Preisanstieg "Völlig unverhältnismäßig": Neue Tabaksteuer setzt Dampf-Shops unter Druck

21. Januar 2023, 05:11 Uhr

In Nordthüringen gibt es nur noch zwei Fachgeschäfte für E-Zigaretten. Deren Betreiber kritisieren die neue Tabaksteuer als überzogen. Denn Konsumenten drohen in den nächsten Jahren deutlich höhere Preise.

Für manchen Konsumenten von E-Zigaretten wird es in den nächsten Wochen eine Überraschung geben. Ab dem 13. Februar entfaltet das angepasste Tabakgesetz seine volle Wirkung. Ab diesem Tag dürfen zum Dampfen ausschließlich versteuerte Flüssigkeiten verkauft werden.

Die Dampfer-Steuer ist zwar vergangenen Sommer bereits in Kraft getreten, doch derzeit gibt es eine Übergangsphase. Noch vor dem Gesetz produzierte Lagerbestände dürfen ohne Steuer verkauft werden. Doch im Februar führt an den hohen Preisen kein Weg mehr vorbei. Dann wird das Dampfen richtig teuer.

Steuererhöhung: Verzehnfachte Preise

Die Ausmaße dieser Steuer werden an einem einfachen Beispiel deutlich: Die Grundflüssigkeit zum Dampfen, die sogenannte Base, wird oft in 1-Liter-Flaschen verkauft. Je nach Händler kostet diese etwa 20 Euro. Die neue Steuer steigert den Preis von 20 auf etwa 200 Euro.

Das liegt an der Art der Besteuerung: Jede für das Dampfen benutzte Flüssigkeit muss mit 16 Cent pro Milliliter besteuert werden. Bei einem Liter steigt der Preis also auf 160 Euro. Dann folgen Mehrwertsteuer und Umlagen der Hersteller. Eine Verzehnfachung der Preise wäre die Folge. Und das nur im ersten Jahr.

Die Tabaksteuer ist völlig unverhältnismäßig.

Violetta Hufe E-Zigaretten-Geschäft "Dampfer Pause" in Mühlhausen

Denn die Dampfer-Steuer steigt bis 2026 jährlich weiter. Im letzten Jahr soll eine Steuer von 32 Cent pro Milliliter gelten. Bleibt man beim Beispiel der 1-Liter-Flasche, steigt der Preis dann mit Mehrwertsteuer und Herstellerumlagen auf etwa 400 Euro. Wie hoch die Preise am freien Markt werden und welche Auswirkungen die Inflation in den nächsten Jahren hat, ist nicht vorhersehbar. Aus einer günstigen Alternative zum Tabak wird ein teures Produkt.

Kritik von Dampfern und Shopbetreibern

"Die Tabaksteuer ist völlig unverhältnismäßig", sagen Violetta Hufe und Thomas Habla vom E-Zigaretten-Geschäft "Dampfer Pause" in Mühlhausen. Seit fünf Jahren beraten sie Interessierte und verkaufen Geräte, Flüssigkeiten und Zubehör.

Die "Dampfer-Pause" entstand aus einer Graswurzel-Bewegung heraus. Erst tauschte man sich im Internet aus, dann trafen sich Mühlhausens Dampfer regelmäßig zu einem Stammtisch, den Thomas Habla organisierte. Dabei lernten sich die beiden kennen. Über das Dampfen wurden sie ein Paar und sind verheiratet. Gerade weil sie vom Dampfen so überzeugt sind, können sie das neue Gesetz nicht nachvollziehen: "Rauchern, die mithilfe des Dampfens aufhören wollen, werden durch die hohe Steuer unnötige Steine in den Weg gelegt", so Violetta Hufe weiter.

Flüssigkeit auch in Nebelmaschinen - dort ohne Steuer

Nicht nur die Höhe der Steuer ist auffällig. Auch die Anwendung im Alltag ist kurios. Denn die Rohstoffe fürs Dampfen werden nicht nur in E-Zigaretten genutzt. Etwa das Propylenglykol (PG). Die Flüssigkeit kommt in Nebelmaschinen bei Konzerten, in Clubs oder auf Partys zum Einsatz. Außerdem in Hautcremes oder Kaugummis. Hier greift die Tabaksteuer nicht. Erst wenn das PG für E-Zigaretten genutzt wird, muss eine Banderole aufgeklebt werden.

Das führe zu kuriosen Situationen, erklärt Violetta Hufe. So ist destilliertes Wasser, welches auch für's Dampfen genutzt werden kann, in einem E-Zigaretten-Shop steuerpflichtig. Kauft man es in der Drogerie, gilt diese Steuer nicht.

Steuer setzt Dampferszene unter Druck

In Nordthüringen gibt es nur noch wenige Fachgeschäfte für E-Zigaretten. Neben der "Dampfer-Pause" in Mühlhausen gibt nur noch ein Geschäft in Sondershausen: Das "Abdampfen" von Stephan Sickel.

Mitten in den Unruhen der neuen Tabaksteuer hat Sickel vor wenigen Monaten sein Geschäft neben dem Rathaus eröffnet. Auch er hat Sorge, dass die Steuer sein Geschäft in die Knie zwingt. Aber: "Ich habe eine große Portion Optimismus mit in das Projekt genommen. Natürlich besteht die Gefahr, dass Raucher wegen der hohen Preise nicht mehr umsteigen. Ich denke jedoch, dass jahrelange Dampfer trotz hoher Steuern bei den E-Zigaretten bleiben".

Sickel hat sich für das "Abdampfen" frühzeitig einen DHL-Service in den Laden geholt. Außerdem betont er, dass Sondershausen zwar nicht groß sei, sein Geschäft im nahen Einzugsgebiet aber konkurrenzlos ist. Zwei Dampfer-Shops in Nordhausen sind mittlerweile geschlossen.

E-Zigarette: "Branche wird kleiner"

Thomas Habla und Violetta Hufe aus Mühlhausen prognostizieren, dass nicht alle Dampfer-Shops die neue Steuer überleben werden. "Spätestens 2016 gab es in Deutschland eine große Gründerwelle von Dampf-Shops. Durch die Steuer wird sich das wieder umkehren. Ich denke, die Spreu wird sich vom Weizen trennen. Die Branche wird kleiner werden."

MDR (ls)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 20. Januar 2023 | 08:00 Uhr

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