Kommunalpolitik Städtefusion soll Hirschberger Bürgermeister-Problem lösen

16. November 2024, 02:56 Uhr

Die Diskussion um eine mögliche Fusion der Städte Hirschberg, Gefell und Tanna ist nicht neu. Bereits seit Jahren gab es entsprechende Pläne, die jedoch stets scheiterten. Nun könnte die Thüringer Landesregierung mit finanziellen Anreizen neuen Schwung in die Debatte bringen. In Hirschberg, wo nach mehreren Wahlgängen weiterhin ein Bürgermeister fehlt, stellt sich die Frage nach der Zukunft der Stadt besonders drängend.

  • Frühere Fusionsversuche: Pläne für eine Fusion von Hirschberg, Gefell und Tanna scheiterten mehrfach, auch 2009 im Wahlkampf.
  • Unterstützung durch das Innenministerium: Das Land befürwortet eine Fusion und bietet finanzielle Anreize, z.B. 200 Euro pro Einwohner und Entschuldungshilfe.
  • Bedenken zu Synergieeffekten: In Hirschberg und Gefell wird das Einsparpotenzial der Fusion angezweifelt, Arbeit würde nicht weniger.
  • Mögliche neue Stadt: Eine Fusion würde ca. 8.000 Einwohner und 180 Quadratkilometer umfassen, Kooperationen bestehen bereits.
  • Tanna's Haltung: Tanna bevorzugt alternative Formen der Zusammenarbeit und stellt die Fusion nicht an erste Stelle.

Auf die Frage nach einer möglichen Fusion muss Patricia Duch, Erste Beigeordnete von Hirschberg, erst einmal lachen. Seit Mai führt sie die Amtsgeschäfte im Rathaus. Der Vorschlag des früheren Landtagsabgeordneten Ralf Kalich (Die Linke) ist für sie nicht neu. "Die Sache Tanna, Gefell, Hirschberg ist für viele hier ein alter Schuh", sagt sie. "Es gab schon früher intensive Bemühungen, die alle gescheitert sind."

Fusion dreier Städte: Ein Dauerthema

Im Rathaus von Gefell erklärt Bürgermeister Marcel Zapf, seit 2009 im Amt, dass bereits 2006 erste Pläne für eine Fusion mit Hirschberg vorlagen. Dennoch blieb es ohne Ergebnis. "Es gibt einen guten Kontakt zwischen den Verwaltungen und auch zwischen verschiedenen Vereinen", sagt er. "Trotzdem hat es nicht geklappt mit einer Fusion." Zusammen erreichen Hirschberg und Gefell etwa 4.500 Einwohner, weniger als die angestrebten 5.000. Laut Zapf hätte die Landesregierung signalisiert, auch eine Fusion unterhalb der Schwelle zuzulassen.

Der Marktplatz in Tanna.
Mit knapp 3.400 Einwohnern ist Tanna die einzige der drei Städte, die über der Schwelle für Eigenständigkeit liegt, sieht jedoch keine dringende Notwendigkeit, das Thema Fusion auf die Tagesordnung zu setzen. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Auch eine Fusion aller drei Städte – Hirschberg, Gefell und Tanna – wurde bereits mehrfach diskutiert. Tannas Bürgermeister Marco Seidel berichtet von entsprechenden Stadtratsbeschlüssen. 2009 seien die Pläne jedoch im Wahlkampf gescheitert. Seidel kritisiert die Landespolitik: "Seit 20 Jahren versuchen die Erfurter, die Kommunen mit Geld zu Kooperationen zu zwingen."

Landesregierung unterstützt Fusionspläne

Das Thüringer Innenministerium befürwortet eine Fusion der drei Städte. Es verweist auf rechtliche Möglichkeiten und enge Verflechtungen, die bereits bestehen. Angesichts der Einwohnerzahlen sei eine Neugliederung längst überfällig. Tanna bleibt mit knapp 3.400 Einwohnern über der Schwelle für eigenständige Gemeinden und hat einen hauptamtlichen Bürgermeister. Eine Neugliederung könnte als Zusammenschluss oder als Eingliederung erfolgen. Im zweiten Fall würde der Bürgermeister der aufnehmenden Stadt im Amt bleiben. Ein Zusammenschluss würde hingegen Neuwahlen erfordern.

Finanzielle Anreize für einen Zusammenschluss

Das Land will den drei Städten mit finanziellen Mitteln die Fusion erleichtern. Für jeden Einwohner gibt es eine Neugliederungsprämie von 200 Euro. Zusätzlich wird eine Entschuldungshilfe in Millionenhöhe in Aussicht gestellt. Voraussetzung ist, dass die drei Städte bis zum 30. November 2025 einen Antrag stellen. Der Landtag würde danach über die Pläne entscheiden. Eine Fusion könnte dann zum 31. Dezember 2026 wirksam werden.

Lokale Skepsis und offene Fragen

In den drei Städten ist das Thema Fusion aktuell jedoch nicht auf der Tagesordnung. Vor allem in Gefell und Hirschberg wird das Einsparpotenzial, auf das die Landesregierung verweist, angezweifelt. "Sicherlich gibt es Synergieeffekte in der Verwaltung oder in den Bauhöfen", sagt Marcel Zapf. "Trotzdem wird die Arbeit ja bei einer Fusion nicht weniger."

Das Rathaus von Gefell im Saale-Orla-Kreis.
Im Rathaus von Gefell wird die von der Landesregierung propagierte Fusion skeptisch betrachtet, da das Einsparpotenzial gering sei. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Offener Prozess mit ungewissem Ausgang

Eine fusionierte Stadt hätte rund 180 Quadratkilometer Fläche mit knapp 8.000 Einwohnern in 18 Ortsteilen. Bereits jetzt gibt es Kooperationen, etwa beim Standesamt oder Einwohnermeldeamt. Patricia Duch betont: "Wir schauen, wo es Sinn macht. Vielleicht wird am Ende irgendwann eine Fusion daraus." Duch sieht die Hirschberger offen für eine Diskussion, insbesondere, da die Stadt derzeit keinen Bürgermeister hat. "Ich will das offen kommunizieren und die Bürger auf jeden Fall mitnehmen", sagt sie. Allerdings gäbe es durchaus Argumente für und gegen eine Fusion.

Appell für freiwillige Zusammenschlüsse

Ralf Kalich möchte mit seinem Vorschlag daran erinnern, dass freiwillige Zusammenschlüsse weiterhin möglich sind. "Man muss den Blick in die Zukunft richten", sagt er. "Man muss ja irgendwie aus der Situation rauskommen, die aktuell vielleicht noch für Tanna zu schaffen ist, für Gefell und Hirsch jedoch völlig unbefriedigend."

Tanna setzt auf alternative Zusammenarbeit

Auch Tanna will das Thema Fusion nicht in den Vordergrund stellen. Bürgermeister Marco Seidel sieht genügend andere Möglichkeiten für Zusammenarbeit.

MDR (Andreas Dreißel)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 15. November 2024 | 19:00 Uhr

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