Musik 25 Jahre Heaven Shall Burn: Aus Saalfeld auf die großen Bühnen dieser Welt
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19. Januar 2023, 16:06 Uhr
Sie sind Thüringens härtester Exportschlager - und auf musikalischem Gebiet auch der erfolgreichste. Als die Musiker von Heaven Shall Burn ihr Album "Of Truth and Sacrifice" veröffentlichten, schoss es auf Platz 1 der Charts. Jetzt touren sie mit den US-Bands Trivium und Obituary durch 29 Städte in 17 Ländern. Vor dem Konzert am Samstag in der Messehalle Erfurt wollten wir von Gitarrist Maik Weichert wissen, wie es die Metalband mit Saalfelder Wurzeln in 25 Jahren ganz nach oben geschafft hat.
Wir erreichen Sie zwischen Konzerten in London und Tilburg. Wo war damals das allererste HSB-Konzert?
Schwer zu sagen. Wahrscheinlich irgendwo zwischen Glauchau in Sachsen und Königsee in Thüringen. Genauer kann ich es nicht sagen, weil wir schon vor unserer ersten Veröffentlichung im Jahr 1998 unter anderen Bandnamen hier und da aufgetreten sind. Wir haben damals noch von den Nachwirkungen der Blues- und Metalszene der DDR profitiert und konnten vielerorts in Sälen spielen. Das 25-jährige Jubiläum interessiert uns ehrlich gesagt gar nicht. Wieso zurückblicken, wenn man im Hier und Jetzt relevant ist?
Dann blicken wir auf die größten Konzerte. Welche fallen Ihnen ein?
Beim polnischen Festival "Przystanek Woodstock" im Jahr 2011 sollen um die 700.000 Menschen gewesen sein. Bei uns waren vermutlich mehrere Hunderttausend Leute vor der Bühne. Diese Menge war so groß, dass sie gar nicht fassbar war. Davon abgesehen zählen mehrere Auftritte beim Wacken Open Air und beim Full Force zu unseren Highlights. Das sind schon Meilensteine.
Erinnern Sie sich an Ihr erstes wegweisendes Konzert als Zuschauer?
Klar, das Rock Hard Festival in Jena 1992 - mit Bands wie Paradise Lost, Blind Guardian, Dismember, Napalm Death und Obituary ...
... die alle noch aktiv sind - und von denen viele von Heaven Shall Burn quasi überholt wurden. Wie lautet Ihre Erfolgsformel?
Gute Ideen haben und kreativ sein, ist jedenfalls wichtiger als sechs Stunden am Tag Gitarre zu üben. Plus: eine Riesenportion Glück - und das Talent, dann zuzugreifen, wenn das Glück um die Ecke winkt. Zumindest kann man das rückblickend so sagen. Insgesamt ist es bei uns also eher Instinkt als Talent. Und ein weiterer Faktor ist sehr wichtig: Eine Band zu haben, in der alle an einem Strang ziehen.
Hat es nie gekracht innerhalb der Band?
Früher hätte man gesagt, wir sind wie eine Brigade in einem Betrieb. Es gibt auch mal Streit und Reibereien, aber das räumt man dann wieder aus, weil man sich gegenseitig schätzt und versteht. Und das ist unabhängig von einer launigen Tagesform.
Sie arbeiten im Umweltministerium, Bandkollegen sind Intensivpfleger, Berufsschullehrer, Ergotherapeut. Es ist ungewöhnlich für eine Band dieser Größenordnung, dass Platz ist für ein eher normales Berufsleben.
Es war uns immer wichtig, dass wir die Band zwar professionell handhaben, aber nicht auf unsere anderen Jobs verzichten wollen. Das hat zur Folge, dass wir im deutschsprachigen Raum viel bekannter sind als anderswo, auch wenn wir international als renommierte Band gelten. Wir haben uns eben dagegen entschieden, jedes Jahr drei Monate lang in den USA zu touren, um auch dort bekannter zu werden.
Die Veröffentlichung des bisher erfolgreichsten HSB-Albums fiel fast auf den Tag genau mit dem ersten Corona-Lockdown zusammen. Hat sich die Branche seitdem verändert?
Die Kostenstrukturen sind andere geworden. Wir fahren die aktuelle Tour mit den Ticketpreisen von vor zwei, drei Jahren, als die Leute die Tickets gekauft haben - aber die aktuellen Kosten sind höher als damals. Bei Bands ab unserem Level funktioniert das alles ganz gut, aber für viele andere Bands ist es wirklich eine sehr harte Zeit. Zudem haben viele fähige Leute die Branche verlassen.
Ihr nutzt die Band als Sprachrohr - etwa für mehr Solidarität und gegen Rassismus. Ihr erinnert an Sophie Scholl oder an den Boxer Johann Trollmann, der im KZ Wittenberge getötet wurde. Wie sind die Reaktionen darauf?
Mit steigendem Erfolg nimmt ein beachtlicher Teil des Publikums die inhaltlich-politische Dimension der Band nicht wahr und konsumiert nur die Musik. Aber es gibt auch viele Leute, die uns supporten, obwohl sie mit der Musik eigentlich wenig anfangen können. Und dann sind da noch Leute aus eher konservativen Kreisen - Musiker, Politiker und andere gesellschaftliche Multiplikatoren - die mit uns zwar nicht einer Meinung sind, aber die es gut finden, dass wir Position beziehen. So etwas hören wir immer wieder.
Wie fit sind Heaven Shall Burn im Jahr 2023?
Während des Corona-Lockdowns waren wir im Standby-Modus und waren danach froh, langsam in den Spielbetrieb zu wechseln, wöchentlich zu proben und an neuen Ideen zu schnitzen. Jetzt gerade haben wir einige Konzerte in Schottland und England hinter uns und können sagen: Wir sind in Wettkampfform!
Für das Konzert in der Messehalle Erfurt mit Heaven Shall Burn am Samstag, 21. Januar, gibt es laut Veranstalter noch wenige Karten. Vor den Thüringern stehen Trivium, Obituary und Malevolence auf der Bühne.
MDR (mm)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Kulturnacht | 22. Januar 2023 | 22:10 Uhr