Blick in die Greizer Bierproduktion
Das Greizer Bier wurde trotz Insolvenz weiter produziert. Bildrechte: MDR/Johanna Ratz

Tradition Von Vereins- bis Privatbrauerei: Wie Thüringer Biertradition erhalten bleibt

16. Februar 2024, 17:19 Uhr

Die Deutschen trinken immer weniger Bier. Laut dem deutschen Braubund lag der Pro-Kopf-Verbrauch 2014 noch bei 103,5 Litern. Im Jahr 2022 lag er bereits nur noch bei 91,8 Litern. Das macht sich auch bei den Thüringer-Brauereien bemerkbar. Insolvenzen und vollkommene Schließungen sind die Folge. Es gibt jedoch Geschichten, die Hoffnung machen.

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In Thüringen spielen Bier und Brautradition seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle - von der weltbekannten Schwarzbier-Brauerei bis hin zu den kleineren Vereinsbrauereien. Die Kessel sind voll mit dem sogenannten flüssigen Gold - und das soll nach Einschätzung von Bierliebhabern auch so bleiben. Das allgemeine Problem der steigenden Kosten macht allerdings auch vor den Brauereien nicht halt. Die Greizer Vereinsbrauerei musste deshalb vor einem Jahr Insolvenz anmelden.

Ein neuer Investor für die Greizer Vereinsbrauerei

Wie geht es der Brauerei in Greiz heute? Das Insolvenzjahr war definitiv nicht das leichteste: Lieferanten, die bezahlt werden wollten, noch höhere Rohstoffpreise und fehlende Mitarbeiter. Zusätzlich noch die schwierige Suche nach einem Investor. "Das Überangebot an Brauereien und der allgemein sinkende Bierkonsum machen den Markt nicht gerade attraktiv", berichtet Brauerei-Insolvenzverwalter Marcello Di Stefano.

In Greiz passen die Grundvoraussetzungen.

Marcello Di Stefano Insolvenzverwalter

Gelohnt hat sich die Suche trotzdem. Seit Anfang Februar ist André Panse der neue Investor der Greizer Vereinsbrauerei. Der aus Erfurt stammende Unternehmer bringt neben dem betriebswirtschaftlichen Know-how auch viel Erfahrung im Bereich der erneuerbaren Energien mit, so die Brauerei. Das soll auch in Zukunft bei dem Greizer Bier ein wichtiges Thema sein. Diesbezüglich wurden auch schon die ersten Arbeiten vorgenommen. Mit den Technologien möchte Panse die hohen Energiepreise des Unternehmens senken. Zusätzlich sollen neue Arbeitsplätze entstehen.

Zwei Männer stehen vor gestapelten Bierkästen
Insolvenzanwalt Marcello Di Stefano (links) und Brauerei-Geschäftsführer Thomas Schäfer. Bildrechte: MDR/Johanna Ratz

Für Di Stefano war es ein wichtiges Anliegen, das Fortbestehen der Brauerei zu sichern. "In Greiz passen die Grundvoraussetzungen," so Di Stefano. Die Suche nach einem Investor sei so lange normalerweise nicht üblich. Die Auswahl und Absprachen hätten immer in enger Zusammenarbeit mit Geschäftsführer Thomas Schäfer stattgefunden. Dieser bleibt der mehr als 150 Jahre alten Brauerei auch in Zukunft erhalten.

Nach 30 Jahren wieder Pörz-Bier aus Rudolstadt

Die Pörzbrauerei in Rudolstadt erlebte keine Insolvenz. 1991 wurde sie aber auf Grundlage von zu wenig Absatz vorerst geschlossen. Das Gebäude stand seitdem leer und zerfiel über die Jahre immer weiter. Für Martin Philipp war das nicht zu ertragen. Er bezeichnet sich als das Kind der "Pörze". Seine ganze Familie arbeitete damals in der Brauerei. Aufgewachsen in der Betriebswohnung, ist er quasi neben den Braukesseln groß geworden.  

Ohne die Hilfe von Familie und Freunden ist das alles nicht möglich gewesen.

