Die beiden Angeklagten im sogenannten Fretterode-Prozesse betreten das vom Landgericht Mühlhausen.
Die beiden Angeklagten im Landgericht Mühlhausen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Silvio Dietzel

Justiz Nach Angriff von Rechtsextremen auf Journalisten: Fall aus Fretterode kommt neu vor Gericht

14. März 2024, 07:12 Uhr

Der Prozess um einen rechtsextremen Angriff auf Journalisten in Fretterode im Jahr 2018 soll neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof hatte zuvor das ursprüngliche Urteil vom September 2022 aufgehoben. Vereine und Verbände sprachen damals von einem "Skandalurteil".

Das sogenannte Fretterode-Verfahren soll neu aufgerollt werden. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) mitteilte, ist das Urteil aus dem September 2022 aufgehoben worden. Staatsanwaltschaft und Nebenklage waren zuvor in Revision gegangen. Der BGH erklärte die Würdigung von Beweisen durch das Landgerichts Mühlhausen nun für fehlerhaft.

Die beiden Angeklagten erhielten ursprünglich wegen gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung beziehungsweise 200 Arbeitsstunden nach Jugendstrafrecht. Mit dem Urteil blieb das Gericht deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft nach Freiheitsstrafen.

Neue Verhandlung am Landgericht Mühlhausen geplant

Wie der Anwalt von einem der beiden angegriffenen Journalisten mitteilte, ist die Nebenklage wegen schweren Raubes und das Einbringen von Beweggründen der Neonazi-Szene vom Landgericht nicht berücksichtigt worden. Damit seien nicht alle vorliegenden Indizien eingeflossen. Auch der Verbleib der gestohlenen Spiegelreflexkamera sei beispielsweise nicht geklärt.

Das Verfahren soll nun in einer anderen Kammer des Landgerichts Mühlhausen neu verhandelt werden. Genaue Informationen zum weiteren Verfahren teilte das BGH noch nicht mit.

Zum Aufklappen: Was ist die Nebenklage?

Nebenkläger ist eine Person, die durch eine Straftat verletzt wurde. Allerdings gilt dies nicht bei jeder Straftat, sondern nur bei solchen, die den Verletzten in seiner Privatsphäre oder Persönlichkeit besonders treffen können. Welche Taten dies sind, hat der Gesetzgeber abschließend aufgezählt: Dazu zählen Sexualdelikte, Beleidigungsdelikte, Körperverletzungsdelikte, Freiheitsdelikte und Versuchte Tötungsdelikte. Der Nebenkläger darf nicht nur selbst an der Hauptverhandlung teilnehmen, sondern sich auch einen Rechtsanwalt (den sogenannte Nebenklägervertreter) als Beistand hinzuziehen oder diesen als Vertreter in die Verhandlung entsenden.

Quelle: Ministerium der Justiz Nordrhein-Westfalen

Angriff auf Journalisten im Jahr 2018

Die beiden beschuldigten Männer hatten im April 2018 in Fretterode im Eichsfeld zwei Göttinger Fotografen aus der linken Szene mit einem Messer und einem schweren Schraubenschlüssel attackiert. Diese waren in dem Prozess als Nebenkläger aufgetreten.

Die Geschädigten wollten ein Treffen von mutmaßlichen Neonazis fotografieren, als sie angegriffen wurden. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen hatte im Februar 2019 Anklage erhoben. Das Urteil stieß damals bundesweit auf massive Kritik. Vertreter der rot-rot-grünen Landesregierung, aber auch Mitglieder von Bündnissen gegen Rechtsextremismus sowie von Journalistenverbänden sprachen von einem "Skandalurteil", das ein völlig falsches Signal sende.

MDR (cfr)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 13. März 2024 | 19:00 Uhr

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