Eigentum Grundsteuer-Reform: Erste Thüringer Bescheide werden bald in Erfurt verschickt
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05. Januar 2025, 20:05 Uhr
Bis 2023 mussten Grundstücksbesitzer in Thüringen Daten über ihre Grundstücke an die Finanzämter liefern: Alter und Nutzungsart der Gebäude, Zustand, Größe und vieles mehr. Mit diesen Daten haben die Finanzämter bis ins vergangene Jahr hinein gerechnet und neue Grundstückswerte festgelegt. Die ersten Bescheide werden wohl in der kommenden Woche verschickt.
In Thüringen sind bisher nur wenige oder gar keine Grundsteuerbescheide verschickt worden. Das geht aus Erkenntnissen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes sowie des Steuerberaterverbands Thüringen hervor. Dessen Vizepräsident Karsten Schmidt sagte, bis kurz vor Weihnachten seien im Kollegenkreis keinerlei Bescheide aufgelaufen.
Das passt zum aktuellen Stand in mehreren Städten und Gemeinden. Erfurt hat im Stadtrat zwar bereits am 18. September 2024 beschlossen, den Hebesatz für die Grundsteuer B um 15 Prozentpunkte auf 565 Prozent zu erhöhen. Bescheide werden aber erst ab Mittwoch, 08.01.2025, verschickt. Das sagte Finanzdezernent Steffen Linnert (SPD) im Gespräch mit MDR THÜRINGEN.
Neuer Grundstückswert entscheidend
Die Stadt Jena hat angekündigt, ihre Bescheide etwa Mitte März zu verschicken. Der Stadtrat hatte am 19. Dezember beschlossen, den Hebesatz für die Grundsteuer B von 495 auf 400 Prozent zu senken. Die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Nutzung fällt weg. In Gera bleiben die Hebesätze gleich.
Doch gerade für Eigenheimbesitzer dürfte es oft teurer werden - unabhängig davon, wie die Stadt die Hebesätze festlegt. Wichtiger ist der neu festgelegte Grundstückswert.
Eisenach hat noch nicht entschieden
In der Stadt Eisenach gibt es noch keine Entscheidung des Stadtrats, wie die Hebesätze künftig aussehen. Bürgermeister Steffen Liebendörfer (CDU) sagte, der Stadtrat werde dazu noch entscheiden. "Die Reform zwingt uns zu einer Anpassung der Hebesätze." Man sehe allerdings den Informationsbedarf der Bürger und müsse "das nicht mit der Brechstange machen".
Der Informationsbedarf soll bei einer Einwohnerversammlung Ende Januar bedient werden. Aber es gehe um eine Jahressteuer. Das Geld sei für die Stadt nicht verloren, nur weil es jetzt noch keine Bescheide gebe.
Erfurt kann auf Einnahmen nicht verzichten
Die Situation in Erfurt stellt sich etwas anders da: Finanzdezernent Linnert sagte, die Stadt könne auf die Einnahmen auch aufgrund von laufenden Ausgaben nicht verzichten. Ohne die Anpassung der Hebesätze würden nach seiner Auskunft etwa 900.000 Euro im städtischen Haushalt fehlen. Dass etwa die AfD im Stadtrat argumentiere, sie habe als einzige Partei eine Erhöhung der Grundsteuer verhindern wollen und daher den neuen Hebesätzen nicht zugestimmt, sei unredlich. "Bei unveränderten Hebesätzen würden viele Einfamilienhausbesitzer trotzdem deutlich mehr zahlen müssen."
Neben Hebesatz ist Grundsteuerwert entscheidend
Wesentlicher Faktor für die Grundstücksbewertung sei neben dem Hebesatz der Grundsteuerwert - und den lege nicht die Kommune fest. Der basiert auf Daten zur Nutzung, zu Baujahr, Bodenrichtwert und anderen Daten, die die Finanzämter in den vergangenen Jahren erhoben haben.
Die Einschätzungen der Grundstückswerte haben sich also geändert. Und weil der Bund in seiner Reform festgelegt hat, dass die Steuer unterm Strich aufkommensneutral sein soll, sind die Städte und Gemeinden gefragt, ihre Hebesätze so anzupassen, dass das Aufkommen aus der Steuer insgesamt gleich bleibt.
Was bedeutet aufkommensneutral?
Der Begriff aufkommensneutral bedeutet, dass bei einer Änderung, wie zum Beispiel einer Steuerreform, die Gesamteinnahmen gleich bleiben. Das heißt, die Höhe der Einnahmen vor und nach der Änderung bleibt konstant. Ein Beispiel ist die Reform der Grundsteuer in Deutschland, die ab diesem Jahr aufkommensneutral sein soll. Das bedeutet, dass die Gesamteinnahmen aus der Grundsteuer für die Gemeinden gleich bleiben sollen, auch wenn sich die individuellen Steuerbeträge für einzelne Grundstückseigentümer ändern können.
Die höhere Belastung von bewohnten Privatgrundstücken sei durch die neuen Regeln ein Stück weit vorgegeben. In Eisenach schätzt Bürgermeister Liebendörfer die Verschiebung durch die neue Bewertung so ein: "Derzeit ist die Grundsteuerlast zwischen gewerblichen und privaten Grundstücken etwa 50:50 verteilt. Durch die Reform sinkt der Anteil der gewerblichen Grundstücke auf etwa 30 Prozent." Eine Steuersenkung für Unternehmen quasi.
Neue Landesregierung will Reform der Reform
"Aber die Regeln führen dazu, dass vor allem Einfamilienhäuser stärker belastet werden", sagte der Erfurter Finanzdezernent Linnert. Lasse man die Hebesätze unverändert, dann steige die Steuer für ein Einfamilienhaus vielleicht nicht von 300 auf 500 Euro, sondern womöglich nur auf 490. "Aber verhindert wird sie nicht." Die Kommune setzte am Ende nur um, was in Bund und Land beschlossen worden sei. Und nutzt den Hebesatz quasi am Schluss der Rechnung, um die bisherige Summe bei geänderten Grundstücksbewertungen zu bekommen.
Aber auf Landesebene könnte sich etwas tun. Der Bund hat nämlich bei seiner Reform ein Modell zur Grundstücksbewertung vorgegeben - aber Abweichungen zugelassen. Zum Beispiel Sachsen macht davon Gebrauch. "Mit diesem Modell würde es auch Veränderungen geben, aber sie könnten weniger drastisch ausfallen", sagt Linnert.
Die neue Thüringer Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag stehen, sie wolle vom Änderungsrecht der Länder nun Gebrauch machen. Wann genau, das ist aber noch unklar, schreibt das Thüringer Finanzministerium kurz vor Weihnachten an MDR THÜRINGEN. Die Landesregierung arbeite an einem 100-Tage-Programm. "In diesem Rahmen laufen Überlegungen, welche Vorhaben des Regierungsvertrags schnell umgesetzt werden können."
Sowohl der Erfurter Dezernent als auch der Eisenacher Bürgermeister stellen aber klar: Eine Erhöhung oder Senkung der Hebesätze nach oben oder unten sei nicht gleichzusetzen mit einer Veränderung der Steuerlast. In jedem Fall könnten Grundsteuerpflichtige bestehende Daueraufträge erstmal aussetzen. Darauf weist unter anderem die Stadt Jena hin. Denn fällig wird die Steuer erst mit einem neuen Bescheid.
MDR (fg/mm)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 05. Januar 2025 | 18:00 Uhr
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