Kinder sitzen mit ihrem Ranzen in einem Schulbus.
Rund 30.000 Schüler und Schülerinnen fahren in Thüringen mit dem Deutschlandticket zur Schule. Bildrechte: picture alliance/dpa | Peter Gercke

Schülerbeförderung Welche Schülerinnen und Schüler vom Deutschlandticket profitieren

27. August 2023, 15:32 Uhr

Die meisten Kreise und kreisfreien Städte in Thüringen geben im Schülerverkehr das Deutschlandticket aus. Für die Kinder und Kommunen ist das ein Vorteil, doch die Verkehrsunternehmen zahlen bisweilen drauf.

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Eigentlich soll das Deutschland-Ticket auf breiter Front nicht nur günstig sein, sondern auch vieles im öffentlichen Nahverkehr einfacher machen. Aus Sicht von Fahrgästen ist das auch oft so. "Für Fahrgäste ist das hervorragend, da sind wir uns einig", sagt Uwe Szpöt, Geschäftsführer der Nahverkehrsgesellschaft des Landkreises Gotha. Auch deswegen greifen immer mehr Kreise und kreisfreie Städte bei der Schülerbeförderung auf das Deutschlandticket zurück.

18 der 22 Thüringer Städte und Kreise nutzen die Möglichkeiten bereits in unterschiedlicher Form. Ein Teil hat gleich im Mai zur Einführung des neuen Tickets umgestellt, dazu gehören der Ilm-Kreis oder der Landkreis Greiz. Unter anderem der Kreis Gotha oder die Stadt Erfurt stellen zum 1. September um, in dieser Woche hat das der Unstrut-Hainich-Kreis für den 1. Oktober angekündigt.

Rund 30.000 Schüler und Schülerinnen profitieren

Vordergründig ist es ganz einfach: Sobald eine Schülermonatskarte den Schulträger pro Monat mehr als 49 Euro kostet, ist das Deutschlandticket für den Kreis günstiger im Einkauf - und die Verwaltungen sind natürlich angehalten, möglichst günstig zu wirtschaften. In vielen Kreisen zerfallen die Schülerfahrkarten aber in mehrere Tarife. Jene, die im Monat mehr kosten als 49 Euro, und die, die weniger kosten. Für mindestens 26.150 Schülerinnen und Schüler ist das Deutschlandticket die günstigste Variante.

Doch nicht alle Kreise haben konkrete Zahlen der Anspruchsberechtigten an MDR THÜRINGEN zurückgemeldet. Hochgerechnet dürften es aber 30.000 oder mehr in ganz Thüringen sein. Sie wohnen mindestens zwei oder drei Kilometer von ihrer Schule entfernt und bekommen nun eine Fahrkarte, die in ganz Deutschland nutzbar ist.

Zuschuss des Freistaats gilt nicht für Deutschlandticket

Hinter den Kulissen aber gibt es Probleme, deretwegen drei Kreise zunächst außen vor bleiben beim Deutschlandticket als Schülerfahrkarte. "Es gibt für die ermäßigten Schülerkarten einen Zuschuss vom Freistaat Thüringen an die Verkehrsunternehmen", sagt Szpöt. Das Deutschlandticket falle nicht unter diese Regelung. Also bekommt das Nahverkehrsunternehmen, dessen Busse oder Bahnen die Schüler nutzen, aus diesem Topf weniger Geld. "Und dieses Geld ist gerade für Regionalbusunternehmen sehr wichtig und macht einen Großteil der Finanzierung aus", sagt Christoph Heuing, Chef des Verkehrsverbunds Mittelthüringen VMT.

Zugesichert ist zwar, dass Einnahmeausfälle durch das Deutschlandticket ausgeglichen werden. Doch wie das genau aussieht, sei bisher nicht festgeschrieben. "Das sind völlig andere Berechnungsregeln als das, was man vom Schülerverkehr kennt", sagt Heuing. "Die Rechtsgrundlage dafür besteht für das Jahr 2023". Für 2024 sei zudem die Finanzierung durch Land und Bund zwar angekündigt, aber nicht gesichert. "Da ist es für ein Verkehrsunternehmen schwierig, sich darauf einzulassen, unsichere Subventionen zu akzeptieren anstatt hartem Fahrgeld und gesetzlichen Ausgleichsleistungen für den Schülerverkehr", erläutert er.

Chipkarten erfordern neue Computertechnik

Zugleich verlangt das Deutschlandticket oft ganz generell Investitionen der Unternehmen. Szpöt sagt, es brauche Daten der Schulverwaltung, damit die Chipkarten entsprechend beschrieben werden können. Für die Chipkarten gebe es derzeit Lieferschwierigkeiten, weil sie im ganzen Land gefragt sind. Die Computertechnik, um alle Lesegeräte zu vernetzen und mit den nötigen Daten zu versorgen, sei teuer. "Ein entsprechendes Hintergrundsystem liegt für uns etwa bei 290.000 Euro." Das ist kein Pappenstiel, wenn zugleich ein Teil der Einnahmen infrage steht.

In Gotha steht der Kreis im Zweifel selber für eventuelle Lücken gerade. Im Kreis Hildburghausen klappt das nicht so einfach. Dort heißt es, für Schüler kämen nur Chipkarten als Ticket infrage. Nicht alle Schüler besäßen ein Smartphone, auf das sich ein App-Ticket laden ließe. "Da der Landkreis und sein vertraglich gebundenes Verkehrsunternehmen nicht über die Voraussetzungen verfügen, Abo-Chipkarten auszugeben, müssten diese bei einem Fremdanbieter gekauft werden." Oder es seien noch mehr Investitionen nötig, die aber nur zum Teil gefördert werden können. Kurz gesagt: Das Deutschlandticket ist zwar für Fahrgäste günstig, kostet aber die Verkehrsunternehmen viel Geld. Einzelne Kreise geben aber an, mit dem Deutschlandticket Geld zu sparen. Was dann mit den Verkehrsunternehmen passiert, steht auf einem anderen Blatt.

Wenn der Schulbus zur Gerechtigkeitsfrage wird

Im Landratsamt Schmalkalden-Meiningen werden zudem Gerechtigkeitsfragen aufgeworfen. Denn die kostenlose Beförderung dürfte weniger als 20 Prozent der Schüler zugute kommen, weil der Rest "zu nah" an der Schule wohnt. "Was ist mit den Schülerinnen und Schülern, die keinen Anspruch auf ein Schüler-Ticket haben? Werden diese nicht benachteiligt, weil die anspruchsberechtigten Schüler mit dem Deutschlandticket steuerfinanziert kostenlos durch ganz Deutschland fahren könnten?" Das ist eine der Begründungen, die der Kreis angibt, warum man bei den bewährten Fahrkarten bleibt, die im Kreis gelten. Doch auch hier spielt das Geld eine Rolle. Dass Defizite an die Unternehmen erstattet werden, sei noch nicht rechtssicher.

Die Chipkarten-Lieferschwierigkeiten führen zum Beispiel in Gotha dazu, dass zunächst erstmal mit ausgedruckten QR-Codes gearbeitet wird. Die können in den Bussen des Kreises ausgelesen werden. Binnen weniger Wochen sollen die Karten aber verfügbar sein, sagt Szpöt.

Anmerkung der Redaktion: Nicht geantwortet auf unsere Recherche hat der Landkreis Altenburger Land bis zum Redaktionsschluss am Freitag. Gestellt hatten wir die Anfrage an alle Städte und Kreise am 15. August.

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MDR (ask)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | THÜRINGEN JOURNAL | 27. August 2023 | 19:00 Uhr

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