Mammut-Aufgabe Verfallene Gräfenthaler Porzellanfabrik: Familie saniert marodes Gebäude

22. Mai 2023, 15:47 Uhr

Zwischen maroden Holzbalken und Porzellan-Schätzen: Vor einem Jahr haben Isabella und Christopher Fuchs die ehemalige Porzellanfabrik Weiss und Kühnert in Gräfenthal im Kreis Saalfeld-Rudolstadt gekauft. Ihr Ziel: Das einsturzgefährdete Gebäude vor dem Zerfall retten. Wie sie seitdem vorangekommen sind.

Isabella Fuchs steht gleich vor mehreren Haufen maroder Holzbalken. Sie liegen nebeneinander vor der roten Ziegelsteinfassade der früheren Porzellanfabrik in Gräfenthal im Kreis Saalfeld-Rudolstadt. Seit einem Jahr arbeitet sich Isabella Fuchs hier voran. Gemeinsam mit ihrem Mann Christopher, ihrem Sohn, Nachbarn und befreundeten Handwerkern.

"Es war ein hartes Jahr", sagt Fuchs. "Wir haben es nicht geschafft, alle Dächer fertig zu kriegen. Es sind einfach zu viele." 13.000 Quadratmeter groß ist das Gelände. Die Fabrik bestand aus mehreren Haupt- und Nebengebäuden. Der Zustand reicht von einsturzgefährdet bis relativ gut erhalten.

Es war ein hartes Jahr.

Isabella Fuchs Eigentümerin der Porzellanfabrik

Überreste der Vergangenheit in Gräfenthal

Mit bloßen Händen haben sie das einsturzgefährdete Dach abgetragen und gesichert. Die vielen morschen Holzbalken mithilfe eines Krans nach unten gebracht. Bis unter die Decke stapelten sich hunderte Gussformen, mit denen die Mitarbeiter der Fabrik bis zur Wende Porzellanfiguren hergestellt haben. Viele Formen liegen noch in den oberen Stockwerken. Isabella Fuchs hat sie sortiert: In die, die erhalten sind. In die, denen Teile fehlen. Und die, die kaputt sind. Die kaputten Formen hat sie notdürftig im Erdgeschoss gestapelt - entstanden ist ein Haufen, der bis nach oben in die erste Etage reicht. "Vielleicht lasse ich das so", scherzt Fuchs.

Wir sind geschlaucht. Bereut haben wir es aber nicht.

Isabella Fuchs Besitzerin der ehemaligen Porzellanfabrik

Außerdem wurden Mauern ausgebessert, Bäume gefällt und die zugewachsene Fassade wurde wieder sichtbar gemacht. Der alte Firmen-Schriftzug "Weiss Kühnert und Co." ist jetzt wieder zu sehen. Den Garten hinter dem Gebäude hat Fuchs von Schutt und Müll befreit. Immer finden sich kleine Schätze: Vögel oder Figuren aus Porzellan.

Interesse an dem früheren Fabrikgebäude ist groß

Rückblick: Im Mai 2022 haben Isabella und Christopher Fuchs die ehemalige Porzellanfabrik Weiss und Kühnert von der Stadt Gräfenthal gekauft. Ein Teil der Fabrik war einsturzgefährdet. Der Denkmalschutz war aufgehoben. Das Gebäude sollte abgerissen werden. Isabella Fuchs hat sich in den Charme der verlassenen Porzellanfabrik verliebt. Sie will verhindern, dass das 130 Jahre alte Fabrikgebäude abgerissen wird.

Oft kommen Leute und fragen: Darf ich mal reinschauen? Die sind dann immer alle hin und weg von dem Gebäude.

Isabella Fuchs Besitzerin der ehemaligen Porzellanfabrik

Jetzt, ein Jahr später, sagt sie: "Wir sind geschlaucht. Bereut haben wir es aber nicht." Isabella Fuchs stammt aus Süddeutschland. Am Bodensee betreibt sie mit ihrer Familie einen Abschleppdienst. In jeder freien Minute kommt sie nach Thüringen. Schritt für Schritt arbeitet sie sich in der früheren Porzellanfabrik voran. Dabei wurden die Arbeiten auch schon von einem Filmteam begleitet. In diesem Sommer sollen Fernsehzuschauer die Rettung der Porzellanfabrik Weiss und Kühnert im TV sehen können.

Das Interesse an der früheren Porzellanfabrik sei da. Immer wieder kommen auch Neugierige und Fotografen. Sie sind auf der Suche nach ungewöhnlichen Fotomotiven. "Oft kommen Leute und fragen: Darf ich mal reinschauen? Die sind dann immer alle hin und weg von dem Gebäude. Es ist schon faszinierend", sagt Isabella Fuchs. Viele Menschen aus der Region haben Verwandte oder kennen jemanden, der in der Porzellanfabrik gearbeitet hat. Einige kommen auch von weiter her. Sie wollen die Porzellanfabrik als sogenannten "Lost Place" erkunden, manche verschaffen sich auf eigene Faust Zutritt.

Zum Aufklappen: Was ist ein Lost Place?

Sogenannte Lost Places sind verlassene Orte wie Gebäude, Tunnel oder auch ganze Gelände, die oft der Natur oder dem Verfall preisgegeben sind. Sie werden gern besucht und etwa als Foto-Motiv genutzt. Nicht immer ist ein Besuch ungefährlich oder rechtlich erlaubt. Das Betreten eines solchen, etwa abgezäunten Geländes könnte zum Beispiel als Hausfriedensbruch gewertet werden. Aber es werden manchmal für solche Orte auch spezielle Führungen wie hier in Gräfenthal angeboten.

Lost Place-Event und der Traum von Isabella Fuchs

Isabella Fuchs will das Gebäude deshalb Ende Juni für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Vom 23. bis 25. Juni 2023 veranstaltet sie ein sogenanntes "Lost Place-Event". Neugierige dürfen das Gebäude dann offiziell betreten, durch die gesicherten Räume laufen und sich die die Reste der alten Porzellanfabrik anschauen: die vielen Gussformen auf den Böden, Arbeitstische, Werkzeuge und Öfen, seit 30 Jahren verlassen - ganz so als würde die Zeit stillstehen.

Isabella Fuchs' Traum: Sie möchte in der früheren Porzellanfabrik einmal Wohnungen, Veranstaltungsräume, ein kleines Museum und eine Gastwirtschaft für Wanderer eröffnen. Schließlich führen mehrere Wanderwege an der Fabrik vorbei. Doch sie weiß, dass der Weg bis dahin noch weit ist. Es gibt noch viel zu tun. Und sie brauchen erst noch ausreichend Strom, Wasserleitungen und die notwendigen Genehmigungen von den Behörden. Doch weil sie keine Baupläne von den alten Gebäuden mehr hat, ist das nicht so einfach. Fördermittel bekommen sie nicht. Die Familie zahlt ihr Vorhaben aus eigener Tasche und mithilfe von Spenden.

Aber aufgeben wollen Isabella und Christopher Fuchs nicht. "Ideen habe ich viele", sagt sie. Im Sommer wollen sie das Dach neu decken, und sich dann weiter voran arbeiten - Stück für Stück.

MDR (sre/cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 20. Mai 2023 | 18:00 Uhr

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