Martin Philipp Besitzer Pörzbrauerei Rudolstadt

Mit dieser Voraussetzung ist es also kein Wunder, dass Martin Philipp später eine Lehre als Braumeister angefangen und beendet hat. Private Gründe brachten ihn anschließend vom Bierbrauen zum Lkw-Fahren. Das hielt ihn aber nicht von seinem eigentlichen Berufswunsch ab. Er kaufte einen Teil der alten Brauerei.

Alte Biertanks
Ein Teil der alten Biertanks steht immer noch im Keller. Bildrechte: MDR/Johanna Ratz

Im Jahr 2013 fing es mit einer kleinen Brauanlage im Keller an. Mittlerweile hat Martin Philipp den Bereich komplett umgebaut und betriebsfertig gemacht. "Ohne die Hilfe von Familie und Freunden ist das alles nicht möglich gewesen", betont Philipp immer wieder. Sie haben ihm auch dabei geholfen, das passende Rezept für sein Bier zu finden.

Am 30. Dezember 2023 wurde dann der erste Sud angesetzt. Das erste Bier ist bereits abgefüllt. Die restlichen Flaschen sind schon komplett reserviert und warten auf ihre Verkostung.

Ein Mann mit einer Bierflasche steht vor einem Brauereischild
Martin Philipp mit einem der ersten Biere nach 30 Jahren Stillstand. Bildrechte: MDR/Johanna Ratz

Ein Herzensprojekt

Im Gespräch zeigt sich, wie sehr sein Herz für dieses Projekt schlägt. Nicht nur, dass Philipp das ganze Projekt selbst finanziert, er verwendet dafür auch den Großteil seiner Freizeit. Zum Leben reicht das Bierbrauen leider noch nicht.

Ich bin hier geboren und hier bleibe ich auch!

Martin Philipp Besitzer Pörzbrauerei Rudolstadt

Zusätzlich organisiert er immer wieder Treffen für die ehemaligen Mitarbeiter. "Man merkt nicht, dass 30 Jahre vergangen sind. Es ist als ob sie heute noch zusammenarbeiten würden", erzählt Philipp. Auch sein Vater und Opa nehmen an den Treffen teil und sind stolz auf ihren Nachwuchs.

Eigene Brauerei als Hobby in Bad Köstritz

Nicht nur Martin Philipp braut in seiner Freizeit Bier. Neben der Schwarzbier-Brauerei gibt es in Bad Köstritz auch die Mikro-Brauerei MAAC. Das ist die Abkürzung der Gründer Marko, Anita, Alette und Christian. Alle arbeiten eigentlich in einem anderen Beruf und haben sich das Brauleben als Hobby angeeignet. Die Idee kam 2015 als die beiden "Braubrüder" Marko Seidemann und Christian Günzel einen Braukurs besuchten. Ein paar Monate später wurde dann auch schon das erste eigene Bier angesetzt.

Zwei Männer füllen mit einem Trichter Bier in einen Tank
Die Braubrüder Marko Seidemann (l.) und Christian Günzel (r.) in der Produktion. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Heute besteht das Sortiment aus acht Biersorten. Davon stehen immer zwei bis drei im Verkauf. Bei den Namen der Biere spielt Kreativität eine entscheidende Rolle. Hinter "Grünschnabel" verbirgt sich beispielsweise ein Pale Ale und bei dem "Aprilscherz" handelt es sich um ein Maibock.

Nahaufnahme einer Bierflasche mit Etikett
Der Aprilscherz der MAAC Brauerei. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Der Verkauf der Biere steht aber nicht im Vordergrund des Betriebs. Hauptsächlich geht es um die Brauschulungen und das Verkosten, was beides als Veranstaltung angeboten wird. Die Veranstaltungen sollen gleichzeitig auch Werbung für die Brauerei sein. Eine Art Empfehlungsmarketing. Wie Marco Seidemann berichtet, funktioniert das auch sehr gut.

MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 16. Februar 2024 | 15:00 Uhr

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