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Die Deutsche Gummi-Zeitung von 1938 weist für die frühere Leontinenstraße 8 in Gera, heute Karl-Schurz-Straße, das Geschäft eines Johannes Haubold mit chemisch-technischen Erzeugnissen aus. Heute kündet die einst kunstvoll geschmückte Fassade vom Verfall des Gebäudes. Ein Blick durch die Fenster des schon lange leerstehenden Hauses zeigt: Das Dach und alle Zwischendecken sind inzwischen nach unten gestürzt. Vor dem Haus ist die Straße aus Sicherheitsgründen halbseitig gesperrt. Seit September 2022.

"Fünf Problemhäuser hatten wir hier in der Karl-Schurz-Straße", sagt Christiane Schmidt aus dem Baudezernat der Stadt Gera. "Die Hausnummer 10 konnten wir zum Glück von unserer Liste nehmen."

Die Liste: eine Übersicht aller Schrottimmobilien in der Stadt Gera, für deren Pflege Christiane Schmidt verantwortlich zeichnet. Nach ihrem Amtsantritt, erzählt sie, war sie quer durch die Stadt unterwegs, um Zustandsberichte und Fotos der Problemfälle auf einen aktuellen Stand zu bringen. 170 solche Schrottimmobilien gab es zum Jahresende in Gera, und laut Baudezernent Michael Sonntag wächst das Problem. "Jahreslanges Nichtstun einiger Eigentümer hat dafür gesorgt, dass wir jetzt ständig kontrollieren und zunehmend auch selber tätig werden müssen."

Wenn den Mitarbeitern der Stadtverwaltung Schäden auffallen, die zukünftig eine Gefahr für Fußgänger oder den Straßenverkehr bedeuten könnten, schicken sie den Eigentümern zunächst eine Aufforderung zur Sicherung ihres Hauses. Im Einzelfall kann das sehr aufwendig sein, zum Beispiel bei Erbengemeinschaften oder wenn Eigentümer im Ausland wohnen. Manchmal kann der aktuelle Eigentümer auch gar nicht festgestellt werden. Und ein kleiner Teil der Problemfälle steht sogar als "herrenlos" im Grundbuch. Das heißt, dass es wirklich keinen Eigentümer gibt.

In solchen Fällen muss die Stadt einspringen und die Gebäude zunächst auf eigene Kosten sichern. "Das sind aber wirklich nur Notmaßnahmen", sagt Michael Sonntag. "Wir beseitigen die aktuelle Gefahr oder sperren beispielsweise etwas ab."

In der Schellingstraße musste im Oktober 2023 sogar die Feuerwehr ran, weil ein Deckenbalken ein Fenster im Erdgeschoss durchschlagen hatte. Laut Stadtverwaltung mussten die Kameraden im letzten Jahr insgesamt fünfmal ausrücken, um Objekte von Dächern zu entfernen oder Bauteile aus dem Straßenraum zu entfernen. 24.000 Euro hat die Stadt für solche Ersatzvornahmen im letzten Jahr bezahlt. In diesem Jahr dürfte es laut Haushaltsentwurf noch etwas mehr werden.

Nicht immer hat die Stadtverwaltung allerdings die Möglichkeit, die Eigentümer in die Pflicht zu nehmen. Leerstehende Häuser, die das Stadtbild verschandeln, sind nicht automatisch ein Fall fürs Amt, sagt Christiane Schmidt. "Auch, wenn sich viele Leute an den Schandflecken stören, ist es doch Privateigentum, und die Leute können selbst entscheiden, ob sie investieren oder nicht."

Interessant: Mancher erfährt wohl erst durch einen Brief aus dem Baudezernat, dass er in Gera eine Immobilie hat. Viele seien auch mit so einem Mietshaus überfordert und stecken den Kopf in den Sand, sagt Michael Sonntag. Spätestens, wenn Wasser in ein Haus eindringt, beginnt der Verfall. Am Ende steht dann oft der Abriss.

Kaum zu glauben: In der Karl-Schurz-Straße gibt es zumindest für zwei der Problemhäuser einen neuen Eigentümer und damit etwas Hoffnung. Zwar liegen der Stadt noch keine genauen Pläne vor. Trotzdem könnte das Geschäft von Johannes Haubold eine neue Zukunft bekommen. So wie zehn weitere Schrottimmobilien, die die Stadt im vergangenen Jahr von ihrer Liste streichen konnte.