Kulturpolitik Causa Guy Montavon: Wie es am Theater Erfurt weitergeht
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01. Februar 2024, 18:02 Uhr
Der Generalintendant des Erfurter Theaters, Guy Montavon, ist am Mittwochabend als Werkleiter abberufen worden. Das hat für Aufsehen gesorgt. Doch am Mittwoch gab es noch eine zweite Sondersitzung, die des Werkausschusses – dem Kontrollgremium des Theaters. Geladen waren auch Mitglieder der Kanzlei, die den Fall untersuchte. Der Abend hat gezeigt, dass es ein großes Interesse an Aufklärung gibt. Wir haben Reaktionen zusammengetragen.
- Die Öffentlichkeit und Mitarbeiter des Theaters Erfurt wünschen sich Transparenz um die Vorwürfe gegen das Theater.
- Die bisher bestehende Verdachtsgrundlage erschwert arbeitsrechtliches Vorgehen.
- Erfurts Oberbürgermeister Bausewein soll nun einen neuen Aufhebungsvertrag mit Intendant Montavon aushandeln.
Nach den beiden Sondersitzungen am Mittwochabend und einer Demo vor dem Rathaus wird es den geplanten Aufhebungsvertrag für Guy Montavon vorerst nicht geben, und längst ist nicht alles in der Sache geklärt. Klar ist nur: Viele Menschen wünschen sich Transparenz, zum Beispiel die Veröffentlichung des Gutachtens einer von der Stadt Erfurt beauftragten Berliner Anwaltskanzlei.
Vertreter dieser Kanzlei waren in der Sitzung des Werkausschusses zu Gast. Steffen Präger, Vorsitzender des Werkausschusses, betonte im Gespräch mit MDR KULTUR, dass bei aller Transparenz die Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller im Bericht erwähnten Personen gewährleistet sein müsse. Man könne das Papier nicht einfach öffentlich machen, ohne sich dabei in rechtliche Probleme zu begeben, etwa beim Datenschutz. Für den öffentlichen Teil des Werkausschusses habe man eine Drucksache vorbereitet, die den Oberbürgermeister auffordere, die Erkenntnisse dieses Berichtes in geeigneter Weise öffentlich zu machen. Das solle bis spätestens Anfang nächster Woche passieren.
Bisher keine Beweisgrundlage für ein arbeitsrechtliches Vorgehen
In einer Pressemitteilung der Stadt Erfurt hatte es zuvor geheißen, es habe am Theater "unschöne, teils schwer nachvollziehbare Situationen gegeben, jedoch seien die Verdachtsmomente nicht so schwerwiegend, dass ein arbeitsrechtliches Vorgehen geboten sei". Präger meinte, das klinge so, als hätten direkte Schritte, was den arbeitsvertraglichen Teil anbetreffe, nicht eingeleitet werden können.
Es bedürfe nicht einer Verdachtsgrundlage, sondern Beweisen, und die lägen im Moment nicht vor. Man habe aber am Mittwoch auch tiefe Einblicke in das Alltagsleben des Theaters erfahren. Da seien neue Informationen zu Tage getreten, die eine rechtliche Bewertung erforderten, so Präger.
Eine von der AfD geforderte Strafanzeige könne man machen, so Präger, aber das blende aus, dass die Stadtspitze gleichermaßen verpflichtet sei, die Staatsanwaltschaft einzubeziehen, falls Verdachtsmomente entstünden.
Bei der Aushandlung eines neuen Aufhebungsvertrages mit Guy Montavon sieht Präger den Oberbürgermeister Bausewein in der Verantwortung. Der müsse das mit seinem Kulturdezernenten und rechtlichem Beistand tun.
Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen
Sebastian Perdelwitz von der Fraktion Mehrwertstadt bezog sich im Gespräch mit MDR KULTUR auf eine Demonstration am Mittwochabend vor dem Rathaus. Dort sei "ein klares Zeichen gesetzt" worden, "dass Machtmissbrauch auf keinen Fall geduldet wird". Auch habe es "ein klares Zeichen nochmal zur Unterstützung der gekündigten Gleichstellungsbeauftragten" gegeben.
Tina Morgenroth (Mehrwertstadt Erfurt) sagte, bei der Stadtratssitzung seien mehr Dinge zu Tage getreten, als sie erwartet hätte: Es habe zahlreiche Momente des Schocks gegeben. Was in der gestrigen Sitzung berichtet worden sei, sei ein Fass ohne Boden. Das Ganze sei noch lange nicht beendet, ein langer Prozess der Aufarbeitung stehe noch bevor.
Immer noch stehen viele Fragen im Raum
Auch die Fraktion der Grünen im Stadtrat von Erfurt hat dem Aufhebungsvertrag nicht zugestimmt. David Maicher von der Grünen-Fraktion sagte, es gelte "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" und nicht alles im "Hauruck-Verfahren durchzuboxen." Wichtig sei, so Maicher, "dass die Aufklärung nicht endet. Wir haben viele Fälle, die noch in der Schwebe sind, wo viele Fragen sind, da müssen wir dranbleiben." Von Seiten der Stadtverwaltung habe es angeblich Druck gegeben, zu einer schnellen Entscheidung zu kommen. Auch die CDU bemängelte den Zeitdruck, ehrenamtliche Stadträte benötigten mehr Zeit für das komplexe Thema.
Es geht um hochkomplexe arbeitsrechtliche Dinge
Laura Wahl, Stadträtin und Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Grünen, sagte, dass sich hier ein ehrenamtlicher Stadtrat mit hochkomplexen arbeitsrechtlichen Fragen auseinandersetzen müsse. Es hätten sich durch die Sitzung eher noch neue Fragen zu Vorgängen am Theater ergeben. Ihre Fraktion sei daher auch bei ihrem angekündigten Abstimmungsverhalten geblieben.
SPD-Abgeordneter beklagt mangelnde Transparenz
Transparenz habe es bei dem ganzen Procedere nicht gegeben, auch nicht für die Stadträte, schon gar nicht für die Öffentlichkeit, sagte Wolfgang Beese von der SPD. Die Informationen seien sehr ungleich verteilt, manche seien informiert worden, andere nicht. Seine größte Angst, so Beese, sei nun die Funktionalität des Theaters: Wie solle da jetzt vernünftig gearbeitet werden, mit einer neuen Werkleitung und einem Generalintendanten, der freigestellt ist?
Quelle: Kulturdesk, Blanka Weber, Thomas Bille
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 01. Februar 2024 | 13:10 Uhr