Männer in Uniform und mit Rucksäcken
Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

Saale-Orla-Kreis "Die Erinnerung wachhalten": Gedenkmarsch für gefallene Bundeswehr-Soldaten

06. April 2024, 20:31 Uhr

Seit einigen Jahren erinnern bundesweit tausende aktive und ehemalige Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr an die in Auslandseinsätzen Gefallenen. Unter dem Motto "14K3" fanden von Ende März bis Anfang April zahlreiche Gedenkmärsche statt - einer davon am Samstag im Saale-Orla-Kreis.

Porträt Autor Dirk Reinhardt
Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

Symbole spielen eine wichtige Rolle beim Gedenken. Jeder Teilnehmer trägt einen 14 Kilogramm schweren Rucksack und die Marschstrecke ist 14 Kilometer lang. Die meisten tragen Patches mit der Aufschrift 14K3. Die 14 steht für: 14 Jahre sind seit dem 2. April 2010 vergangen. Das K steht für "Karfreitagsgefecht", jenem stundenlangen Kampf zwischen Fallschirmjägern der Bundeswehr und Taliban-Kämpfern. Und die 3 steht für die drei dabei gefallenen deutschen Soldaten.

Teilnehmer des 14K3-Gedenkmarsches im Saale-Orla-Kreis
14 Kilo im Rucksack: Symbole spielen beim Gedenken eine wichtige Rolle. Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

14 Kilometer nach 14 Jahren

Gegen 10 Uhr am Samstagvormittag haben sich rund 20 Männer und eine Frau - die meisten von ihnen in Bundeswehr-Uniformen - mit ihren schweren Rucksäcken auf dem Rücken auf den Weg gemacht. Es geht vom Feuerwehrhaus in Langendembach im Saale-Orla-Kreis nach Langenorla und dort weiter auf einem asphaltierten Radweg an Feldern und Wiesen entlang. Es ist sommerlich warm, die Sonne scheint. Und auch wenn auf der 14 Kilometer langen Tour auch gescherzt und gelacht wird - der Grund für diesen Marsch ist ein ernster: das Gedenken an die Gefallenen des Karfreitagsgefechts und an alle anderen Soldaten und Soldatinnen, die in den vergangenen Jahrzehnten bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr ums Leben gekommen sind.

Über 100 Tote in Auslandseinsätzen

Insgesamt 116 waren es bis 2022. Die meisten Toten hatte die Bundeswehr in Afghanistan zu beklagen, insgesamt 59. Auf dem Balkan - in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo - starben 49 Bundeswehr-Angehörige. 37 der 116 Gestorbenen sind durch sogenannte Fremdeinwirkung ums Leben gekommen. Sie starben in Gefechten oder durch Sprengladungen, die unter Brücken oder Bundeswehr-Fahrzeugen explodierten oder von Selbstmordattentätern gezündet wurden.

Unzählige Soldaten und Soldatinnen wurden in den Einsätzen verletzt, viele körperlich und noch mehr mental. Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist ein Krankheitsbild, das sich seit Jahren unter aktiven und ehemaligen Soldaten und Soldatinnen immer weiter ausbreitet.

"Bewegend", hier dabei zu sein

Einer der Teilnehmer des Gedenkmarsches im Saale-Orla-Kreis ist Sven Hornig. Der Hauptfeldwebel sitzt in einem Elektro-Rollstuhl. Am 15. April 2010 wurde er schwerst verletzt, als das Fahrzeug, in dem er saß, "angespengt" wurde, wie es im Militärsprech heißt. Drei Soldaten aus dem Fahrzeug starben durch die Explosion, Hornig und mehrere weitere wurden verletzt.

Am 15.04.2010 in Afghanistan durch Sprengsatz zerstörtes Bundeswehr-Fahrzeug
Das durch einen Sprengsatz am 15. April 2010 zerstörte Bundeswehr-Fahrzeug Bildrechte: MDR THÜRINGEN

Hornig, der damals ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und viele Knochenbrüche erlitt, kann sich heute nicht an das Geschehen von damals erinnern. Es sei bewegend für ihn, heute bei dem Marsch dabei zu sein, sagt er. Er versucht seit Jahren, mehr über den Tag herauszubekommen, der sein Leben so grundlegend ändert. Aber: "Die sagen mir nichts." Gemeint ist die Bundeswehr, von der Hornig immer noch einen Bericht über die Geschehnisse von damals erwartet.

"Die Erinnerung an Einsätze wachhalten"

Auch der Landrat des Saale-Orla-Kreises, Christian Herrgott, marschiert heute mit. Der CDU-Politiker ist Oberstleutnant der Reserve und stellvertretender Landesvorsitzender des Thüringer Reservistenverbandes. Es bedeute den Organisatoren des Marsches von der Reservistenkameradschaft Saale-Orla sehr viel, dass Hornig dabei sei, sagt er. "Das ist zum einen eine Erinnerung, andererseits aber auch eine Mahnung, was im Einsatz passieren kann und dass der Beruf des Soldaten kein Beruf ist wie jeder andere." Er sei vielmehr eine besondere Berufung und Herausforderung.

Afghanistan-Veteran Sven Hornig im Gespräch mit Landrat Christian Herrgott
Gespräch während der Rast: Afghanistan-Veteran Sven Hornig und Landrat und Reserveoffizier Christian Herrgott Bildrechte: MDR/Dirk Reinhardt

Herrgott sagt weiter, es sei wichtig, an die in den Auslandseinsätzen gefallenen, verwundeten und traumatisierten Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr zu erinnern "und die Erinnerung an sie wachzuhalten". Unter anderem mit solchen Gedenkmärschen wie hier bei Langenorla.

MDR (dr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 06. April 2024 | 19:00 Uhr

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