Faktencheck Ohne Linkenmühlenbrücke: Thüringer Landesumweltamt sieht in Talsperren-Betrieb keinen Rechtsbruch

18. August 2023, 05:00 Uhr

Die Linkenmühlenbrücke über den Hohenwarte-Stausee gibt es seit 1945 nicht mehr. Ohne diese Brücke habe der Stausee keine Betriebserlaubnis. Das behauptet der Saalfelder Ex-Landrat Holzhey - selbst Verfechter eines Brückenneubaus. Nicht korrekt, sagt das Thüringer Landesumweltamt. Brücke und Stausee wurden unabhängig voneinander genehmigt.

Staatlicher Rechtsbruch? Es ist ein schwerer Vorwurf, den der frühere Landrat des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt, Hartmut Holzhey, dem Land Thüringen gerade macht. An den Überresten der Linkenmühlenbrücke bei Altenroth hatte Holzhey ein drei mal sechs Meter großes Banner angebracht, mit dem er den Wiederaufbau der alten Brücke fordert. Nachdem die Wasserschutzpolizei das Banner Anfang August abgehängt hatte, wurde es vor einer Woche von Holzhey wieder angebracht.

Dort steht zu lesen: "Ohne diese Brücke ist die Nutzung dieser Talsperre als Hochwasserschutzanlage staatlicher Rechtsbruch!" Aber stimmt diese Behauptung wirklich?

Brücke und Stausee rechtlich nicht verknüpft

Für die Steuerung und den Betrieb aller Talsperren in Thüringen ist in letzter Verantwortung das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) zuständig. Auf Anfrage von MDR THÜRINGEN schreibt das Amt über die Aussage von Holzhey: "Die Behauptung ist nicht korrekt."

Der Bau der Linkenmühlenbrücke, so das TLUBN, stehe tatsächlich im Zusammenhang mit dem Bau der Hohenwartetalsperre. Rechtlich allerdings nicht. Die Talsperre "wurde auf der Grundlage des Reichsgesetzes über den Bau der Hohenwartetalsperre vom 13. Februar 1935 errichtet", schreibt die Behörde. Dieses Gesetz habe nicht nur den Bau, sondern auch den Betrieb der Talsperre erlaubt. Schon im April 1935 sei das Gesetz durch eine Verordnung ergänzt worden, die auch die Energieerzeugung genehmigt.

Ein förmliches Planfeststellungsverfahren sei zwar vom damaligen Thüringer Wirtschaftsministerium in die Wege geleitet worden. Allerdings fehle der abschließende Planfeststellungsbeschluss. "Dieser konnte wohl aufgrund der Umstände während und nach dem Zweiten Weltkrieg nicht fertiggestellt werden", vermutet man im TLUBN.

Eigene Baugenehmigungen für Stausee und für Brücke

Für den Bau der Linkenmühlenbrücke gebe es dagegen einen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss. "Dieser Beschluss liegt im TLUBN nicht vor, wird aber in anderen Unterlagen benannt", schreibt das TLUBN mit Verweis auf den 22. Oktober 1937 und den 20. Juli 1939 als Daten der Ausstellung entsprechender Zulassungen durch das damals zuständige Wirtschaftsministerium.

Erst 1943 fertiggestellt wurde die Brücke bereits 1945 durch die Wehrmacht gesprengt. Rechtliche Konsequenzen für den Betrieb der Hohenwartetalsperre waren damit nicht verbunden, informiert das Thüringer Landesumweltamt. Es existiere keine wasserrechtliche Zulassung, die an das Vorhandensein der Linkenmühlenbrücke geknüpft sei.

Historische Luftaufnahmen Die zerstörte Brücke in Linkenmühle

Das Archivbild links zeigt die intakte Brücke Linkenmühle am 8. April 1945 - das rechte kurz nachdem die Nazis sie sprengten.

Luftbild von der Brücke Linkenmühle vom 08.04.1945. Die Brücke über die Saale ist unbeschädigt.
Luftbild von der Brücke Linkenmühle vom 08.04.1945. Die Brücke über die Saale ist unbeschädigt. Bildrechte: GDI-Th, Freistaat Thueringen, TLVermGeo
Luftbild von der Brücke Linkenmühle vom 08.04.1945. Die Brücke über die Saale ist unbeschädigt.
Luftbild von der Brücke Linkenmühle vom 08.04.1945. Die Brücke über die Saale ist unbeschädigt. Bildrechte: GDI-Th, Freistaat Thueringen, TLVermGeo
Luftbild von der Brücke Linkenmühle vom 19.07.1945. Die Brücke über die Saale ist kaputt.
Luftbild von der Brücke Linkenmühle vom 19.07.1945. Die Brücke über die Saale ist kaputt. Bildrechte: GDI-Th, Freistaat Thueringen, TLVermGeo
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Einheitliches Nutzungsrecht für alle Saaletalsperren

Neben dem "Reichsgesetz über den Bau der Hohenwartetalsperre", das den Betrieb der Stauanlagen bereits zugelassen hatte, gab es eine Art formalen Startschuss für die Talsperre. Über das Gesetz hinaus "wurde durch den Thüringer Wirtschaftsminister mit Schreiben vom 31.10.1941 die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs zum 01.11.1941 bestätigt", formuliert das TLUBN in seiner Antwort auf die Anfrage von MDR THÜRINGEN.

Am 20. August 1979 ersetzte die Regierung der DDR die offiziellen Zulassungen aus den 1930er- und 1940er-Jahren durch eine neue, umfassende wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung für das gesamte System der Saaletalsperren mit seinen insgesamt sieben Stauanlagen.

Dazu gehören neben der Bleilochtalsperre und der Hohenwartetalsperre auch die Stauanlagen Burgkhammer, Walsburg und Eichicht sowie die Talsperre Wisenta am Saalezufluss Wisenta und das Oberbecken des Pumpspeicherwerkes Hohenwarte II auf der Amalienhöhe bei Löhma im Kreis Saalfeld-Rudolstadt.

Genehmigung von 1979 gilt bis heute

Paragraf 78, Absatz 1 des Thüringer Wassergesetzes regelt, dass einmal erteilte wasserrechtliche Genehmigungen grundsätzlich weiter gelten. Die Nutzungsgenehmigung von 1979 ist also bis heute die Basis für den Betrieb auch der Hohenwartetalsperre. Das Land Thüringen hat sie zwischenzeitlich mehrfach ergänzt und präzisiert.

Für den Betrieb des gesamten Systems von Staubecken an der Thüringer Saale gelten viele Nebenbestimmungen, "die insbesondere die Einhaltung von Mindest- und Höchststauzielen, die Freihaltung bestimmter Hochwasserschutzräume, die Einhaltung von Mindestwasserabgaben, Vorgaben zur Steuerung der Anlagen im Hochwasserfall und die Unterhaltung der Anlagen betreffen", schreibt das Thüringer Landesumweltamt und betont: "Der Bau oder die Unterhaltung von Brücken oder Straßen ist nicht in diesen Nebenbestimmungen enthalten."

MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 18. August 2023 | 11:30 Uhr

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