Wirtschaft | Recht Oberverwaltungsgericht verhandelt Klagen zu Windvorranggebieten
Hauptinhalt
09. November 2022, 18:39 Uhr
Den Richtern geht es um formale und inhaltliche Fehler, aber auch um Verständlichkeit bei Genehmigungen und Entwürfen. Außerdem werden die Kritierien für die jeweiligen Entscheidungen geprüft, gegen die sechs Unternehmen aus Mittelthüringen geklagt hatten. Das Urteil soll am 22. November verkündet werden.
Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat am Mittwoch mehrere Klagen gegen Windvorranggebiete in Mittelthüringen verhandelt. Geklagt haben sechs Unternehmen, die Windparks bauen oder betreiben. Außerdem geht die Gemeinde Ilmtal-Weinstraße im Weimarer Land juristisch gegen die im Regionalplan festgelegten Vorranggebiete vor.
Begriffsklärung und Verständlichkeit
In der Verhandlung gehen die Richter möglichen formalen und inhaltlichen Fehlern auf den Grund. Erörtert wurde unter anderem die Frage, wie verständlich die veröffentlichten Entwürfe und Genehmigungen für die ausgewiesenen Flächen sein müssen.
Beispiel: Der Begriff Vorranggebiet. Vertreter der Windfirmen warfen die Frage auf, ob die Begriffe Konzentrationsfläche und Windvorranggebiet ausreichen. Nicht jeder Bürger wisse, dass mit der Festlegung auf ein Vorranggebiet nicht nur die Entscheidung für einen Windstandort verbunden, sondern der Bau von Anlagen gleichzeitig an anderer Stelle ausgeschlossen sei. Eine der Klägerinnen forderte hier, die Planungsunterlagen verständlicher zu gestalten.
Konzentration soll Ordnung bringen
Bei den inhaltlichen Aspekten nahmen die Richter unter die Lupe, nach welchen Kriterien die Planungsgemeinschaft Mittelthüringen, der vier Kreise und die kreisfreien Städte Erfurt und Weimar angehören, Entscheidungen für oder gegen Windvorranggebiete getroffen hat. Unter anderem am Beispiel Mindestgröße für solche Vorranggebiete wurde deutlich, dass solche Kriterien keine Kleinigkeit sind.
Die Planungsgemeinschaft sagt: Ein Vorranggebiet darf nicht kleiner sein als 25 Hektar und muss Platz für mindestens drei Windräder bieten. Betreiber, die an kleineren Standorten alte Anlagen durch neue ersetzen wollen, dürfen das deshalb nicht. Die Windfirmen sehen damit unter anderem ihre wirtschaftlichen Interessen beschnitten. Die Planungsgemeinschaft dagegen will Windräder konzentrieren und so Ordnung in der Landschaft halten.
Hier hakten die Richter gründlich nach, auf Basis welcher Fakten die Entscheidung für 25 Hektar getroffen wurde und wie Gründe dafür und dagegen abgewogen worden sind.
Gesetz wird Zielvorgaben machen
Zu Beginn der Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter darauf aufmerksam gemacht, dass der Senat auf der Basis der Rechtsgrundlagen von 2018 über die sechs Klagen entscheiden wird. Die Entscheidung über die Vorranggebiete war im November jenes Jahres gefallen und im Dezember veröffentlicht worden.
Aktuell, so der Vorsitzende, seien die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Ausweisen von Windflächen sehr stark in Bewegung. So tritt im Februar 2023 unter anderem das Wind-an-Land-Gesetz der Ampel-Koalition im Bund in Kraft. Das macht den Ländern konkrete Zielvorgaben, bis wann wie viel Prozent der Landesfläche für Windenergie bereitgestellt werden müssen.
Schon jetzt Sonderregelungen möglich
Thüringen plant vor diesem Hintergrund unter anderem, die Möglichkeiten für den Bau von Windrädern auszuweiten. Kommunen sollen unabhängig von den Vorranggebieten eigene Flächen für Anlagen ausweisen dürfen. Außerdem haben Industrieunternehmen schon jetzt die Möglichkeit, über sogenannte atypische Genehmigungen Windräder außerhalb der Vorranggebiete zu bauen, wenn sie den dort erzeugten Strom selbst verbrauchen.
Am Ende des Verhandlungstages hat die Gemeinde Ilmtal-Weinstraße ihre Klage zurückgezogen. Das Urteil soll am 22. November verkündet werden.
MDR (gh)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 09. November 2022 | 18:00 Uhr