Landtagswahl TikTok, Facebook, Instagram: So nutzen Sachsens Parteien Social Media im Wahlkampf
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27. Juli 2024, 16:00 Uhr
Soziale Medien spielen im Wahlkampf eine immer größere Rolle – auch in Sachsen. TikTok gewinnt im Wahlkampf an Bedeutung und die AfD hat dort die größte Reichweite. Dennoch bedeuten Likes und Followerzahlen laut Medienprofessorin Anna-Sophie Kümpel nicht automatisch auch Wählerstimmen. Während die CDU auf Facebook setzt und die FDP auf Instagram, ist Franziska Schubert von den Grünen die reichweitenstärkste Spitzenkandidatin auf X (vormals Twitter).
- Soziale Medien werden für die Parteien im Wahlkampf immer wichtiger, auch in Sachsen.
- Die AfD Sachsen hat bei TikTok die größte Reichweite.
- Medienprofessorin: Likes und Followerzahlen in sozialen Medien sind nicht automatisch Wählerstimmen.
- Die CDU setzt auf Facebook, die FDP auf Instagram. Franziska Schubert (Grüne) ist die reichweitenstärkste Spitzenkandidatin auf X.
Lange als Plattform für lustige Tänze belächelt, gewinnt die chinesische Plattform TikTok zunehmend an Bedeutung für die Kommunikation politischer Inhalte - vor allem bei jungen Menschen. Auch in Sachsen. Ohne Social Media ist heute kein Wahlkampf zu machen, ist der Dresdner Medienberater Peter Stawowy überzeugt: "Wenn man sich Studien anguckt, wie sich die Mediennutzung verändert hat, dann nutzen die unter 39-Jährigen primär Medien wie TikTok, um sich über Nachrichten und Inhalte zu informieren." Daher sagt er: "Wer heute als Partei nicht auf TikTok ist, [...] wird bei der übernächsten Wahl nicht mehr stattfinden."
Wer heute als Partei nicht auf TikTok ist, […] wird bei der übernächsten Wahl nicht mehr stattfinden.
SPD-Kandidatin Köpping auf TikTok
Als einzige sächsische Spitzenkandidatin hat die amtierende Sozialministerin Petra Köpping (SPD) einen Account auf TikTok. Hier beantwortet sie unter dem Motto "Sag mal, Petra..." Fragen zu ihren politischen Zielen, zur Situation in der Pflege oder zu ihrem Verhältnis zu Ministerpräsident Kretschmer. Mit knapp über 1.000 Followern erreicht ihr Kanal allerdings nur relativ wenige Nutzer.
AfD reichweitenstärkste Partei auf TikTok
Anders bei der AfD. Ihr Spitzenkandidat Jörg Urban hat zwar keinen eigenen TikTok-Account, dafür hat der Account des AfD-Landesverbandes die mit Abstand größte Reichweite. Etwa 220.000 Menschen folgen diesem Kanal auf TikTok. Derzeit postet die AfD dort vor allem Videos ihres Spitzenkandidaten. Betont ruhig, im dunklen Anzug mit Krawatte und ernster Miene spricht Urban über die politischen Positionen seiner Partei: Zuwanderung, der Krieg in der Ukraine und zu hohe Energiepreise. Seine Video-Statements erreichen meist vierstellige Abrufzahlen. Das ist solide, jedoch auch weit entfernt von der Popularität seines Parteikollegen Maximilian Krah.
Die noch junge Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gibt auf Anfrage an, die sozialen Medien möglichst umfassend nutzen zu wollen, soweit es ihre Ressourcen erlauben würden. "Wir wissen, dass politische Botschaften über Social Media effektiv verbreitet werden können", sagt der Pressesprecher des BSW-Landesverbandes, Eric Recke. Besonders erfolgreich scheint das Bündnis bisher allerdings nur bei TikTok zu sein. Immerhin 2.300 Nutzer folgen dem Account des Landesverbandes hier. Statt lustiger Videos gibt es allerdings nur Share-Pics zu sehen. Die Resonanz ist dementsprechend überschaubar.
Wir wissen, dass politische Botschaften effektiv über die sozialen Medien verbreitet werden können.
