Historische Bücher mit Gesetzessammlungen der Freien und Hansestadt Hamburg stehen in einem Regal der Bibliothek der Hamburgischen Bürgerschaft im Rathaus.
Thüringer Bibliotheken wollen jetzt ihre Bestände auf den giftigen Stoff Arsen überprüfen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Buchschnitt Giftige Bücher in Thüringen? Bibliotheken prüfen Bestände auf Arsen

18. März 2024, 16:17 Uhr

Steckt giftiges Arsen in alten Büchern? In Nordrhein-Westfalen haben Bibliotheken Zehntausende Bücher wegen dieses Verdachts gesperrt. Auch in Thüringen wollen einige Bibliotheken nun handeln.

Wegen des Verdachts auf eine Belastung mit giftigem Arsen wollen mehrere Thüringer Bibliotheken ihre Bücher überprüfen. Allein an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) stammen 460.000 Bücher aus der Zeit des 19. Jahrhunderts, als Arsen zur Herstellung von grüner Farbe verwendet wurde, wie ein Sprecher erklärte. Wie viele davon potenziell kontaminiert seien, lasse sich noch nicht sagen.

Exemplare werden vor Herausgabe überprüft

Derzeit seien etwa Digitalisierungsarbeiten eingestellt. Die Bücher seien aber nicht generell für die Nutzung gesperrt, sondern jedes Exemplar werde vor der Herausgabe geprüft. An der Universitätsbibliothek Erfurt und an der Forschungsbibliothek Gotha werden potenziell betroffene Bücher derzeit identifiziert und dann schnellstmöglich für die Benutzung gesperrt, wie die Einrichtungen mitteilten. Das Aussortieren sei eine vorsorgliche, aber notwendige Maßnahme für den Gesundheitsschutz. Die Bücher sollen im Anschluss getestet werden. 

Arsen wirkt krebserregend

Hintergrund sind neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu insbesondere grünen Farbstoffen, die im 19. Jahrhundert mitunter verwendet wurden und die giftige Arsenverbindungen enthalten könnten. Arsen ist giftig und krebserregend. Vor allem das intensiv leuchtende "Schweinfurter Grün" steht im Fokus, ein Pigment, das zur Färbung etwa von Einbänden oder Buchschnitten benutzt wurde. Arsen wurde als Schutz gegen Schädlinge benutzt. Ende Februar hatte die Universitätsbibliothek Bielefeld 60.000 Bücher gesperrt, andere Bibliotheken zogen nach.

Stapel mit Büchern mit grünem Buchschnitt
Büchern mit grünem Buchschnitt aus der Universitätsbibliothek Bielefeld. Bildrechte: picture alliance/dpa/Universität Bielefeld | Julia Bömer

Arsen an Büchern Die Farbe "Schweinfurther Grün" war im 19. Jahrhundert sehr beliebt und wurde vielfältig benutzt, unter anderem auch für das Einfärben von Einbänden von Büchern und deren Buchschnitt, aber auch zum Bemalen von Spielzeug.
Arsenhaltige Farben wurden 1887 per Reichsgesetz verboten, wurden aber bis ins 20. Jahrhundert noch verwendet. Zu Arsen an Büchern lägen laut Universität Bielefeld erst seit Kurzem wissenschaftliche Erkenntnisse vor.
Gefährlich könnte es werden, wenn man beim Umblättern die Finger befeuchtet oder arsenbelasteter Staub eingeatmet wird oder in die Augen gerät. Solange Bücher im Regal stehen, gelten sie als unbedenklich.
Ein Großteil dieser alten Bücher steht in nicht-öffentlichen Bereichen oder müssen extra zur Ansicht geordert werden.

Bibliotheken nehmen Thema sehr ernst

Es gebe keinen Überblick darüber, ob nun alle Thüringer Bibliotheken ihre Bestände prüften und wie viele Bücher betroffen sein könnten, sagte die Vorsitzende des Landesverbands Thüringen im Deutschen Bibliotheksverband, Milena Pfafferott. Die Bibliotheken nähmen das Thema aber sehr ernst. Erste Untersuchungen hätten gezeigt, dass es keine höhere Belastung für Menschen in den Bibliotheken gebe, wenn die Bücher sachgerecht benutzt würden, hieß es vom Deutschen Bibliotheksverband.

Arsenhaltigen Büchern, Uni Jena
In der Universitätsbibliothek Jena wurden bereits Bücher überprüft und auch giftige Exemplare gefunden. Bildrechte: Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena/Marcus Rebhan

Es liefen noch Untersuchungen in mehreren Deutschen Bibliotheken. Es sei unklar, wie hoch die Konzentration mit Arsen sei. Die Stadt- und Regionalbibliothek Erfurt sieht derzeit keinen unmittelbaren Anlass zum Handeln, wie ein Sprecher der Stadt mitteilte. Sie habe keine Bücher in ihren Beständen, die möglicherweise betroffen seien. Der Direktor der Universitätsbibliothek in Weimar, Frank Simon-Ritz, sagte: "Bei uns als einer modernen "Gebrauchsbibliothek" befinden sich solche Bände - wenn wir sie überhaupt haben - nicht im Freihandbestand, sondern allenfalls im Magazin." Das Thema solle im Rahmen einer generellen Gefährdungsbeurteilung behandelt werden.

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MDR/dpa (jml)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 18. März 2024 | 10:00 Uhr

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