Zähe Verhandlungen Thüringer Landtag trifft letzte Entscheidungen vor der Landtagswahl
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05. Juni 2024, 05:44 Uhr
In seiner letzten Sitzung vor der Wahl will der Landtag ab Mittwoch mehrere lang umkämpfte Gesetze auf den Weg bringen. So war etwa um das Kindergarten- und Ehrenamtsgesetz hart verhandelt worden, um eine Landtagsmehrheit zu erreichen. Um die umfangreiche Tagesordnung bis zur Landtagswahl zu schaffen, sind statt drei jetzt sechs Sitzungstage geplant.
Nach turbulenten viereinhalb Jahren steuert der Thüringer Landtag auf die Zielgerade: In sechs Sitzungstagen vor der Sommerpause sollen noch wichtige Entscheidungen getroffen werden, etwa zur frühkindlichen Bildung, dem Brand- und Katastrophenschutz oder der Bauordnung. Die neuen Regelungen sind teils das Ergebnis zähen Ringens um Kompromisse. Ob sie tatsächlich im Landtag verabschiedet werden, ist ungewiss.
Die Abgeordneten wollen dabei noch auf den letzten Metern vor der Landtagswahl am 1. September ein paar dicke Brocken aus dem Weg räumen - allein beim Kindergartengesetz hat es monatelang gedauert, bis sich Rot-Rot-Grün und CDU auf neue Personalschlüssel geeinigt hatten. Ebenfalls nach langen Debatten soll das Ehrenamtsgesetz unter Dach und Fach gebracht werden. Demnach sind Hilfen in Höhe von 15 Millionen Euro geplant, um Vereine und ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter zu unterstützen.
Die wichtigsten Entscheidungen im Überblick:
Pauschale für Jugendfeuerwehr
Innenminister Georg Maier (SPD) will das Brand- und Katastrophenschutzgesetz reformieren. Eine Verabschiedung noch vor der Sommerpause gilt unter den Fraktionen als ausgemachte Sache. Die Novelle sieht auch eine Erhöhung der Jugendfeuerwehrpauschalen von 25 auf 50 Euro vor. Diese Pauschale zahlt das Land jährlich an die Gemeinden nach der Zahl der Jugendlichen, die bei der Freiwilligen Feuerwehr mitmachen.
Außerdem sollen sich Feuerwehrleute zur demokratisch-freiheitlichen Grundordnung bekennen. Gemeinden sollen die Kosten für Feuerwehreinsätze zum Transport von Übergewichtigen in medizinischen Notfällen bei den Krankenkassen abrechnen können. Außerdem will Maier mit der Gesetzesänderung die Digitalisierung in den Feuerwehren voranbringen.
Bauordnung
Garagen ohne Baugenehmigung sollen künftig etwas größer ausfallen dürfen und das Aufstellen von Wärmepumpen und Solaranlagen soll einfacher möglich sein. Das sieht der bisherige Entwurf zur Thüringer Bauordnung vor. Bisher sind Garagen bis 40 Quadratmeter in der Regel genehmigungsfrei möglich, künftig soll die Grenze bei 50 Quadratmeter liegen. Für Grundstücke im Außenbereich von Orten gelten andere Regeln.
Die neue Bauordnung sollte noch vor der Sommerpause vom Landtag verabschiedet werden. Ob das gelingt, ist allerdings unsicher, die Bauordnung gilt als Wackelkandidat. Die CDU lehnt das Vorhaben ab. Die parlamentarische Gruppe der FDP sieht noch "inhaltlichen Klärungsbedarf", wie ein Sprecher am Dienstag auf Anfrage mitteilte. In der aktuellen Fassung sei die Bauordnung für die FDP "nicht zustimmungsfähig".
Kinderbetreuung
Verbänden und Gewerkschaften gilt das Thema als besonders wichtig, den Abgeordneten fiel eine Einigung aber schwer: Mit einer Änderung des Kindergartengesetzes soll die Betreuung in den Kitas im Land verbessert werden. Rot-Rot-Grün wollte ursprünglich eine umfassende Reform und dabei auch ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr einführen. Inzwischen ist das Vorhaben heruntergekocht, im Kern soll aber der Personalschlüssel für die Betreuung von Ein- bis Dreijährigen und Über-Dreijährigen jeweils verbessert werden.
Bedeutet: Eine Erzieherin soll sich um weniger Kinder gleichzeitig kümmern müssen. Erst am Montag erzielten Rot-Rot-Grün und die CDU dazu eine Einigung. Die Verbesserungen sollen schon ab 2025 greifen, Träger sollen aber eine Übergangsfrist von drei Jahren für die Umsetzung bekommen. Ein drittes beitragsfreies Kita-Jahr soll vorerst nicht kommen. Der Landtag soll aber aufgefordert werden, dies ab 2026 nachzuholen.
Finanzspritze für Bäder
Schwimmbädern kleiner Kommunen will das Land wegen der gestiegenen Energiekosten finanziell unter die Arme greifen. Das Geld dafür soll aus dem Sondervermögen zur Energiekrise kommen. Voraussetzung soll sein, dass in den Bädern auch Schwimmunterricht angeboten wird.
Juristenausbildung
An der Friedrich-Schiller-Universität Jena soll ein Bachelor-Abschluss in Jura möglich werden. Das soll verhindern, dass diejenigen, die das Jura-Studium vor dem ersten Staatsexamen abbrechen oder wiederholt an der entscheidenden Prüfung scheitern, ohne Abschluss dastehen.
Hintergrund: In Thüringen gibt es eine Minderheitsregierung, die im Landtag keine eigene Mehrheit hat. Linke, SPD und Grüne sind bei der Verabschiedung von Gesetzen auf das Verhalten der Opposition angewiesen, meistens lieferte die CDU die fehlenden Stimmen, um Gesetze auf den Weg zu bringen - oder enthielt sich und verhinderte damit Blockaden.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht in den Landtagsbeschlüssen einen Beleg dafür, dass die rot-rot-grüne Minderheitsregierung nicht zu einem Stillstand in Thüringen geführt hat, wie Kritiker meinen. In den vergangenen zwölf Monaten seien 55 Gesetze und Initiativen vom Parlament beschlossen worden, darunter sechs von der CDU und acht von der FDP vorgelegte, so der Regierungschef. "Demokraten sind in der Lage, in schwierigen Zeiten zu Mehrheiten zu kommen", sagte Ramelow. Er bedankte sich dafür bei CDU und FDP und dem Landtag insgesamt.
dpa, MDR (Wolfgang Hentschel, Oliver Leiste)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 04. Juni 2024 | 22:50 Uhr
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