Likes sind nicht gleich Stimmen
Inwieweit sich Popularität in sozialen Medien in Wählerstimmen ummünzen lässt, sei schwer zu sagen, so Anna-Sophie Kümpel, Professorin für Digitale Medien an der TU Dresden: "Selbst wenn eine Partei sehr erfolgreich ist, können wir jetzt nicht sagen, ein Like auf Instagram ist gleich eine Stimme an der Wahlurne. So einfach funktioniert es leider nicht." Likes und Followerzahlen könnten immer nur in Relation zueinander betrachtet werden und allenfalls Auskunft über den relativen Erfolg einer Partei geben, so Kümpel.
Selbst, wenn eine Partei sehr erfolgreich ist, können wir jetzt nicht sagen, ein Like auf Instagram ist gleich eine Stimme an der Wahlurne.
CDU setzt auf Facebook
Auch der sächsische Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer nutzt die sozialen Medien für seinen Wahlkampf. Besonders aktiv ist er auf Facebook, wo er knapp 60.000 Follower hat. Hier gibt sich der Ministerpräsident bewusst repräsentativ und bürgernah. Viele Bilder zeigen Kretschmer im Gespräch mit Unternehmern. Mal aber auch in Bergmannstracht oder beim Picknick mit der Familie in der Sächsischen Schweiz.
Da Facebook vor allem von Älteren genutzt wird, ist es kein Zufall, dass die sächsische CDU hier besonders aktiv ist, meint Medienforscherin Anna-Sophie Kümpel: "Vor einigen Jahren galt Facebook noch als Plattform der Jungen. Mittlerweile hat sich das komplett umgekehrt. Die jüngere Generation tummelt sich dann eher bei TikTok oder, wenn sie ein bisschen älter werden, bei Instagram."
FDP setzt Fokus auf Instagram
Angesichts begrenzter zeitlicher und personeller Ressourcen müssten sich alle Parteien entscheiden, welche Netzwerke sie bespielen wollen, so Kümpel. Die FDP Sachsen teilt auf Anfrage mit, dass sie zwar auf allen gängigen Plattformen aktiv sei, aber einen besonderen Fokus auf Instagram lege. Hier hat sie aufwändige Videos mit ihrem Spitzenkandidaten Robert Malorny produziert. Auf Instagram haben die meisten davon aber nur zweistellige Zugriffszahlen. Eher enttäuschend für die Partei, die zum dritten Mal in Folge den Wiedereinzug in den Landtag verpassen könnte.
Deutlich erfolgreicher ist die Partei Die Linke. Mit mehr als 9.900 Followern hat ihr Landesverband den zweitgrößten Account auf Instagram - nach der AfD. Hier postet die sächsische Linke vor allem Videos und Share-Pics zu aktuellen Themen aus dem Landtagswahlkampf. Zum Beispiel ein Statement zum vorzeitigen Rücktritt des Landrats von Mittelsachsen, Dirk Neubauer. Auf Nachfrage gibt sie an, Social Media auch außerhalb des Wahlkampfes zu nutzen, um über ihre Aktivitäten und Positionen zu informieren.
Reichweitenstärkste Spitzenkandidatin auf X: Franziska Schubert
Die Plattform X, ehemals Twitter, scheint im sächsischen Landtagswahlkampf nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Besonders interessant: Die AfD ist die einzige Partei, bei der weder der Landesverband noch die Landtagsfraktion über einen eigenen Account verfügen. Mit fast 4.000 Followern ist Franziska Schubert von den Grünen die Spitzenkandidatin mit den meisten Followern auf X. Mehrmals pro Woche postet sie hier Beiträge zum aktuellen politischen Geschehen, retweetet Beiträge anderer Politiker und kommentiert politische Entscheidungen. Die Resonanz bleibt dabei überwiegend gering: Nur wenige Beiträge erhalten mehr als 30 Likes.
Fazit: Sachsens Parteien eher vorsichtig und konservativ unterwegs
Alle Parteien versuchen herauszufinden, wie der Wahlkampf in den sozialen Medien funktionieren könnte. Medienberater Stawowy hat festgestellt, dass die sächsischen Parteien dabei eher vorsichtig und konservativ vorgehen. Humor oder internationale Trends wie Reaction-Videos fänden auf den Social-Plattformen der sächsischen Parteien derzeit kaum statt. So viel sei klar: Die politische Kommunikation verändert sich durch Social Media und wird in diesem Wahlkampf anders aussehen als im nächsten. Und der steht mit der Bundestagswahl im kommenden Jahr 2025 auch schon vor der Tür.
MDR (wim)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Radioreport | 24. Juli 2024 | 13:05 Uhr