Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel in die Wahlurne zur Stimmabgabe.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Schackow

Datenanalyse Doch keine Protestwahl? Wer in Thüringen wie gewählt hat

03. September 2024, 05:00 Uhr

Bei der Thüringer Landtagswahl haben AfD und CDU die meisten Stimmen erhalten. Wie haben verschiedene Bevölkerungsgruppen gewählt? Wie haben Männer und Frauen oder Arbeiter im Vergleich zu Selbstständigen gewählt? Wir haben uns dafür die Daten der Nachwahlbefragungen von infratest dimap angeschaut. Ein Einblick.

Wie haben Männer und Frauen im Vergleich gewählt?

Bei der Landtagswahl am Sonntag haben in Thüringen im Schnitt deutlich mehr Männer die AfD gewählt als Frauen. 38 Prozent der Wähler, aber nur 27 Prozent der Wählerinnen gaben der Höcke-Partei ihre Zweitstimme, ergab eine Analyse auf Basis von Nachwahlbefragungen von infratest dimap.

Techniklehrer unterrichtet Schüler 2 min
Bildrechte: IMAGO / Westend61
2 min

Besonders von jungen Menschen hat die AfD bei der Landtagswahl viele Stimmen erhalten. 38 Prozent der 18- bis 24-Jährigen wählten die Partei. Woran liegt das? Wir haben uns an einer Berufsschule in Erfurt umgehört.

MDR THÜRINGEN - Das Radio Di 03.09.2024 18:51Uhr 02:20 min

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/landtagswahl/audio-afd-berufsschule-jugend-erfolg-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Den höchsten Stimmenanteil hat die AfD mit 46 Prozent bei jungen Männern im Alter von 18 bis 24. Bei Männern über 60 liegt die Partei mit 31 Prozent vor der CDU, die 27 Prozent der Stimmen erhielt. Insgesamt liegt die AfD aber in vier der fünf männlichen Altersgruppen im Schnitt mit über 40 Prozent weit vorne.

Auch bei den Wählerinnen schneidet die Partei von Spitzenkandidat Björn Höcke am besten ab. Die einzige Ausnahme bildet auch bei Frauen die Altersgruppe 60+. Denn dort ist die AfD mit 21 Prozent der Stimmen lediglich auf Platz zwei hinter der CDU (30 Prozent) und knapp vor dem BSW (20 Prozent). In allen Altersgruppen hat die AfD von Frauen rund zehn Prozent weniger Stimmen erhalten als von Männern.

BSW und Linke eher von Frauen gewählt  

Die CDU kam bei Frauen insgesamt auf 24 und bei Männern auf 22 Prozent. Auch das BSW war beim weiblichen Geschlecht stärker gefragt. 18 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer gaben der Wagenknecht-Partei ihre Stimme.

Die Linke erhielt bei den Frauen 14 Prozent und bei den Männern zwölf. In der Altersgruppe 18 bis 24 ist die Partei mit 19 Prozent bei Frauen und 14 Prozent bei Männern zweistärkste Kraft hinter der AfD.

Kaum Unterschiede gab es bei der SPD (beide sechs Prozent) und bei den Grünen (Männer drei und Frauen vier Prozent). Das beste Ergebnis erzielten die Sozialdemokraten mit acht Prozent bei Frauen im Alter von 35 bis 44 Jahren. Die Grünen erhielten die meisten Stimmen (acht Prozent) von Frauen im Alter von 25 bis 34 Jahren. Die FDP kam sowohl bei Männern als auch bei Frauen auf lediglich ein Prozent.

Aus welchen Gründen haben Wähler eine Partei gewählt?

Ein weiterer Aspekt, der aus den Daten von infratest dimap hervorgeht, ist, dass die meisten Wählerinnen und Wähler ihre Stimme aus Überzeugung und nicht aus Protest abgegeben haben. 72 Prozent der Wähler der Linkspartei gaben an, ihre Stimme aus Überzeugung abgegeben zu haben. 52 Prozent BSW-Wähler gaben wiederum an, die Partei aufgrund von Enttäuschungen von anderen Parteien gewählt zu haben.

Auch bei den AfD-Wählern ist die Diskrepanz der Wählerinnen und Wähler ähnlich knapp wie beim BSW. Hier gaben 52 der Befragten an, die Partei aus Überzeugung gewählt zu haben. 40 Prozent taten dies infratest dimap zufolge aus Enttäuschung.

Laut einer Analyse von MDR Data klaffen allerdings in vielen Wahlkreisen Erst- und Zweitstimmen-Ergebnis auseinander. Die AfD erzielt in 37 der 44 Wahlkreise das beste Zweitstimmen-Ergebnis, holt im Vergleich aber nur 29 Direktmandate. Die CDU gewinnt elf Direktmandate, die Linkspartei vier.

Das legt nahe, dass viele Wählerinnen und Wähler ihre Stimmen strategisch aufgesplittet haben, um ein Direktmandat für die AfD zu verhindern.

Im Wahlkreis Greiz II trat Björn Höcke (AfD) beispielsweise gegen den CDU-Kandidaten Christian Tischner an. Bei den Zweitstimmen kommt die CDU dort auf 27,2 Prozent, bei den Erststimmen holt Tischner jedoch 43 Prozent – und damit mehr als Höcke (38,9 Prozent).

Welche Beschäftigung wählt wen?

Auch bei verschiedenen Beschäftigungsgruppen liegen AfD und CDU vor den anderen Parteien. Die AfD schneidet mit 49 Prozent besonders bei Arbeitern stark ab. Die CDU kommt im Vergleich auf 15 Prozent. Alle weiteren Parteien bleiben unter zehn Prozent. Auch bei den Angestellten hat die AfD mit 33 Prozent die Nase vor der CDU mit 23 Prozent. Die Linke liegt hier mit 14 Prozent auf Platz drei.

Bei den Beamten und Selbstständigen hat wiederum die CDU mit jeweils 32 Prozent mehr Stimmen als die AfD (26 Prozent und 30 Prozent) geholt. Bei Rentnern sind die Christdemokraten mit 30 Prozent ebenfalls vor AfD (23 Prozent) und der Linken mit 16 Prozent.

Zum Aufklappen: Wie wurden die Daten erhoben?

Datenbasis für die Analyse zum Wahlverhalten in Bevölkerungsgruppen, zu Wahlmotiven und zum Entscheidungszeitpunkt liefert eine Exit Poll von infratest dimap in 180 repräsentativ ausgewählten Wahllokalen bzw. Stimmbezirken. Am 1. September wurden dort Informationen zu deren Stimmverhalten, Alter und Geschlecht aufgenommen, von einem Teil der Wähler darüber hinaus weitergehende sozialstrukturelle und inhaltliche Merkmale.

Um Amts- und Briefwähler berücksichtigen und Aussagen über die Wählergesamtheit treffen zu können, sind die Wählerdaten der Exit Poll nach dem amtlichen Endergebnis gewichtet. Im Ergebnis ergibt sich ein repräsentatives Bild für die Gesamtwählerschaft wie die Wählerschaften der einzelnen Parteien

Quelle: infratest dimap

Mehr zur Landtagswahl in Thüringen

MDR (dwue,jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MNDR THÜRINGEN JOURNAL | 02. September 2024 | 19:00 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/ed2fff73-ed70-4f12-bc91-14ebef982eaf was not found on this server.

Mehr aus Thüringen