfindungen verbinden. Im Mai 2023 hat sich der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages ausführlich mit der Frage befasst, wie die "Streuscheiben" an den Fußgängerampeln gestaltet sein dürfen.

Titel der Auslassung: "Straßenverkehrsrechtliche Einzelfragen zur Zulässigkeit ausgewählter Lichtsignalanlagen". Die zentrale Norm für Lichtzeichen im Straßenverkehr bildet Paragraph 37 StVO, ist dort zu lesen, und es wird auf das Sinnbild "Fußgänger" verwiesen. Und zwar müsse bei Rot ein stehender und bei Grün ein schreitender Fußgänger zu sehen sein. Was Ost-Ampelmännchen betrifft, hat diese der Einigungsvertrag gerettet und damit wahrscheinlich auch so ein bisschen die Tür geöffnet für andere Fußgängerfiguren. In Essen gibt es einen Bergmann, in Augsburg ein Kasperle, in Mainz das Mainzelmännchen.

Homosexuelle Ampelfiguren an einer Fußgängerampel in Frankfurt
Bei Ampelmännchen geht es offenbar etwas liberaler zu. Bildrechte: imago images/Ralph Peters

Tiere wie der Ottifant in Emden oder der Esel von Wesel wurden hingegen nicht zugelassen. Zuletzt waren auch liebende - zum Teil gleichgeschlechtliche - Paare Thema in einigen Städten. Die Pärchen waren händchenhaltend oder Arm in Arm abgebildet, aber eindeutig als stehende oder laufende Fußgänger erkennbar. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt zu dem Schluss, dass - wenn die StVO eng ausgelegt wird, die Pärchen eigentlich eine zu große Abweichung sind.

Vieles spricht im Ergebnis insoweit jedoch für eine enge Auslegung der straßenverkehrsrechtlichen Vorgaben, was insbesondere auch die Ausgestaltungsform sogenannter Gender-Ampelmännchen rechtlich zweifelhaft erscheinen lässt.

Wissenschaftler Dienst des Bundestages

Und trotzdem gibt es sie in immer mehr Städten. Was direkt zu der Frage führt, ob man sich immer jemanden suchen muss, um an diesen Ampeln dann deutsch-korrekt zu zweit die Straße zu überqueren.

Quelle: MDR/ls

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten Ostthüringen | 16. Dezember 2023 | 11:30 Uhr

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