Fragen und Antworten Was macht und was kann ein Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag?

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss wird von den Abgeordneten des Thüringer Landtags gebildet. Er kann laut Artikel 64 der Landesverfassung einberufen werden, wenn mindestens ein Fünftel der Abgeordneten einen entsprechenden Antrag stellt. Dabei muss von jeder Fraktion mindestens ein Abgeordneter im Ausschuss vertreten sein.

Das Hauptziel ist die Aufklärung von Missständen im öffentlichen Sektor. Möglichst innerhalb einer Legislaturperiode befragt die Ausschusskommission ausgewählte Zeugen und Sachverständige. Ein Untersuchungsausschuss hat starke Rechte gegenüber verschiedenen Institutionen wie der Landesregierung. So kann beispielsweise mit dem sogenannten Erzwingungsrecht die Herausgabe von nicht öffentlichen Unterlagen veranlasst werden. Die Beratungen sind prinzipiell nicht öffentlich. Auch Gerichte und viele weitere Behörden sind zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet. Die Erkenntnisse der Untersuchung werden in einem Abschlussbericht veröffentlicht.

Ziel des vom BSW im Landtag beantragte Corona- Untersuchungsausschusses ist es, das Handeln der Thüringer Politik während der Corona-Pandemie zu überprüfen und zu bewerten. Unterstützung bekommt die Partei von der CDU. Es soll unter anderem mögliche Behörden-Willkür während der Pandemie untersucht werden, wie beispielsweise die Schließung von Weihnachtsmärkten im Jahr 2021. Die BSW will mit ihrem Antrag erreichen, dass bei künftigen Pandemielagen die gleichen Fehler nicht noch einmal wiederholt werden. Offen ist noch, wann der Ausschuss seine Arbeit aufnimmt.

Die AfD-Fraktion stellte heraus, dass ein Antrag von BSW und CDU andere Schwerpunkte setzte als ein AfD-Antrag. Vor allem Verantwortungsträger in der Pandemiezeit sollen für ihre Fehler zur Rechenschaft gezogen werden und Kritiker der Corona-Politik rehabilitiert werden. Das BSW hingehen, wolle sich mit ihrem Antrag nicht als Richter aufspielen. Laut der AfD sollen sich in einem Untersuchungsausschuss alle Aspekte von allen Fraktionen wiederfinden, die als wichtig eingeschätzt werden.

Prinzipiell ist das möglich. Weil die AfD über ein Drittel der Sitze im Thüringer Landtag hält, hätte die Partei genug Stimmen, um einen Untersuchungsausschuss aus eigener Kraft zu beschließen. Das BSW ist bei einem Antrag auf die Stimmen anderer Fraktionen angewiesen, da sie mindestens ein Fünftel der Stimmen im Landtag benötigt. Zwei Anträge müssten dann durch die Landtagsverwaltung koordiniert werden. 

Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, mehrere Untersuchungsausschüsse zum gleichen Thema einzusetzen und die Untersuchungsverfahren unabhängig voneinander durchzuführen.

Allerdings muss jede Form eines Untersuchungsverfahrens laut der Thüringer Verfassung (Art. 64) im öffentlichen Interesse liegen. Sollte der Gegenstand der Untersuchung weitestgehend identisch sein, ist vom Landtag zu prüfen, ob dieses Interesse besteht oder als Behinderung der parlamentarischen Abläufe zu werten ist.

Es besteht auch die Möglichkeit der Zusammenführung der Anträge per Landtagsbeschluss. Dabei muss aber der Kern des Untersuchungsgegenstandes gewahrt bleiben und es darf zu keinen wesentlichen Verzögerungen des Untersuchungsverfahrens kommen.

Prinzipiell können die Fraktionen im Landtag so viele Anträge auf Untersuchungsausschüsse stellen wie sie wollen. Ein Untersuchungsausschuss bindet jedoch Personal und hohe Summen an Geldern, die durch das Land zu tragen sind. Seit 1990 hat es im Thüringer Politikgeschehen nie mehr als vier Untersuchungsausschüsse pro Legislaturperiode gegeben. In der Legislaturperiode 1994-1999 hat es zum Beispiel gar keinen Untersuchungsausschuss gegeben.

Einen pauschalen Preis für die Kosten eines Untersuchungsausschusses gibt es nicht. Genauso wenig wie eine Ober- oder Untergrenze an bereitgestellten Geldern. Je nach Komplexität und zeitlichem Aufwand kostet ein Untersuchungsausschuss mehr oder weniger Geld. Ein Untersuchungsausschuss, der zum "Rechtsterrorismus und Behördenversagen" über zwei Legislaturperioden von 2012-2020 gearbeitet hat, kostete beispielsweise rund 2,5 Millionen Euro. Ein anderer Untersuchungsausschuss, der sich von 2016-2019 mit einem möglichen Amtsmissbrauch von Ex-Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz Dieter Lauinger beschäftigte, der sogenannten "Lauigner-Affäre", kostete wiederum rund 930.000 Euro.

Die gewonnenen Erkenntnisse eines Untersuchungsausschusses dienen als Grundlage für Gerichtsverfahren und für künftige politische Entscheidungen und Maßnahmen. Es kann zum Beispiel zu gesetzlichen Änderungen kommen oder auch zu personellen Konsequenzen. Im Ausschussbericht eines Untersuchungsausschusses werden entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen.

Im Unterschied zu einem Untersuchungsausschuss gibt es noch die sogenannte "Enquête-Kommission". In ihr sitzen neben den Landtagsabgeordneten auch Experten ohne Abgeordnetenstatus. Sie sind als gleichberechtigte Mitglieder in der Kommission vertreten. Eine Enquete-Kommission hat kein Erzwingungsrecht gegenüber der Landesregierung. Vereinfacht lässt sich sagen, dass ein Untersuchungsausschuss in der Regel Fehler der Vergangenheit analysiert, um bestimmte Vorgänge aufzuarbeiten. Im Gegensatz dazu zielt eine Enquetekommission darauf ab, Erkenntnisse zu gewinnen, die für die Zukunft von Bedeutung sind.