Mensch vs. Maschine Wie lange gibt es noch "neue" Musik und ersetzt KI einen Komponisten?
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22. November 2023, 15:45 Uhr
Zwölf Töne sind es nur, dann geht es eine Oktave höher wieder von vorne los. Stößt die Komposition neuer Musik irgendwann schon rein mathematisch an ihre Grenzen? Eine Recherche unseres Redakteurs für Hörerfragen. Sie fragen - wir antworten. Einschätzungen gibt Komponist und KI-Experte Alex Vaughan von der Weimarer Hochschule für Musik.
Überspitzt gesagt hören wir eigentlich schon lange immer wieder dasselbe und merken es gar nicht. Das beste Beispiel sind die 36 Pop-Songs, die die australischen Comedians "The Axis of Awesome" in einem Video zusammengestellt haben. Was die Hits alle gemeinsam haben sind die D-Dur-, A-Dur-, H-Moll- und G-Dur-Akorde.
Das Video können Sie hier angucken:
Mehr als sechs Minuten lang liegen diese Akkorde unter drei Dutzend Welt-Hits, die die Musiker nachsingen und damit zeigen, dass einerseits alle irgendwie gleich sind, sich aber trotzdem immer wieder etwas anderes entwickelt.
Mathematisch kaum Grenzen für Kompositionen - nur klingen sie nicht gut
Mathematisch sind der Anzahl der Kompositionen kaum Grenzen gesetzt, sagt Alex Vaughan. Er ist Australier, Komponist, KI-Experte und er lehrt an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar - auch Komposition. Das Problem ist eher, dass die meisten mathematisch zwar möglichen Ton-Kombinationen unsere Ohren beleidigen.
Mathematisch haben wir nahezu unendlich viel Material zur Verfügung, aber der größte Teil davon ist nicht zu gebrauchen. Der Mensch möchte das nicht hören.
Das bedeutet, eine gewisse Endlichkeit gibt es offenbar schon, sonst würde nicht vermehrt geklagt, wenn sich zwei Stücke zu ähnlich sind. Die Masse an Musik führt zu Kollisionen und zeigt durchaus eine gewissen Endlichkeit. Aber diese zu berechnen, ist schwer.
Gerne lassen sich die Komponisten von heute deshalb von alten Klassikern inspirieren. Bach wird immer wieder gern genommen, immerhin galten die Regeln der Harmonien und des angenehmen Wohlklangs schon früher. Heute schränkt sich die moderne Pop-Musik allerdings auch selbst ein, so Alex Vaughan. Wenig Melodie, viel Bass und Beat und unterm Strich nicht viel Neues. Und jetzt kommt auch noch die große Angst vor der Künstlichen Intelligenz dazu.
Macht die KI Komponisten arbeitslos?
Dass sich mit Alex Vaughan ausgerechnet ein Komponist mit Künstlicher Intelligenz als Kompositions-Werkzeug beschäftigt und gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern eine solche Software entwickelt, verwundert. Aber es ist so ein bisschen die Flucht nach vorn. Sonst machen es halt die großen Konzerne, aber keine Musiker, sagt Alex Vaughan.
Aktuell geht es bei einem seiner Projekte um große Orchester-Werke, die die KI dann komponieren soll. Und wenn alles fertig ist, sind echte Komponisten überflüssig? Alex Vaughan argumentiert anders. KI wird nur den Durchschnitt liefern und im Gegensatz zu echten Künstlern hat sie kein Image.
Davon lebt Pop-Musik aber auch, es braucht Musik-Videos, Geschichten und Skandale. Die kann die KI nicht wirklich liefern, sie kann aber dazu beitragen, dass der Mensch inspiriert wird, neue Ideen zu entwickeln.
Hoffentlich gibt es schlechteren Künstlern oder B-Künstlern einen Kick in den Po, um eine höhere Qualität an Musik zu produzieren.
Die KI könnte den Menschen also vielleicht sogar heraushelfen aus der derzeitigen Durchschnittsphase der Musik, so die Hoffnung von Alex Vaughan. Wir sind zu faul geworden, sagt er, vieles entsteht am Computer und durch einen Künstler ganz alleine. Vielen fehlt die Fähigkeit, ein Instrument spielen zu können.
Man könne ein ganzes Pop-Album produzieren, ohne musikalisches Talent zu besitzen. Diesen Einzelkünstlern fehlen zudem die Reibungen zwischen den einzelnen Musikern einer Band, die uns in der Vergangenheit so viele tolle Musik beschert hat. Auch mit den wenigen Akkorden in D-Dur, A-Dur, H-Moll und G-Dur.
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 22. November 2023 | 16:40 Uhr
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