Fragen & Antworten Neue Schulordnung steht: Sozialkunde bis Klasse 10 bleibt Pflicht

13. Dezember 2023, 16:12 Uhr

Im Juni hatte das Bildungsministerium erstmals die Pläne für eine neue Schulordnung in Thüringen vorgestellt. Danach hagelte es viel Kritik. In den vergangenen Monaten wurden über 50 Stellungnahmen von Fachverbänden, Interessenvertretungen, Lehrern, Schülern und Eltern geprüft. Die wichtigsten Änderungen im Überblick.

Was ändert sich mit der neuen Schulordnung?

In allen Schulen wird ab der fünften Klasse das neue Fach "Medienkunde und Informatik" unterrichtet. Zwei Stunden pro Woche sollen Kinder und Jugendliche bis zur achten Klasse nicht nur darin geschult werden, wie digitale Technik funktioniert, sondern auch darin, welche Möglichkeiten soziale Medien bieten und worin die Gefahren liegen. In Klasse neun und zehn soll der Fokus mehr auf Informatik liegen, dann mit nur einer Wochenstunde.

Die Fächer Physik und Astronomie werden ab der 7. Klasse zusammengefasst und jeweils mit vier Stunden in Klasse sieben und acht, und zwei Stunden in Klasse neun und zehn unterrichtet. Das Bildungsministerium hatte im Vorfeld viel Kritik für diesen Vorschlag geerntet, bleibt aber dabei, dass die Fächer zusammengelegt werden. Die Inhalte würden teilweise ineinandergreifen, zudem wurde die Anzahl der Fächer so von 19 auf 18 reduziert.

Für Regelschüler sind zukünftig nicht mehr zwei Fremdsprachen verpflichtend. Stattdessen sollen die Kinder in Klasse sechs wählen dürfen, ob sie eine zweite Fremdsprache lernen möchten oder ihre sprachlichen Kompetenzen in bestimmten Fachbereichen verbessern wollen. Wer sich für eine zweite Fremdsprache entscheidet, lässt sich so den Wechsel ans Gymnasium offen, da dort bis zur zehnten Klasse zwei Fremdsprachen verpflichtend sind. Diese Pflicht entfällt allerdings auch dort ab der elften Klasse.

Gleichzeitig wird die Stundenzahl in den Fremdsprachen insgesamt erhöht. Ziel ist laut Bildungsministerium, dass alle Schülerinnen und Schüler am Ende der 10. Klasse in einer Fremdsprache ein einheitliches Bildungsniveau erreichen, egal welche Schulform sie besuchen. Damit solle auch der Wechsel zwischen den Schulformen und auch innerhalb Deutschlands erleichtert werden.

Am Gymnasium verringert sich zudem die Zahl der Fächer mit erhöhtem Anforderungsniveau von vier auf drei. Diese Fächer werden nun fünfstündig statt wie bisher nur mit vier Stunden unterrichtet. Kombinationen von Deutsch/Englisch sowie Mathe/Physik bleiben weiterhin möglich. Die Sekundarstufe wird damit so angepasst, dass das Abitur bundesweit vereinheitlicht werden kann - eine Vorgabe der Kultusministerkonferenz der Länder.

Die flexiblen Unterrichtsstunden, die Schulen zusätzlich einsetzen können, sind nun nicht mehr verschiedenen Bereichen zugeordnet, sondern können frei gewählt werden. So will das Ministerium unter anderem die verschiedenen Schulkonzepte stärken.

Mit der neuen Schulordnung soll auch die Hausaufgabenzeit für Kinder und Jugendliche reduziert werden. Ab Klasse fünf von zwei auf eine Stunde täglich, ab Klasse eins jeweils eine halbe Stunde pro Tag. Allerdings sind das nur Richtwerte. Dennoch soll damit dem grundsätzlichen Recht auf Freizeit bei Kindern und Jugendlichen entsprochen werden.

Was bleibt auch in der neuen Schulordnung gleich?

Schülerinnen und Schüler in Thüringen werden auch weiterhin bis zur zehnten Klasse in Sozialkunde unterrichtet. Ursprünglich sollten die Schülerinnen und Schüler schon vor dem Wechsel in die zehnte Klasse Unterrichtsfächer abwählen können, unter anderem Sozialkunde. Die Kritik daran sei zu groß gewesen, so das Ministerium. Deshalb habe man von diesen Plänen wieder Abstand genommen.

Ursprünglich wollte das Ministerium, dass die Schüler je zwei Fächer aus dem naturwissenschaftlichen Bereich (Biologie, Chemie und dem künftig zusammengefassten Doppelfach Physik/Astronomie) sowie aus dem gesellschaftswissenschaftlichen Bereich (Sozialkunde, Geografie, Wirtschaft und Recht) wählen. Außerdem sollten sie sich zwischen Kunst und Musik entscheiden. Die Zahl der Fächer sollte von 19 auf 15 minimiert werden, die Zahl der Unterrichtsstunden insgesamt sollte aber gleich bleiben. Damit wollte das Bildungsministerium die Schüler entlasten und mehr Zeit in den verbliebenen Fächern ermöglichen.

Anders als von den Lehrerverbänden gefordert, hält das Bildungsministerium auch an der Seminarfacharbeit in Klasse elf fest. Für das Studium wichtige Kompetenzen wie wissenschaftliches Arbeiten würden damit erlernt, hieß es zur Begründung.

