Ruhestörung "Situation ist unbefriedigend": Alkoholverbot in Erfurter Meienbergstraße verlängert

20. Januar 2023, 10:12 Uhr

Seit einem Jahr dürfen in der Meienbergstraße in Erfurt zu bestimmten Zeiten keine alkoholischen Getränke konsumiert werden. Was hat das Verbot bisher gebracht? Nachgefragt im Bürgeramt.

Ein Geburtstag ist normalerweise ein Anlass zum Feiern. Das einjährige sogenannte Alkoholverzehrverbot in der Erfurter Meienbergstraße ist genau das Gegenteil - ein eher trauriger Anlass.

Doch von Anfang an: Immer wieder hatten sich in den letzten Jahren Anwohnende, Gewerbetreibende und Bürgerinitiativen über den nächtlichen Partylärm in der Straße beklagt. Weit über 120 Beschwerden erreichten das Bürgeramt innerhalb eines Jahres nur über die Meienbergstraße. Am Wochenende versammelten sich rund um die Imbisse und Getränkeshops oft weit mehr als 100 Leute in den Nachtstunden.

Richtig los ging es ab 23 Uhr und selten war vor 2 Uhr morgens Ruhe. Lautes Gegröle, Musik, viel Alkohol, Schlägereien - inklusive Bedrohungen von Ordnungsamt und Polizei. Am nächsten Morgen zeugten dann Müll, Urinspuren an Hauswänden und zerbrochene Flaschen von der nächtlichen Party. Und das ging so lange, bis den Anwohnern, die sich zahllose Male bei der Stadt beschwert hatten, der Kragen platzte und sie eine Bürgerinitiative gründeten: Lärmschutz Meienbergstraße.

Ärger auf 170 Metern in der Altstadt

Mit vereinten Kräften - und dem entsprechenden Medien-Echo - kam man nun mit der Stadt und Politikern ins Gespräch. Nach einigen gescheiterten Versuchen mit intensiveren Kontrollen griff Ordnungsdezernent Andreas Horn (CDU) dann vor gut einem Jahr durch und erließ ein Alkoholverzehrverbot. Seitdem darf auf der gerade einmal 170 Meter langen Straße zwischen 22 und 6 Uhr morgens kein Alkohol auf offener Straße konsumiert werden. Und damit das auch eingehalten wird, kontrollierten Polizei und Ordnungsbehörde verstärkt in der Straße. Dabei war laut Polizei und Bürgeramt „das Aggressionspotenzial immer wieder sehr hoch.

Jetzt haben wir im Prinzip das Gleiche wie vorher.

Christoph Jahn Bürgerinitiative Lärmschutz Meienbergstraße

Allein 2022 gab es über 60 nächtliche Kontrollen. Doch der Erfolg sei temporär geblieben, wie Christoph Jahn von der Bürgerinitiative Lärmschutz Meienbergstraße resümiert: "Wir waren am Anfang regelrecht begeistert, weil es schlagartig besser wurde. Durch die nicht lückenlose Kontrolle hat sich das Partygeschehen jedoch wieder etabliert und ist von Stück zu Stück wieder immer schlimmer geworden. Und jetzt haben wir im Prinzip das Gleiche wie vorher."

Alkoholverbot um zwei Jahre verlängert

Auch Ordnungsdezernent Andreas Horn (CDU) weiß um die Situation: "Wir haben festgestellt, dass unmittelbar nach den Nachtkontrollen eine Beruhigung eingetreten ist. Wir mussten aber auch feststellen, dass abseits von der hohen Kontrolldichte die Beschwerdelage und die Verstöße zugenommen haben. Die Situation ist unbefriedigend."

Trotzdem ist das Alkoholverzehrverbot nun um zwei Jahre verlängert worden. Gleichzeitig will man die Straße noch intensiver bestreifen. Für Stadtrat Jasper Robeck (Bündnis 90/Grüne) verfehlt das Alkoholkonsumverbot offensichtlich seine Ziele. Trotz massiven Personaleinsatzes habe man die Probleme in der Meienbergstraße nicht in den Griff bekommen. Langfristig sei dies nicht leistbar. Aus seiner Sicht müssten nun Alternativen zu Verboten geprüft werden.

Suche nach Freiräumen für junge Leute

Mit der Meienbergstraße würde ein weiterer Ort verschwinden, wo Jugendliche sich unbeschwert treffen könnten. Zwar hätten die Anwohner ein Recht auf ihre Ruhe, gleichzeitig hätten aber auch junge Menschen das Recht auf einen Platz in der Innenstadt. Deshalb müssten alternative Freiräume in der Innenstadt dafür entwickelt werden. Wo die genau entstehen sollen, konnte er aber noch nicht sagen. Dafür müssten erst Konzepte erstellt werden.

Jetzt wolle man zunächst ein Modellprojekt mit sogenannten Awareness-Teams starten. Jugendliche fungieren dabei als Streitschlichter, die auf andere junge Menschen einwirken sollen. Dabei geht es vor allem um Gespräche auf Augenhöhe, einen respektvollen Umgang miteinander. Sie sollen schaffen, was den Ordnungskräften bislang nicht gelingt - ein gegenseitiges Verständnis von Anwohnern und Jugendlichen.

MDR (mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 19. Januar 2023 | 19:00 Uhr

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