Mediziner-Mangel Roßleben sucht Nachwuchs-Ärzte - und kauft leeren Einkaufsmarkt

18. August 2024, 15:52 Uhr

In Roßleben stehen die meisten Ärzte kurz vor der Rente. Bürgermeister Steffen Sauerbier will die medizinische Versorgung dennoch sicherstellen. Die Gemeinde im Kyffhäuserkreis hat daher einen ehemaligen Einkaufsmarkt gekauft, um darin Mediziner anzusiedeln.

Das Gebäude liegt zentral im Ort Roßleben (Kyffhäuserkreis), aber schön ist es nicht. Früher war ein Einkaufsmarkt darin untergebracht, jetzt zieren Grafittis die Mauern. Ein Bauzaun hält weitere Randalierer ab. Trotzdem sollen hier später Ärzte praktizieren - und die werden dringend gebraucht.

Sylvia Lüttich aus Roßleben kommt aus der Fußpflege gegenüber. Zur Zeit gebe es noch genügend Ärzte im Ort, sagt sie, "aber unsere Ärzte sind alle in dem Alter, wo sie aufhören können." Und wenn sie das tun, sei niemand mehr da.

Wo wollen die Älteren hin, die kein Auto haben?

Lothar Lewinski Anwohner

Sebastian Ludwig ergänzt: "Für die Zukunft ist es ein großes Problem." Auch Lothar Lewinski macht sich Sorgen. Seine Hausärztin sei über 60 Jahre alt und kein Ersatz da. "Wo wollen die Älteren hin, die kein Auto haben?"

Können Roßlebens Ärzte länger arbeiten?

Was sagen die Ärzte selbst dazu? Können sie länger arbeiten? Die Internistin Birgit Pröseler steht altersmäßig vor der Rente, hat eine Nachfolgerin für ihre Praxis - als einzige bisher. Sie spricht voller Respekt von einer Kollegin, die mit noch 77 Jahren praktiziert.

Sie selbst kann sich das nicht vorstellen, denn nach ihrer Beobachtung fällt ihr die Arbeit im Alter schwerer: "Wir haben ja Verantwortung für unsere Patienten und wenn wir uns irren oder Fehler machen, dann kann das ja unter Umständen sehrt fatal werden." Das belaste sie.

Ärztin Birgit Pröseler
Die Ärztin Birgit Pröseler erinnert an die hohe Verantwortung von Medizinern. Bildrechte: MDR/Heidje Beutel

Nach einer Praxisschließung stünden viele Räume nicht mehr zu Verfügung, so Bürgermeister Steffen Sauerbier (SPD). Denn die meisten Ärzte arbeiten in ihren eigenen Häusern. Ein Nachfolger, wenn es ihn gebe, bräuchte also neue Räume.

Das Problem ist jetzt da und nicht erst in fünf Jahren, wir müssen es jetzt lösen!

Steffen Sauerbier Bürgermeister

Was der Bürgermeister plant

Die Gemeinde hat einen ehemaligen Einkaufsmarkt im Ortszentrum von Roßleben gekauft. Dort sollen die neuen Ärzte dann arbeiten. Sauerbier denkt zum Beispiel an einMedizinisches Versorgungszentrum MVZ - und hat es eilig: "Das Problem ist jetzt da und nicht erst in fünf Jahren, wir müssen es jetzt lösen!"

Bürgermeister Sauerbier
Bürgermeister Steffen Sauerbier kämpft für die medizinische Versorgung seiner Bürger. Bildrechte: MDR/Heidje Beutel

Unklar ist aber, ob der ehemalige Einkaufsmarkt umgebaut oder abgerissen werden soll, in welcher Organisationsform die Ärzte dort arbeiten werden oder woher sie kommen. Doch Bürgermeister Sauerbier kann die anstehenden Aufgaben gar nicht angehen, wie er sagt: "Laut Kommunalaufsicht bin ich nicht zuständig und das Innenministerium hat das bestätigt."

Wer ist zuständig?

Rathaus
Aus dem Rathaus heißt es, dass nicht klar ist, wer bei diesem Problem welche Aufgaben hat. Bildrechte: MDR/Heidje Beutel

Unklar ist, wer bei diesem Problem welche Aufgaben hat. Das Landratsamt Kyffhäuserkreis geht das Thema langfristig an und verweist auf die elf Punkte aus seinem "Masterplan Gesundheitsversorgung 2030". Der Gemeinde Roßleben-Wiehe wird das kurzfristig nicht helfen.

Zum Aufklappen: Was steht im Masterplan Gesundheitsversorgung 2030?

  1. Einführung eines Arztlotsen in die Stabstelle Gesundheitsmanagement
  2. Etablierung eines Nachwuchsnetzwerkes
  3. Erstellung einer "Richtlinie zur Gewährung eines Stipendiums für Human- und Zahnmedizinstudenten"
  4. Schaffung von Integrationsmaßnahmen für ausländisches Fachpersonal
  5. Schaffung von Weiterbildungsangeboten für medizinisches Fachpersonal
  6. Unterstützung der Pflegefachkraftausbildung im Kyffhäuserkreis
  7. Förderung der Aus- und Weiterbildung von Pflegefachkräften und Arzthelfern zu VERAH (Versorgungsassistent/in in der Hausarztpraxis)
  8. Förderung der Weiterbildungsbefugnis
  9. Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen für die Durchführung von Telemedizin
  10. Schaffung von Anreizen für Zweit- und Drittpraxen sowie mobiler Angebote
  11. Fortschreibung des Masterplans Gesundheitsversorgung

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MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 18. August 2024 | 19:00 Uhr

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