Warum ist eine neue Schulordnung notwendig?

Die Kultusministerkonferenz (KMK), indem die Bildungsminister der Bundesländer zusammenarbeiten, hat klare Vorgaben dazu erarbeitet, wie Kinder und Jugendliche in den Schulen gefördert werden sollen. Dazu zählt unter anderem auch eine bundesweite Vereinheitlichung des Abiturs. Mit der neuen Schulordnung setzt das Thüringer Bildungsministerium die Vorgaben der KMK um. Zugleich sollen das Unterrichtswesen modernisiert, Schulkonzepte gestärkt und die einzelnen Schularten durchlässiger werden. Heißt: Bei einem Wechsel zwischen den unterschiedlichen Schularten sollen Kinder und Jugendliche nicht benachteiligt werden.

Für wen gilt die neue Schulordnung?

Die neue Schulordnung wurde für alle Schularten von Grundschulen, über Regel-, Gesamt- und Gemeinschaftsschulen bis hin zu Gymnasien und berufsbildenden Schulen erarbeitet. Sie gilt sowohl für staatliche als auch für freie Schulen.

Ab wann gilt die neue Schulordnung?

Das Thüringer Bildungsministerium plant, die Schulordnung noch vor Weihnachten ans Thüringer Justizministerium zu übergeben. Dort werden die einzelnen Punkte und Formulierungen rechtlich geprüft. Im Frühjahr ist sie dann noch einmal Gegenstand einer Sitzung des Bildungsausschusses im Thüringer Landtag. Nach dem Willen des Ministeriums soll sie ab dem kommenden Schuljahr 2024/25 gelten. Allerdings müssen dafür auch nahezu alle Lehrpläne überarbeitet werden. Um die Schulordnung durchzuzusetzen, braucht das Bildungsministerium nicht die Zustimmung des Landtags.

Gibt es auch Änderungen bei der BLF?

Die Besondere Leistungsfeststellung (BLF) am Ende der zehnten Klasse am Gymnasium bleibt weiter Pflicht. Diese ist nach Angaben des Bildungsministeriums im Schulgesetz geregelt und nicht in der Schulordnung. Für eine Änderung ist eine Mehrheit im Landtag nötig.

Mit der BLF können Gymnasiasten einen dem Realschulabschluss gleichgestellten mittleren Schulabschluss abschließen. Über eine Abschaffung der BLF wird bereits seit Längerem diskutiert, vor allem deshalb, weil der Abschluss von Arbeitgebern anderer Bundesländer außer Sachsen, nicht anerkannt wird.

Das sagen unsere User dazu:

Die Fächer selbst nahmen den kleineren Teil der Diskussion ein: Sorglos kritisierte "Wie kann man Physik reduzieren? Ein elementares Fach? Wie kann man Fremdsprachen reduzieren oder freiwillig machen?"  Auf Facebook kritisierte Thomas Blume: "Wozu eigentlich mehr Stunden für Fremdsprachen, lasst die Kinder doch erst einmal ordentlich die deutsche Sprache lernen!", wofür er sofort von Patrick König erntete: "Globalisierung. Jeder technische Job benötigt englisch heutzutage als Grundvoraussetzung". Thorsten Pfeiffer forderte, dass "jedes Kind einen Abschluß nach der zehnten Klasse" habe, der auch bundesweit anerkannt werde.

Ralf G fand angesichts der aktuellen Pisa- Studie "die Betonung der 'Work-Life-Balance' hinsichtlich Hausaufgaben-Reduzierung schon bemerkenswert." Dem entgegnete Reuter4774: "Kinder sind Kinder und keine kleinen Erwachsenen. Und ein Schultag ist für Kinder genauso anstrengend wie ein Arbeitstag für Erwachsene. Und irgendwann kann das Gehirn auch nichts mehr aufnehmen da bringt keine Hausaufgabe was. Deshalb lernen die heutigen Schüler auch effiziente Lerntechniken und - Methoden direkt in der Schule."

Der größere Teil der Reaktionen beschäftigte sich aber mit dem realen Unterrichtsvolumen: "Was in der Schulordnung steht und was unterrichtet wird, sind in Thüringen zwei Dinge. Auf Stundenplänen fehlen ein- oder mehrere Fächer einfach und die Richtstundenzahl wird unterschritten" (Hobby-Viruloge007) oder Jessica Münch: "Mehr Stunden für Fremdsprachen...das ich nicht lache. Aktuell hat mein Sohn genau 1 Stunde pro Woche Englisch.... das wird auch durch das neue Gesetz nicht besser, es fehlen Lehrer ohne Ende" oder MalNachdenken: "Unabhängig vom Lehrplan und der gewünschten Stundenzahl ist aber die Sicherstellung der notwendigen Stunden. Der ersatzlose Ausfall von Unterrichtsstunden ist, meiner Meinung nach, das größere Problem in Thüringen" und nivel_akinna "Find ich cool, aber wo kommen die Lehrer her, die das auch tatsächlich unterrichten?" - sarkastisch fast beantwortet von Eckhard Monninger: "Und wo werden die dafür notwendigen Lehrer geklont?"

MDR (jml/mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit vom Tag | 13. Dezember 2023 | 18:00 Uhr

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