Energie Vielstimmige Reaktionen auf Entlastungspaket in Thüringen
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03. November 2022, 15:32 Uhr
Ein zufriedener Ministerpräsident, Kritik aus der Opposition und unterschiedliche Stimmen aus der Wirtschaft: die Thüringer Reaktionen auf das Entlastungspaket von Bund und Ländern zum Thema Energie und Nahverkehr.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht die Gefahr eines akuten Gasmangels in diesem Winter gebannt und spricht nach den Beschlüssen von Bund und Ländern von "Klarheit für Privathaushalte und Unternehmen über Energiepreise".
Er warnte gleichzeitig vor Pessimismus. Man werde ausreichend Gas haben und es werde auch keine Blackouts geben. Die Menschen sollten ihre Elektro-Heizstrahler wieder wegpacken und auch keine Teelichter zum Heizen nutzen. "Das ist alles ein Stück weit einer Hysterie geschuldet. Lohnt sich nicht", sagte er.
Er räumte aber ein, dass er das noch vor drei Monaten nicht hätte sagen können. Inzwischen sei aber klar, wo Deutschland in der Welt Energie einkaufe, wie Gasspeicher gefüllt werden könnten und welchen Weg man beim Thema Energie perspektivisch gehen wolle: "Dekarbonisieren und raus aus der fossilen Energiewirtschaft."
CDU und AfD mit Kritik
Kritik kam dagegen von der Landtags-Opposition. CDU-Fraktionschef Mario Voigt bezeichnete die Ergebnisse des Bund-Länder-Treffens als enttäuschend. Es bleibe eine Winterlücke für Bürger und Mittelstand. Für Privathaushalte, die mit Öl heizen, gebe es keine Hilfen. Auch kleine und mittlere Betriebe müssten weiter auf konkrete Hilfen warten. Das 49-Euro-Ticket erreiche den ländlichen Raum nicht.
AfD-Fraktionschef Björn Höcke warf Ramelow vor, die Situation schönzureden. Eine Gasmangellage oder die Sanktionspolitik gegen Russland seien nicht die einzigen Risikofaktoren für einen Blackout, auch Cyberattacken oder Sabotageakte gehörten dazu.
Unterschiedliche Reaktionen aus der Wirtschaft
Die Industrie- und Handelskammer Erfurt teilte mit, die Unternehmen könnten nun besser planen. Die beschlossenen Energiepreisbremsen ermöglichten etwas mehr Sicherheit, sagte IHK-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Haase-Lerch.
Die Gaspreisbremse müsse noch vor dem 1. Februar kommen, und auch bei den geplanten Härtefallregelungen müsse die Politik Tempo machen, damit betroffene Unternehmen nicht noch weiter in Existenz-Nöte gerieten. Haase-Lerch verwies dabei vor allem auf die Bereiche Handel, Gastronomie und Hotellerie.
Ähnlich äußerte sich die Handwerkskammer Ostthüringen: Viele Firmen stünden wegen der extrem gestiegenen Energiepreise vor dem Aus, etwa im Lebensmittelhandwerk und der Textilreinigungsbranche. Für sie komme eine Gaspreisbremse selbst Anfang Februar viel zu spät.
Härtfallfonds geplant
Nach Angaben Ramelows will Thüringen mit Härtefallregelungen beispielsweise kleineren und mittleren Unternehmen helfen, die nicht genug von den Preisdeckeln bei Strom und Gas entlastet würden. Vom Bund kämen dafür eine Milliarde Euro, was 27 Millionen für Thüringen bedeute. Das Land müsse dazu die gleiche Summe selber zur Verfügung stellen, so dass der Topf 54 Millionen Euro umfasse.
Verband: Schüler nicht berücksichtigt
Der Verband kinderreicher Familien in Thüringen kritisierte die Bund-Länder-Beschlüsse. Es sei mit der Gießkanne Geld verteilt worden, ohne die Zielgruppen zu ermitteln, die Unterstützung wirklich benötigen. Vor allem beim 49-Euro-Ticket würden zwar Pendler entlastet, Schüler aber nicht gesondert berücksichtigt. Nach Ansicht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes fehlen gezielte Hilfen für arme Menschen.
Lob für das 49-Euro-Ticket kam von der Landtagsfraktion der Grünen. Sie forderte gleichzeitig, die Bus- und Bahnverbindungen im Land enger zu takten und den Nahverkehr insgesamt auszubauen. Umweltministerin Anja Siegesmund bezeichnete das Ticket als wichtigen Schub für die Verkehrswende. Der SPD-Energiepolitiker Denny Möller forderte eine zügige konkrete Umsetzung. "Gleichzeitig müssen wir auch für etwaige Einzelfälle vorsorgen, bei denen Menschen trotz der Maßnahmen von existenzieller Not betroffen sind", sagte er mit Blick auf den vom Landtag beschlossenen Thüringer Notfallfonds.
Verkehrsunternehmen befürchten finanzielle Probleme
Unterdessen rief Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) die Bundesländer zum Tempo beim 49-Euro-Ticket auf. Es müsse zügig geklärt werden, wie das Ticket umgesetzt werden kann, sagte Wissing der "Rheinischen Post".
Zuvor hatten Verkehrsunternehmen den angestrebten 1. Januar als Start für das Ticket in Zweifel gezogen. Thüringer Verkehrsunternehmen befürchten zudem finanzielle Probleme. Der einzige größere Verkehrsverbund in Thüringen hat noch viele Fragen offen - etwa: Wird das Geld reichen?
Christoph Heuing vom Verkehrsverbund Mittelthüringen glaubt noch nicht daran. "Die Rechnung geht nicht auf", sagte er und vermutet schon bald höhere Preise. Ähnlich äußerte sich der Verband Mitteldeutscher Omnibusunternehmen. Das finanzielle Risiko für das neue Deutschlandticket dürfe nicht an den Städten und Landkreisen als Eigentümer der Verkehrsbetriebe hängen bleiben.
MDR (csr)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Thüringen Journal | 03. November 2022 | 19:00 Uhr
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