Urteil Erfurter Neonazi-Verein muss Immobilie am Herrenberg räumen
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18. Juni 2020, 16:22 Uhr
Das Haus in der Stielerstraße in Erfurt galt in den letzten Jahren als eine der wichtigsten Neonazi-Immobilien Thüringens, von der aus die rechtsextreme Szene weitestgehend ungestört durch die Behörden agieren konnte. Der Verein hatte nur einen Zeitmietvertrag, wollte aber nicht ausziehen. Das Urteil vom Mittwoch gibt aber jetzt dem Vermieter Recht.
Der Neonaziverein "Neue Stärke Erfurt" ehemals "Volksgemeinschaft" muss die Immobilie in der Stielerstraße am Erfurter Herrenberg verlassen. Die Richter am Amtsgericht Erfurt haben am Mittwoch der bayrischen Immobilienfirma, der das sanierungsbedürftige ehemalige Einkaufszentrum gehört, im Zivilverfahren um die Gültigkeit des Zeitmietvertrages mit dem Neonaziverein Recht gegeben. Die Rechtsextremen wollten die Immobilie nämlich nicht, wie im Mietvertrag vorgesehen, im September 2020 räumen. Nun muss der Verein laut Urteil die Immobilie bis zum 31. August verlassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die bisherigen Mieter kündigten am Donnerstag an, sich weiter rechtlich wehren zu wollen.
Neuer Name, alter Vorstand
Erst Anfang Juni hatte sich der seit 2015 bestehende Neonaziverein "Volksgemeinschaft" in "Neue Stärke Erfurt" umbenannt. Der Vorstand blieb mit den Neonazikadern Enrico Biczysko, der schon für die rechtsextreme NPD im Erfurter Stadtrat saß und für die Neonaziparteien "Die Rechte" und "Der III. Weg" aktiv war, und dem polizeibekannten Rechtsextremisten Michael F. derselbe.
Bruch zwischen Verein und Partei am Herrenberg
Allerdings sind mittlerweile die Graffitis mit dem Logo der Neonazi-Kleinstpartei "Der III. Weg" von der Fassade des Zentrums verschwunden. Für die Partei stellte die Immobilie einen wichtigen Anlaufpunkt dar. Szenekenner gehen nun von einem Zerwürfnis des Vereins mit dem "III. Weg" aus. Bereits zuvor hatte sich der Verein mit NPD und "Die Rechte" verstritten. Das Amt für Verfassungsschutz bestätigt einen Bruch zwischen dem Verein und der Partei am Herrenberg.
Eine Sprecherin sagte MDR THÜRINGEN, unabhängig von diesen Veränderungen sei die Partei aber weiter in Erfurt aktiv. Dies gelte auch für den Verein in der Stielerstraße. "Die im früheren 'Volksgemeinschaft e. V.' begonnenen, später vorübergehend als Arbeitsgruppe von 'Der III. Weg' fortgeführten Kampfsportangebote bilden allem Anschein nach auch künftig den Schwerpunkt dieses Vereins."
Eine der wichtigsten Neonazi-Immobilien Thüringens
Das Haus in der Stielerstraße galt in den letzten Jahren als eine der wichtigsten Neonazi-Immobilien Thüringens, von der aus die rechtsextreme Szene weitestgehend ungestört durch die Behörden agieren konnte. Rechtsrock-Konzerte, Veranstaltungen verschiedener rechtsextremer Parteien und Feste, die die Neonazis veranstaltet hatten, um Familien mit Kindern anzulocken, fanden dort regelmäßig statt.
Immer wieder war es in der Vergangenheit zu Bedrohungen und Übergriffen durch Rechtsextreme im Umfeld der Immobilie unter anderem auf Anwohner und Mitarbeiter des naheliegenden Stadteilzentrums gekommen. Ein Sprecher der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (Mobit) sagte dem MDR, die Kündigung des Mietvertrages werde der Szene einen wichtigen Aktionsraum nehmen, ohne den viele Veranstaltungen nicht mehr möglich seien. "Das Personenpotential der lokalen Neonazi-Szene verschwindet allerdings nicht. Daher kann dies nur als ein Schritt verstanden werden, die menschenverachtende extrem rechte Szene im Stadtteil zurückzudrängen."
Quelle: MDR THÜRINGEN
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