Sommerinterview Mario Voigt im Faktencheck: Ist der Strom in Deutschland EU-weit mit am teuersten?

15. August 2023, 21:31 Uhr

Die Stromkosten in Deutschland sind zu hoch  - diese Beschwerde hört man immer wieder, aus der Wirtschaft, von Privathaushalten, aus der Politik. Auch Thüringens CDU-Chef Mario Voigt hat im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview zu hohe Energiekosten beklagt. In Deutschland gebe es mit die höchsten Preise, dreimal mehr als im europäischen Vergleich. Außerdem falle Thüringen beim Wirtschaftswachstum immer weiter zurück. Doch stimmt das auch? Der Faktencheck.

"Wir sind in Deutschland mittlerweile in einer Situation, gerade was das Thema Stromsteuer und Belastung angeht, dass wir mit die höchsten Preise haben. Dreimal mehr als im europäischen Vergleich." Sagt CDU-Landeschef Mario Voigt im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview. Und tatsächlich sind die Strompreise in Deutschland relativ hoch - zumindest, wenn man die Zahlen zugrunde legt, die die Statistikbehörde Eurostat für die zweite Jahreshälfte 2022 berechnet hat.

Demnach musste ein Privathaushalt in Deutschland bei einem Jahresverbrauch bis 5.000 Kilowattstunden im Durchschnitt 33,6 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Zum Vergleich: in Ungarn kostete Strom 10,8 Cent und in Bulgarien 11,5 Cent. Das heißt: Im Vergleich zu den Ländern mit den billigsten Strompreise war Deutschland tatsächlich rund dreimal mal so teuer.

Strompreise in anderen Ländern höher

Aber: Nach Angaben von Eurostat waren im zweiten Halbjahr 2022 in manchen Ländern die Preise sogar noch höher als in Deutschland. In Dänemark etwa kostete die Kilowattstunde fast 60 Cent, in Belgien rund 45 und in Irland etwa 42 Cent. Auch in Tschechien war Strom mit 38,5 Cent teurer als Deutschland.

Der Durchschnittspreis in der gesamten Europäischen Union lag laut Eurostat im zweiten Halbjahr 2022 bei 28 Cent je Kilowattstunde.

Strompreise bei Industrie unter EU-Durchschnitt

Noch einmal anders stellt sich die Lage bei den Strompreisen für Gewerbe und Industrie dar. Laut Eurostat mussten hier im zweiten Halbjahr 2022 die Unternehmen in Rumänien mit knapp 36 Cent pro Kilowattstunde und in Italien mit etwa 34 Cent am meisten bezahlen. In Deutschland lag der Preis laut Eurostat bei 20 Cent - und damit sogar leicht unter dem EU-weiten Durchschnitt von 21 Cent.

Preisbremse gilt nach wie vor

Inzwischen sind die Strompreise in Deutschland wieder gesunken. Nach Angaben des Verbraucherportals Verivox liegen die Preise für Neukunden inzwischen unter 30 Cent je Kilowattstunde. Unabhängig davon gilt in Deutschland auch noch die von der Bundesregierung erlassene Strompreisbremse.

Sie trat am 1. März 2023 in Kraft - und gilt auch rückwirkend für die Monate Januar und Februar 2023. Durch sie werden die Kosten für Strom auf 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Das gilt allerdings nur für 80 Prozent des Stromverbrauchs vom Vorjahr. Die restlichen 20 Prozent werden nach den aktuellen Strompreisen berechnet. Die Preisebremse gilt vorerst bis zum 30. April 2024.

Voigt kritisiert Wirtschaftspolitik von Rot-Rot-Grün

Darüber hinaus warf CDU-Landeschef Mario Voigt im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview der rot-rot-grünen Landesregierung Versagen in der Wirtschaftspolitik vor. "In den letzten zehn Jahren der Ramelow-Regierung ist Thüringen jeweils im Wirtschaftswachstum immer hinter dem Durchschnitt der neuen Bundesländer geblieben. Das heißt, wir holen nicht auf gegenüber dem Westen, und wir fallen zurück, wenn es um den Osten geht", kritisierte Voigt.

Voigt liegt richtig. Denn wahr ist, dass das Bruttoinlandsprodukt in Thüringen preisbereinigt seit 2015 - also dem ersten vollen Regierungsjahr der rot-rot-grünen Landesregierung - stets unter dem Durchschnitt der ostdeutschen Länder (ohne Berlin) lag. Beispiel 2022: Hier legte das Bruttoinlandsprodukt in Thüringen um 1,5 Prozent zu. In Schnitt aller ostdeutschen Länder lag das Plus bei 2,3 Prozent. In Sachsen und Sachsen-Anhalt sogar bei 2,6 Prozent.

In Deutschland gesamt wuchs die Wirtschaft im Jahr 2022 um 1,8 Prozent. Lediglich im Corona-Krisenjahr 2020 lieferte die Thüringer Wirtschaft ähnliche Zahlen wie die in den anderen Länder. 2020 schrumpfte die Wirtschaft in Thüringen um 3,0 Prozent. Das war exakt der gleiche Wert wie im Schnitt der ostdeutschen Länder. Deutschlandweit rutschte die Wirtschaft sogar mit 3,7 Prozent in die Rezession.

MDR (wh/cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 15. August 2023 | 19:00 Uhr

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