Bildungswesen Nachgefragt - wie weit ist Thüringen mit dem Digitalpakt Schule?
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18. September 2024, 07:45 Uhr
Die Digitalisierung revolutioniert den Unterricht an Thüringer Schulen, wie am Gymnasium "Am weißen Turm" in Pößneck sichtbar wird. iPads und interaktive Tafeln prägen dort den Schulalltag, doch die Umstellung bringt auch Herausforderungen wie technische Ausfälle und hohe Wartungskosten mit sich. Während der Digitalpakt wichtige Investitionen ermöglichte, stehen nun Verhandlungen für einen Digitalpakt 2.0 an, um die digitale Zukunft der Schulen weiter voranzutreiben.
Im Mathekurs von Marie-Theres Wolfram sitzen die Schülerinnen und Schüler der zwölften Klasse vor aufgeräumten Tischen. Keine Schulbücher, keine Hefte. Nur ein iPad. Inzwischen Hauptarbeitsgerät für die zukünftigen Abiturienten am Gymnasium "Am weißen Turm" in Pößneck. Die Lehrerin sitzt ebenfalls mit einem iPad am Tisch. Dort schreibt sie den Lehrstoff auf die Oberfläche. Quasi "in Echtzeit" kann die Klasse mitlesen - auf einem großen Bildschirm an der Wand.
Vorteile der digitalen Unterrichtsmethoden
"Das geht auch schön mit Arbeitsblättern, die man nicht mehr ausdrucken muss", sagt Marie-Theres Wolfram. "Und das Tafelbild kann ich in der nächsten Stunde einfach wieder aufmachen." Tafel abwischen gibt es im Gymnasium in Pößneck schon lange nicht mehr.
Interaktive Tafeln seit zehn Jahren im Einsatz
Zur großen Sanierung vor zehn Jahren zogen die ersten interaktiven Tafeln ein. Damals für die Lehrerinnen und Lehrer eine große Umstellung. Inzwischen wissen sie die Vorzüge der neuen Technik zu schätzen. Auch beim Wiederholen von Inhalten leisten die digitalen Helfer gute Dienste, wenn der Stoff nicht wieder komplett neu aufgeschrieben werden muss.
Digitalpakt bringt Thüringer Schulen 132 Millionen Euro
Der Digitalpakt zwischen Bund und Ländern hat für viele Investitionen in den Schulen gesorgt. 2019 musste dafür sogar das Grundgesetz geändert werden. Vorher durfte der Bund sich nicht an der Bildungspolitik der Länder beteiligen. Fördermittel eingeschlossen. Im Mai 2019 konnte der Digitalpakt endlich in Kraft treten. Insgesamt 132 Millionen Euro standen seitdem den Thüringer Schulen zur Verfügung.
geplant | ausgegeben | |
---|---|---|
Staatliche Schulen | 117,7 Mio. Euro | 81,8 Mio. Euro |
Freie Schulen | 14,6 Mio. Euro | 11,0 Mio. Euro |
Verzögerungen bei der Umsetzung in einigen Landkreisen
Inzwischen sind alle Fördermittel verplant. In vielen Landkreisen wird allerdings noch Technik beschafft und in den Schulen installiert. Erst dann rufen die Landkreise das Geld beim Land Thüringen ab.
Oft müssen allerdings erst einmal die Voraussetzungen an den Schulen geschaffen werden. Im Altenburger Land fehlen zum Beispiel an vielen Schulen noch leistungsfähige Datenanschlüsse. Nach MDR-Informationen wurden im östlichsten Thüringer Landkreis deshalb nur rund 300.000 Euro statt der geplanten drei Millionen Euro ausgegeben. Immerhin konnte das Landratsamt den Schulen in den letzten Jahren 164 interaktive Tafeln zur Verfügung stellen.
Nutzung digitaler Tafeln im Spanisch-Unterricht
Die kommen auch im Gymnasium in Pößneck zum Einsatz. Zum Beispiel im Spanisch-Unterricht bei Antje Kusche. Die Klasse 7c soll heute verschiedene Redewendungen zuordnen. Dafür gehen die Schüler nacheinander an die Tafel und kennzeichnen dort die Textbausteine. Videos abspielen, Grafiken zeigen: der Unterricht ist interessanter, sagt Antje Kusche, die auf die interaktive Tafel schwört. "Ich kann nach wie vor an die Tafel schreiben", sagt sie. "Und ich kann die Schüler hier arbeiten lassen."
Technische Ausfälle und veraltete Geräte
Allerdings sind die Tafeln in Pößneck inzwischen in die Jahre gekommen. Zum Teil mussten die Computer oder die Beamer ausgetauscht werden. Trotzdem streikt die Technik manchmal. "Das passiert so zwei bis drei mal im Monat", sagt Timo Fröhlich aus der 7c. "Einmal musste der Unterricht fast ausfallen."
Hohe Wartungskosten als Belastung für die Landkreise
Die Reparaturen und die Wartung der vielen Geräte stellt die Landkreise vor neue Herausforderungen. Denn die Folgekosten müssen die Landkreise als Schulträger selbst bezahlen. Für viele ist das eine hohe zusätzliche Belastung. "In den nächsten zehn Jahren sind das rund drei Millionen Euro", sagt CDU-Landrat Christian Herrgott aus dem Saale-Orla-Kreis. "Kann sein, dass wir das Projekt in den nächsten Jahren zurückfahren müssen."
Hoffnung auf einen Digitalpakt 2.0
Für Schüler und Lehrer unvorstellbar. Und auch die Landkreise hoffen auf einen Digitalpakt 2.0. Dazu verhandeln seit Monaten Bund und Länder. Allerdings bisher ergebnislos, heißt es aus dem Thüringer Bildungsministerium. Der Bundeshaushalt sei das Problem und der Sparzwang von Finanzminister Christian Lindner. Laut Bildungsministerium in Erfurt sind die Länder durchaus kompromissbereit, allerdings müsse sich der Bund in den nächsten Verhandlungen endlich bewegen.
Noch im September sollen die nächsten Gespräche in Berlin stattfinden. Ein nahtloser Übergang von Digitalpakt auf Digitalpakt 2.0 ist nicht mehr möglich. Länder und Kommunen hoffen, dass es trotzdem zügig zu einer Einigung kommt, damit auch die restlichen Schulen in die digitale Zukunft starten können.
MDR (dkn)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 17. September 2024 | 19:30 Uhr
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